Ein Nachruf
Nikon 1 System wird eingestellt
2017-08-01 Zwei der drei bislang lieferbaren Nikon-1-System-Kameras sind bei Nikon schon vollständig ausverkauft. Die dritte, so berichteten uns Händler, ist zwar derzeit noch aus bestehendem Lagerbestand bei Nikon erhältlich, wird aber nicht mehr produziert. Nachfolgemodelle sind nicht angekündigt. Das ist faktisch das Ende des bisherigen spiegellosen Kamerasystems von Nikon. (Jan-Markus Rupprecht)
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Im Herbst 2013 kam die Nikon 1 AW1 auf den Markt, die erste Wechselobjektivkamera, mit der man ohne extra Schutzgehäuse tauchen gehen konnte. Zwei wasserdichte Objektive gab es dafür: das Zoom AW 11-27,5 mm und die Festbrennweite AW 10 mm. [Foto: Nikon]
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Ein dicker Silikonring am Bajonett das Gehäuses der Nikon 1 AW1 sorgt in Verbindung mit dem speziellen Objektivtubus der beiden wasserdichten Objektive dafür, das beides zusammen bis 15 Meter unter Wasser dicht ist. [Foto: MediaNord]
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Mit der im April 2014 eingeführten Nikon 1 V3 stieg die Auflösung des CX-Format-Sensors auf 18 Megapixel ohne Tiefpassfilter. Elektronischer Sucher und Sucherhöcker verschwanden. Das Design wurde "klassischer". [Foto: Nikon]
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Die Nikon 1 V3 gab es auch im Set mit 10-30 mm Motorzoom-Objektiv, elektronischem Aufstecksucher DF-N1000 und Zusatzgriff GR-N1010. [Foto: Nikon]
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Mit dem Nikon 1 System (hier die Nikon 1 J1) kam 2011 erstmals ein 1-Zoll-Sensor in Fotokameras auf den Markt. [Foto: Nikon]
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Die stylische Nikon 1 J1 hatte, durchaus pfiffig, einen weit aus dem Kameragehäuse herausragen Pop-Up-Blitz. [Foto: Nikon]
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Bei den Doppelobjektiv-Kits der Nikon 1 J1 (hier mit VR 10-30 mm Zoomobjektiv und 10 mm Pancake-objektiv) waren die Objektive farbig auf die Kamera abgestimmt. [Foto: Nikon]
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Außer den Farben Schwarz, Weiß, Silber und Rot gab es die Nikon 1 J1 auch in Rosa, auch als Doppelzoom-Kit mit 10-30 mm und 30-110 mm. Die Objektive waren komplett in Rosa gehalten. Passend dazu gab es als Zubehör Einschlagtücher und Trageriemen. [Foto: Nikon]
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Nikon 1 V1 Kit bestehend aus: 1 Nikkor 10-30 mm und 30-110 mm [Foto: Nikon]
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Nikon 1 V1 Kit bestehend aus: 1 Nikkor 10-30 mm und 30-110 mm [Foto: Nikon]
Weil der Kameramarkt in ständiger Bewegung ist, aktualisieren wir unsere Kaufberatungs-E-Books regelmäßig. Aktuell sind wir wieder an unserem "dicken" Erstlingswerk mit allen aktuell erhältlichen spiegellosen Systemkameras dran, von dem wir in den nächsten Tagen die mittlerweile vierte, umfassend überarbeitete Auflage veröffentlichen werden. Dabei prüfen wir auch immer, welche Kameras noch verfügbar sind und welche offenbar "End of Life" sind, wie es im Fachjargon heißt ("EoL"). Diesmal traf es die Nikon 1 AW1 und die Nikon 1 V3. Auch von der 1 J5 wird offenbar nur noch der bestehende Lagerbestand abverkauft. Was sich im Grunde schon länger abzeichnet wird damit nun offensichtlich: Das Nikon 1 System läuft aus.
Eine offizielle Abkündigung zum Nikon-1-System gibt es von Nikon bislang nicht. Dies wäre auch nicht üblich. Dass Kameras oder Kamerasysteme von Herstellern offiziell abgekündigt werden, kommt selten vor. Zuletzt verließ das Pentax Q System vor etwa einem halben Jahr sang- und klanglos den Markt. Das Pentax Q System hatte allerdings auch keine hohe Marktbedeutung. Mit seinen winzigen Sensoren waren die Pentax Q Kameras eher ein Kuriosum unter den Wechselobjektiv-Systemkameras.
Ganz anders das Nikon-1-System, auf das Nikon durchaus einige Hoffnung gesetzt hatte. Wir erinnern uns noch gut an die Launch-Veranstaltung am 21. September 2011 in Berlin, wo Nikon das kurz "1" genannte System und die beiden Kameras Nikon 1 J1 und Nikon 1 V1 der Presse vorstellte. Die 1 steht bei dem System nicht (nur) für Nikons erstes spiegelloses Kamerasystem, sondern vor allem auch für die darin verbaute Sensorgröße. Das ganze System ist nämlich um einen 1-Zoll-Bildsensor herum konstruiert. Im Jahr 2011 gab es noch keine Kompaktkameras mit 1-Zoll-Sensor. Damals gab es nur Kompaktkameras mit ziemlich kleinem Sensor (maximal 2/3 Zoll, meist viel kleiner) und Systemkameras mit größerem Sensor (mindestens 4/3 Zoll). Nichts dazwischen. Die Systemkameras (damals noch überwiegend Spiegelreflexkameras) machten die guten Bilder. Die Kompaktkameras machen die nicht so guten Bilder. So einfach schien das.
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Die Nikon 1 J4 wurde im April 2014 mit langem Vorlauf zur Einführung im September 2014 angekündigt. Sie lehnte sich technisch an die 1 V3 an (18 Megapixel ohne Tiefpassfilter, superschnelle Serienbilder, usw.). [Foto: Nikon]
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Ein Hingucker: Die Nikon 1 J4 inkl. 10-30 mm Objektiv gab es auch in Orange. [Foto: Nikon]
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Ebenfalls ab September 2014 erhältlich war die Nikon 1 S2 aus der S-Einsteigerserie des Nikon-1-Systems. Auch hier kam wieder der Sensor der Vorgängergeneration zum Einsatz (mit 14 Megapixeln). [Foto: Nikon]
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Die Nikon 1 S2 (hier mit 1-Mount 10-30 mm Motorzoom-Objektiv) war auch in Gelb erhältlich. Die Nikon 1 S2 war nur rund ein Jahr auf dem Markt. Einen Nachfolger in der S-Reihe gab es nicht. [Foto: Nikon]
Und genau dort zwischen ging Nikon mit seinem 1-Zoll-Sensor-System (Nikon nennt das Format CX-Format, im Gegensatz zu DX-Format, sonst APS-C genannt oder FX-Format, sonst Kleinbild-Vollformat genannt). Die Begeisterung bei den anwesenden Journalisten hielt sich entsprechend in Grenzen. Das hatte man von Nikon nicht erwartet. Auch sonst waren die Kameras ganz anders als von Nikon erwartet. Es waren mehr "Lifestyle-Produkte" als "Fotoapparate". Das Design, insbesondere das der J-Kameras, erinnerte mit seinen schlichten geometrischen Formen an zeitloses deutsches Industriedesign à la Braun (Stereoanlagen, Wecker und andere Alltagsgegenstände) aus den 80er Jahren. Die glatten, handgrifflosen Gehäuse ohne jede Belederung, dafür aber in zahlreichen, auch knalligen Farben, orientierten sich eher an Kompaktkameras als an Systemkameras. Zudem legte Nikon Wert auf ein sehr umfangreiches Zubehörsortiment an Taschen, Halbschalen, Hüllen, Trageriemen, Objektivköchern, Einschlagtüchern und vielem mehr. Alles passend in den vielen Farben der Kameras. Zusammen im Kit mit den Kameras waren sogar einige Objektive in bunten Farben erhältlich.
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Mit der Nikon 1 J2 kam Orange als weitere Farbe ins Spiel. [Foto: Nikon]
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Das Rot der Nikon 1 J2 wurde zu einem dezenten Weinrot. [Foto: Nikon]
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Statt Rosa gab es bei der Nikon 1 J2 ein kräftiges Pink. [Foto: Nikon]
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Aber auch in Silber gab es die Nikon 1 J2. [Foto: Nikon]
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Sehr schick sah die Nikon 1 J2 in Weiß aus. In der Farbe kam auch die von uns getestete Kamera. [Foto: Nikon]
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Auch klassisch schwarz sah die Nikon 1 J2 sehr gut aus. [Foto: Nikon]
Die J1, das günstigere Modell, was damals hauptsächlich als kleine, stylische Fotokamera gedacht. Für Leute, die mehr Austattung und eine bessere Video- und Serienbild-Leistung oder einen Blitzschuh haben wollten, gab es die teurere V1. Die Serien setzte Nikon jeweils bis zur J5 und V3 fort, wobei die J-Serie zunehmend leistungsfähiger und die besser ausgestattete V-Serie dadurch irgendwann überflüssig wurde. Auch "seriöser" wurde die J-Serie mit der Zeit: die Farben nachfolgender Generationen wurden immer dezenter (von einer orangefarbenen J4 einmal abgesehen). Die V-Serie war ohnehin immer die "seriöse" Linie und überwiegend nur in Schwarz erhältlich (nur die V1 gab es auch mit weißer Front). Auch die Gehäuseform der V-Serie wurde zunehmend "klassisch", die V3 bekam einen Griff-Wulst und eine Belederung. Unterhalb der J-Serie gab es ab Anfang 2013 die S-Serie (nur S1 und später S2), die im Grunde die ursprünglichen Ideen der J-Serie fortführte: einfache Ausstattung und farbenfrohe Gehäuse.
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Die Nikon 1 V2 war keine Schönheit, aber man erkennt den Versuch, die V-Linie des Nikon-1-Systems professioneller aussehen zu lassen. Sinnvollerweise hatte die 1 V2 einen eingebauten Aufklapp-Blitz. Die 1 V2 hatte statt 10 nun 14 Megapixel Auflösung. [Foto: MediaNord]
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Mit der Nikon 1 V2 System wurde auch das Systemzubehör-Angebot weiter ausgebaut. [Foto: Nikon]
Ein technischer Meilenstein war die Nikon 1 AW1, die auf der Photokina 2013 vorgestellt wurde. Sie war und ist die erste und einzige Wechselobjektivkamera, mit der man ohne Unterwassergehäuse tauchen gehen kann! Die Objektive sind in sich komplett gekapselt und vorne mit einer Schutzscheibe versehen. Das Bajonett an der Kamera hat einen dicken, grauen Silikonring als Dichtung, der die ganze Konstruktion wasserdicht bis 15 Meter Tauchtiefe macht. Nur zwei wasserdichte Objektive sind für die AW1 erhältlich, ein Zoom und eine Festbrennweite. An Land kann die Kamera auch mit allen normalen Objektiven der Nikon-1-Serie verwendet werden. Verglichen mit üblichen Outdoorkameras, die sehr kleine Bildsensoren und ein innenliegendes Periskop-Objektiv haben, bietet die Nikon 1 AW1 mit ihrem 14 Megapixel auflösenden 1-Zoll-Sensor eine exzellente Bildqualität. Deshalb war und ist die AW1 ein heißer Tipp für Fotografen, die eine richtig wassertaugliche Kamera suchen.
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