Kompakte Systemkamera

Panasonic enthüllt mit der Lumix G1 eine neue Kamerageneration

2008-09-12 Während der Trend bei DSLRs hin zu Vollformat-Klötzen zeigt, geht Panasonic andere innovative Wege. Das Zauberwort lautet Micro FourThirds, ein kürzlich vorgestelltes Konzept für kompakte Systemkameras mit großen Sensoren und Wechselobjektiven. Wenn man die neue Lumix DMC-G1 genauer betrachtet, entsteht der Eindruck, Panasonic hätte seit Jahren auf die nötige Technik gewartet, um eine solche Kamera zu bauen! Wir hatten sie bereits in der Hand und haben ein paar Eindrücke festgehalten.  (Benjamin Kirchheim)

Design und Haptik Die neue Kamera ist nicht etwa – wie von einigen erwartet – in einem flachen Design ähnlich der LX3 gehalten, sondern orientiert sich weitgehend am klassischen (und praktischeren) Design mit Handgriff und "Blitzbuckel". Panasonic setzt dabei aber wohl proportionierte und moderne Akzente. Die Kamera kommt sehr geradlinig mit einigen Rundungen und gekonnter Schlichtheit daher. Sie ist gerade so breit (124 mm) und hoch (83,6 mm), dass der 3" (7,7 cm) große Klapp- und Schwenkmonitor, der elektronische Sucher, die Bedienknöpfe und die Daumenauflage genügend Platz auf der Rückseite finden. Das Gehäuse selbst fällt aufgrund des geringen Auflagemaßes von 20 mm relativ flach aus (45,2 mm). Nach vorne stehen nur der Handgriff und der Blitz hervor – das jedoch nur so weit, wie es unbedingt nötig ist; das Gehäuse schreit sozusagen fast nach flachen Pancake-Objektiven (die es sicher früher oder später geben wird). Durch das flache Grundgehäuse ist der Handgriff auch ausreichend groß, um die Kamera sicher zu halten – nur wer äußerst große Pranken hat und diese gefüllt wissen möchte, wird vielleicht kein Freund der 385 g leichten G1.

Die Digitalkamera ist die erste Umsetzung des Micro FourThirds-Systems, das zwar ähnlich wie "klassische" digitale Spiegelreflexkameras auf Wechselobjektive setzt, aber im Konzept keinen Schwingspiegel vorsieht (siehe Illustration unten). Dadurch konnte das Auflagemaß (Flange Back), das den Abstand vom Sensor zum Objektiv angibt, deutlich von den sonst üblichen rund 40 mm auf 20 mm schrumpfen. Das erlaubt nicht nur kompaktere (flachere) Kameras, sondern vor allem auch kompaktere Objektive, was insbesondere im Weitwinkelbereich auffällt – hier sind normalerweise äußerst klobige und teure Retrofokus-Konstruktionen vonnöten.

Das Gehäusematerial der Lumix DMC-G1 ist Kunststoff – aber was für welcher! Er fühlt sich solide und zugleich geschmeidig an, als sei das Gehäuse mit einer Art angerautem Silikon oder Gummi behandelt. Die Daumenauflage ist zusätzlich mit einem Gummi abgesetzt, das keine genarbte Struktur aufweist und sich damit gut in das restliche Kameradesign einfügt. Interessant ist auch eine ganz andere Tatsache, die mit der Zielgruppe zusammenhängt: Die Digitalkamera wird es nicht nur in Schwarz, sondern auch in Bicolor Blau-Schwarz und Rot-Schwarz geben! Aufmerksame Leser werden sich vielleicht noch an unseren diesjährigen Aprilscherz erinnern (siehe weiterführende

Links) – leider gehört Camouflage nicht zum Farbsortiment der G1. Das Rot bzw. Blau sind dabei nicht knallig, sondern eher dezent, so dass die Farbtöne wunderbar zur Kamera passen. Panasonic erhofft sich damit, eine größere Kundschaft anzusprechen. Denn nicht nur junge Männer, die auch mal gerne zu einer blauen Kamera greifen würden, sondern auch Frauen gehören zur Zielgruppe. Die Farbvarianten setzen sich somit dezent von der Masse ab, ohne aufzufallen.

Wenn man sich die weltweiten Marktzahlen ansieht, dann haben die kompakten Digitalkameras, verglichen mit analogen Kompaktkameras, einen wahren Boom ausgelöst – 113 Millionen wurden letztes Jahr weltweit abgesetzt. Dem stehen "nur" 7 Millionen digitale Spiegelreflexkameras gegenüber. Die Marktforscher von Panasonic haben die fehlende digitale Weiterentwicklung des Spiegelreflexkonzepts als Ursache dafür ausfindig gemacht. Es soll etwa 23 Millionen wechselwillige Nutzer digitaler Kompaktkameras geben, denen DSLRs zu groß und kompliziert zu bedienen sind – und genau in diese Lücke stößt die neue G1. Wobei sicher auch der eine oder andere DSLR-Besitzer neidisch zur neuen Kamerageneration schielen wird.

Ausstattung Der erste Blick bei einer solchen neuen Kamera (vom Konzept her ohne Schwingspiegel) geht unweigerlich zum elektronischen Sucher – können doch die meisten davon nicht wirklich überzeugen. Umso größer das Erstaunen: Der EVF der Panasonic Lumix DMC-G1 ist groß, hell und sehr fein auflösend. Er stammt aus dem Broadcast-Bereich von Panasonic und wurde dort bisher nur in professionellen Filmkameras eingesetzt. Der EVF besitzt 1,44 Millionen Bildpunkte, was einer SVGA-Auflösung von 800 x 600 Pixeln entspricht. Der Sucher ist so fein auflösend, dass man keine einzelnen Pixel erkennen kann. Er ist so groß, dass man mit dem Auge schon anfangen muss umher zu wandern – ähnlich einer Kinoleinwand. Die gute Helligkeit ist da schon eine Selbstverständlichkeit, und der Farbraum entspricht 100 % NTSC. Panasonic gibt eine Vergrößerung von 0,7x an, was auf Vollformatkameras bezogen ist (bzw. 1,4x auf das 4/3-Format bezogen) – sprich: Der Sucher ist so groß wie bei einer Canon EOS 5D. Bei einem Blick durch den G1-Sucher fragt man sich schon, warum man die Nachteile eines optischen Spiegelsuchers eigentlich noch in Kauf nehmen sollte. Er stellt praktisch alle optischen Sucher der DSLR-Einstiegsklasse in den Schatten. Und das Ende der Sucherauflösungsfahnenstange ist sicher noch nicht erreicht. Man kann dank einblendbaren Menüs die Kamera direkt am Auge bedienen, kann ein Gitter einblenden, man hat eine Vorschau auf Belichtung, Histogramm, Weißabgleich und den 100%igen Bildausschnitt, den man wirklich aufnimmt – egal ob im 4:3-, 3:2- oder 16:9-Format. Die Bildwiedergabe ist selbstverständlich ebenfalls im Sucher möglich – genauso wie eine Vergrößerungslupe beim manuellen Fokussieren. Das Sucherbild ist dank einer Bildwiederholrate von 60 fps sehr flüssig und soll laut Panasonic nur eine Verzögerung von rund 30 Millisekunden haben, was das vielleicht noch größte Manko darstellt. Recht komfortabel fällt die Dioptrienkorrektur von -4 bis +4 dpt aus, der Augabstand beträgt 17,5 mm.

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