Spiegelreflexkamera, Systemkamera
Testbericht: Canon EOS 1100D
2011-05-24 Ganze 20 Monate sind seit unserem Test der Canon EOS 1000D vergangen, die damit relativ lange gelebt hat. Jetzt soll die EOS 1100D frischen Wind in die Einsteigerklasse von Canon bringen. Aktuelle Funktionen wie LiveView und Videomodus gehören zur Ausstattung, dennoch hat Canon gegenüber der höherklassigen EOS 600D den Rotstift angesetzt. So fehlt beispielsweise der Schwenkmonitor, überhaupt ist der Bildschirm der 1100D technisch deutlich unterlegen. Auch der Bildsensor löst nur 12,2 Megapixel auf. Ob die EOS 1100D dennoch eine gute Einsteigerkamera mit angemessener Bildqualität ist und mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis daher kommt, soll der digitalkamera.de-Test zeigen. (Benjamin Kirchheim)
Ergonomie und Verarbeitung Beim ersten Anblick und Anfassen ist sofort klar: Am Gehäuse der EOS 1100D wurde gespart. Es besteht aus billig wirkendem Kunststoff, der Blitz hat deutliches seitliches Spiel. Nicht einmal für eine vernünftige Gummierung des Handgriffs hat es gereicht. Er ist zwar nicht ganz so glatt wieder Rest des Gehäuses, aber ein sicheres Handgefühl will sich hier insbesondere bei schwitzigen Händen nicht einstellen. Immerhin befindet sich das Metallstativgewinde in der optischen Achse und zumindest kleine Stativwechselplatten blockieren den Akku- und Speicherkartenschacht nicht. Sofern man auf LiveView verzichtet, reicht der Energiespender für respektable 700 Aufnahmen. Dass die Livebild-Funktion sehr energiehungrig ist zeigt sich daran, dass die Akkulaufzeit mit ihr auf magere 220 Aufnahmen zusammenschrumpft.
Der fest verbaute Bildschirm entspricht ebenfalls eher der Sparversion aktueller Technik. 2,7 Zoll Diagonale, was etwa 6,9 Zentimetern entspricht, wirken angesichts von sonst bei DSLRs üblichen 7,5 Zentimetern eher klein, die Auflösung ist mit nur 230.400 Bildpunkte äußerst grob. Immerhin reicht es zum Arbeiten und die Bildschirmhelligkeit reicht zumindest für mitteleuropäische Lichtverhältnisse. Die Bedienung kommt Canon-typisch daher. Die Menüs sind wohl bekannt, wenn auch der Einstellungsumfang etwas sparsamer ist als bei teureren DSLRs von Canon. Im Prinzip ist das Menü übersichtlich, könnte aber etwas moderner gestaltet sein. Praktisch ist die Statusanzeige mit Quick-Menü, so dass man viele Einstellungen intuitiv dort vornehmen kann, wo man sie sowieso im Blick hat. Auch die Tastenausstattung ist gar nicht mal so sparsam, zumal wichtige Einstellungen direkt abgerufen werden können. Weniger schön wiederum ist die Tatsache, dass das Moduswahlrad Endanschläge besitzt, so dass man vom Modus A-DEP bis zur Videofunktion 13 Rasterungen durchdrehen muss.
Der Sucherkomfort ist einsteigertypisch. Eine Pentaspiegelkonstruktion sorgt mit einer 0,8-fachen Vergrößerung für ein nicht allzu helles und eher kleines Sucherbild, mit dem man aber arbeiten kann. Eine Statuszeile informiert über die wichtigsten Einstellungen. Neben dem üblichen USB-AV-Kombinationsanschluss besitzt die EOS 1100D auch einen zeitgemäßen HDMI-Anschluss, sogar ein Fernauslösekabel lässt sich anstecken. Die Speicherkarte wird in den Schacht direkt beim Akku eingeschoben, wobei die EOS 1100D kompatibel zu SD, SDHC und SDXC ist. Selbst ein Netzteil lässt sich anschließen, indem man den Akku durch einen Dummy ersetzt. Das Kabel wird seitlich neben dem Akkudeckel heraus geführt.
Ausstattung Der Einsteiger findet auf dem Moduswahlrad der 1100D einige Motivprogramme, die Standards wie Porträt, Landschaft, Makro, Sport und Nachtaufnahme sind dabei. Auch die Vollautomatik und das Schärfentiefe-Prpgramm A-DEP fehlen genauso wenig wie die klassischen Programme P, Tv, Av und M. So kann der Fotograf Einfluss auf Belichtungszeit und Blende nehmen und damit das Bild aktiv gestalten. Dazu gehört natürlich auch die Empfindlichkeitseinstellung, die von ISO 100 bis 6.400 reicht.Praktischerweise gibt es eine ISO-Automatik, deren oberes Limit sich von 400 bis 6.400 einstellen lässt. Ein Videomodus ist ebenfalls an Bord, hier zeigt sich allerdings wieder Canons Sparsamkeit. So beträgt die nicht verstellbare Auflösung 1.280 x 720 Pixel, einzig die Bildfrequenz ist zwischen 30 und 25 Bildern pro Sekunde auswählbar. FullHD-Auflösung erreicht die 1100D also nicht. Immerhin wird mit effektiver und moderner H.264-Kompression gearbeitet, als Speicherformat kommt allerdings das unter Windows-Anwendern weniger geliebte Quicktime (MOV) zum Einsatz. Der Ton wird über das integrierte Mono-Mikrofon aufgezeichnet und unterbietet damit noch die mögliche Bildqualität, zumal kein externer Mikrofonanschluss vorhanden ist. Ebenfalls verzichten muss der Videograf auf eine effektive Autofokus-Nachführung. Diese ist nur auf Knopfdruck möglich, arbeitet aber langsam und mit dem Setobjektiv 18-55mm IS II auch sehr lautstark, was sich auf der Tonspur deutlich bemerkbar macht.
Auch im Fotomodus ist der Kontrast-Autofokus äußerst langsam, genehmigte sich in unseren Labormessungen gut 3,6 bis 3,8 Sekunden. Der Phasen-Autofokus hingegen ist fix und bringt es auch etwa 0,4 Sekunden. Es empfiehlt sich also, sofern man auf die Gesichtserkennung verzichten kann, den Quick-Modus des Autofokus im LiveView zu verwenden, bei dem kurz der Spiegel zum Fokussieren herunter und wieder hinauf klappt – schneller als der Kontrast-Autofokus ist das allemal. Bei abgeschaltetem LiveView ist auch eine Fokusnachführung vorhanden, die vor allem bei bewegten Motiven sinnvoll sein kann. Worauf der Anwender bei der EOS 1100D verzichten muss, sind Spiegelvorauslösung und Abblendfunktion zur Schärfentiefe-Vorschau. Immerhin ist ein Selbstauslöser vorhanden, sogar mit einstellbarer Wartezeit und Belichtungsreihenfunktion.
Wer den Bildstil gerne selbst beeinflussen möchte, findet Canon-typisch entsprechende Einstellungen. Auf Schärfe, Kontrast, Farbsättigung und Farbton hat der Nutzer Einfluss. Auch eine automatische Belichtungsoptimierung ist vorhanden, mit der die Kamera versucht, mehr Zeichnung in Lichter und Schatten zu zaubern. Wer alles lieber am Rechner einstellt, kann im RAW-Format aufzeichnen. Sparsamer ist die Kamera wiederum mit internen Nachbearbeitungsmöglichkeiten ausgestattet - es gibt schlicht keine! Hier entzieht sich Canon genau wie Sony der Bearbeitungsfunktions- und Bearbeitungsfilter-Schlacht, an der sich Pentax, Olympus und Nikon beteiligen.
Bildqualität An eine Canon stellt man eine ganz simple Erwartung: Perfekte Bildqualität! Schließlich ist Canon Marktführer im Bereich der DSLRs. So sollte auch eine Einsteiger-DSLR wie die EOS 1100D hervorragende Bildergebnisse liefern. Wir haben sie im digitalkamera.de-Testlabor auf Herz und Nieren geprüft. Dabei arbeiten wir mit der DxO-Analyzer-Software, an der aber eine eigene Auswertung der Messergebnisse hängt. Die entsprechenden, sehr umfangreichen Diagramme wird es bald auf digitalkamera.de für 1,50 Euro oder in den üblichen Flatrates zum Kauf geben. Auf das Kleinbild-Format umgerechnet erreicht die 1100D eine maximale Auflösung von etwa 48 Linienpaaren pro Millimeter, ein durchaus respektabler Wert. Allerdings verliert die Kamera zum Bildrand hin zehn und mehr Linienpaare pro Millimeter, was dem günstigen 18-55mm-Setobjektiv geschuldet ist.Interessant ist auch, dass die Auflösung bereits bei Blende F8 leicht sinkt, die Beugung also für einen 12-Megapixel-Sensor im APS-C-Format erstaunlich früh einsetzt. Bis F11 kann man das Objektiv aber sorgenfrei abblenden, ohne bei der Auflösung unter 40 Linienpaare pro Millimeter zu sinken. Das ist freilich Jammern auf hohem Niveau, denn ausbelichtet auf 20 mal 30 Zentimeter werden erst jenseits von Blende F22 überhaupt irgendwelche Unschärfen sichtbar, die auf Auflösungsverluste zurück zu führen sind.
Anders schaut es da schon bei der Verzeichnung aus, die insbesondere im Weitwinkel eine ausgeprägte Tonnenform aufweist. Bei mittlerer und langer Brennweite sind die leicht tonnen- beziehungsweise kissenförmigen Verzeichnungen zu vernachlässigen. Die Vignettierung hingegen wird von der EOS 1100D werksseitig eingestellt so weit minimiert, dass man sie nicht mehr sieht. Stellt man diese sinnvolle Korrektur ab, so werden allerdings dunkle Ecken sichtbar. Verwendet man den internen Blitz, so zeigen sich trotz Vignettierungskorrektur Abdunklungen in den Bildecken, wo nur noch etwa die Hälfte des Lichts verglichen mit dem Bildzentrum ankommt. Der Verlauf ist aber sehr weich. Das entspricht einem Verlust von einer Blendenstufe, für ein internes Blitzgerät völlig normal und daher nicht zu beanstanden. Weniger gut schneidet die EOS 1100D mit dem Setobjektiv bei den Farbsäumen ab. Chromatische Aberrationen treten vor allem im Weitwinkel deutlich sichtbar auf, was vor allem den Bildrand betrifft. In Telestellung ist die Kamera zwar besser, aber auch hier zeigen sich die Farbsäume, wenn man genauer hinschaut. Dabei wären entsprechende Korrekturen relativ einfach kameraintern möglich, so muss der Anwender, sofern es ihn stört, in der Bildbearbeitung ran.
Beim Rauschverhalten ist die Canon da souveräner. Zwar sinkt der Signal-Rauschabstand mit zunehmender Empfindlichkeit, das aber derart flach, dass man ihr ein gutes Rauschverhalten bescheinigen kann. Vor allem bis ISO 800, bedingt auch noch bei ISO 1.600, ist die 1100D sehr gut. Darüber wird Helligkeitsrauschen deutlicher, Farbrauschen tritt dagegen fast gar nicht auf. Analog zum Rauschen zeigt sich auch ein sehr guter Dynamikumfang von 11,2 Blendenstufen bei ISO 100, der bis ISO 1.600, wo 10,3 Blendenstufen erreicht werden, recht wenig abfällt. Erst bei ISO 3.200 und 6.400 verliert die Canon deutlicher an Dynamik. Der Ausgangs-Tonwertumfang ist bis ISO 800 auf hohem Niveau, fällt dann aber leider deutlich ab.
Die Farbwiedergabe ist vor allem im Rotbereich deutlich gesättigter, das heißt hier gibt die Kamera die Farbtöne deutlich kräftiger wieder als in der Realität. Auch im Magentabereich ist dieser Trend zu beobachten. Im Mittel ist die Farbabweichung aber tolerierbar, auch der Weißabgleich arbeitet recht präzise. Sogar die Farbtiefe ist erstaunlich hoch. Bei ISO 100 werden 23 Bit, also etwa 8,4 Millionen Farben differenziert, doch selbst bei ISO 6.400 schafft die 1100D respektable 20 Bit, was immerhin noch über eine Million Farbwerte sind. Belichtungstechnisch arbeitet die 1100D recht gut. Die gemessene Lichtempfindlichkeit liegt nur etwa 15 Prozent über dem tatsächlichen eingestellten ISO-Wert, was in der Praxis nicht auffällt.
Fazit So richtig überzeugen konnte uns die Canon EOS 1100D nicht. Zwar hat Canon es verstanden, zum günstigen Preis eine Einsteiger-DSLR auf den Markt zu werfen, der Käufer sollte sich aber der vielen Kompromisse bewusst sein. So wirkt das Gehäuse äußerst billig und besitzt keine rutschfeste Gummierung. Auch der Bildschirm ist in Größe und Auflösung eher bescheiden, ebenso die Auflösung des Bildsensors und der Videos. Zwar ist die Bildqualität des 12-Megapixel-Sensors im Prinzip bis auf die geringe Auflösung nicht zu beanstanden, doch das Objektiv schwächt mit sichtbarer Verzeichnung, chromatischen Aberrationen und Randunschärfe das Bild. Immerhin ist der Autofokus fix, was allerdings nicht auf den Kontrast-AF im LiveView zutrifft. Man kann der 1100D aber zu Gute halten, dass sie für den Preis eine durchaus angemessene Ausstattung besitzt, die dem Einsteiger genügend kreativen Spielraum lässt. Mit einem besseren Objektiv lässt sich die Bildqualität technisch noch deutlich steigern.
Kurzbewertung
- Leichte Bedienung
- Ordentliche Ausstattung
- In Anbetracht von "nur" zwölf Megapixeln sehr gute Bildqualität
- Billig wirkendes Kunstsoffgehäuse
- Sehr langsamer Kontrast-Autofokus
- Relativ kleiner und niedrig auflösender Bildschirm
- Dünn ausgestattete Videofunktion
- Stroboskop-Blitzsalve als AF-Hilfslicht
Technische Daten
Modell |
Canon EOS 1100D |
Sensor |
CMOS APS-C 22,5 x 15,0 mm (Cropfaktor 1,6) 12,6 Megapixel (physikalisch), 12,2 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
4.272 x 2.848 (3:2) |
Video (max.) |
1.280 x 720 29p |
Objektivanschluss |
|
Spiegelreflex-Sucher |
Spiegelsucher, 95 % Abdeckung, 22 mm Augenabstand, Dioptrienausgleich -2,5 - 0,5 dpt, wechselbare Mattscheibe |
Monitor |
2,7", 0,230 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Integral-, Spot- und Matrix-/Mehrfeld-Messung (63 Felder) |
Belichtungsreihe |
automatisch, ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
nein |
eingebauter Blitz |
ja |
Blitzanschuh |
Canon, Standard-Mittenkontakt |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
Serienbildfunktion |
max. 3,0 Bilder/s und max. 830 Aufnahmen in bester Qualität |
kürzeste Verschlusszeit |
1/4.000 s |
Autofokus |
Phasenvergleich |
Speicher |
Speicherkartenfach 1: SD |
Empfindlichkeit |
automatisch ISO 100 bis 6.400, manuell ISO 100 bis 6.400 |
Abmessungen |
130 x 100 x 78 mm (B x H x T) |
Gewicht |
495 g (betriebsbereit, ohne Objektiv) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/1KMU3 (mit Preisvergleich) |