Fünf Datenblätter auf einen Streich
Großeinkauf beim OEM/ODM-Hersteller Premier
2004-12-03 Aufmerksamen digitalkamera.de-Besuchern ist sicherlich nicht entgangen, dass auf unserer Hauptseite, unter der Rubrik "Neue Kamera-Datenblätter", fünf weitgehend ähnliche Kameras verschiedenster Hersteller die Liste anführen. Tatsächlich hat man es hier mit ein- und derselben Kamera aus Taiwan zu tun, die in zwei verschiedenen Ausführungen an diverse deutsche Vertriebsmarken verkauft wird. (Yvan Boeres)
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So sind die Voigtländer Virtus D4, die Maginon Slimline X4, die BenQ
DC E43 und die Minox DC4211 – bis auf kleine kosmetische Details sowie
minimale Unterschiede in Ausstattung bzw. Lieferumfang – baugleich.
Eigentlicher Hersteller dieser Kamera(s) ist der taiwanesische
Auftragsfertiger (im Fachjargon: ODM- bzw. OEM-Hersteller) Premier, der das
Fabrikat auch unter eigenem Namen mit der Produktbezeichnung DS-4331 und
DS-4330 vertreibt. Der Hauptunterschied zwischen den beiden Modellen ist die
Form des D-förmigen Designelementes an der Griffpartie der Kamera. Während
dieses bei der DS-4330 in die Höhe gezogen ist, zieht es sich bei der
DS-4331 leicht in die Breite. Die DS-4330/4331 bietet auch die Basis für die
DS-5330, die u. a. als Rollei Prego dp5200 und BenQ DC E53 auf dem deutschen
Markt auftaucht. Neben der höheren Auflösung (5 statt 4 Megapixel)
unterscheidet sich die DS-5330 von der DS-4330/4331 durch den Wegfall des
optischen Suchers, den Premier durch einen größeren LC-Farbbildschirm (2,5"
statt 2,0") kompensiert.
Natürlich sind solche OEM/ODM-Praktiken nichts Neues, und selbst
renommierte Firmen aus dem Foto-Bereich lassen die eine oder andere Kamera
nicht immer im eigenen Werk, sondern bei Auftragsfertigern herstellen. So
ist auch schon so manche Olympus- oder Nikon-Kamera bei Sanyo vom Band
gelaufen, wobei Sanyo noch weitere prominente Kunden hat, deren Namen aber
nicht preisgegeben werden. Auftragshersteller wie Premier oder Skanhex (um
nur die zwei bekanntesten Namen zu nennen) spielen allerdings in einer
anderen Liga. Während die großen Marken ihre Kameras noch selbst entwickeln
und nur die Produktion auslagern bzw. zumindest darauf achten, dass ihre
Kameras nicht als Fremdfabrikate identifizierbar sind, ist ein Produkt von
Skanhex, Premier & Co. gleich als solches erkennbar – unabhängig davon, ob
nun Rollei, Minox, BenQ oder Voigtländer drauf steht. Überhaupt verstecken
sich hinter vielen deutschen Traditionsmarken nur noch "Taiwan/China-Klone".
Der Konsument wird dabei mit dem (oft längst verblichenen) Renommee des
Traditionsunternehmens gelockt; anstatt der erwarteten "guten deutschen
Wertarbeit" bekommt der Kunde aber Billigware aus Fernost, die – sowohl von
der Leistung als auch von der Qualität her – in den seltensten Fällen mit
echten Markenprodukten mithalten kann.
Deshalb sehen wir auch immer öfter davon ab, über Klon-Kameras im
Einzelnen zu berichten. Solche "Zufälle" wie dieser, wo – dank
Kopierfunktion unserer Kameradatenbank – gleich mehrere Klone auf einen
Streich abgearbeitet und reihenweise als digitalkamera.de-Datenblätter
veröffentlicht werden können, sind aber ein guter Anlass, um noch mal auf
die Hintergründe zurückzukommen. Leider geht aber unsere Kopierfunktion
nicht so schnell, wie neue Vertriebsmarken aus dem Boden gestampft werden
bzw. ehemalige Traditionsmarken aus der Versenkung wieder auferstehen, so
dass die Erstellung von digitalkamera.de-Datenblättern bei manchen Kameras
zur Sisyphusarbeit verkommt. Aber wir geben nicht auf und je gleicher sich
die Klon-Kameras sind, desto schneller sind wir mit den entsprechenden
digitalkamera.de-Datenblättern fertig.