Kompaktkamera
Testbericht: Canon PowerShot S95
2010-11-10 Vor knapp einem Jahr haben wir an dieser Stelle die Canon PowerShot S90 in einem Kompakttest vorgestellt. Das Spitzenmodell der S-Klasse von Canon hatte damals eine recht gute Figur gemacht. Insbesondere die hohe Lichtstärke in Verbindung mit guter Bildqualität und umfangreicher technischer Ausstattung konnten überzeugen. Nun ist ihre Nachfolgerin Namens S95 da. Ob sie die Tugenden der Vorgängerin behalten hat oder gar übertrifft und ob Canon vielleicht sogar die damals kritisierte Videotauglichkeit und andere Mängel beseitigen konnte, zeigt dieser Test. (Stefan Meißner)
Ergonomie und Verarbeitung Die Canon PowerShot S95 hat eine strukturierte Oberfläche spendiert bekommen, die die Griffigkeit gegenüber dem Vorgängermodell erhöht und das Rutschen vermindert. Das Metallgehäuse wirkt dadurch nicht mehr ganz so edel und eher wie aus Kunststoff, die Vorteile aber überwiegen diese optischen Veränderungen deutlich; die Verarbeitung ist nach wie vor tadellos. Mit ihren knapp 200 Gramm liegt die Canon S95 gut in der Hand. Ein kleiner Griffbuckel auf der Rückseite unterstützt dabei den Daumen, so dass zumindest Rechtshänder die Kamera mit einer Hand bedienen können. Das rund zwei Zentimeter flache und etwas mehr als scheckkartengroße Gehäuse ist an allen Kanten und Ecken gerundet und glatt, die Bedienelemente schmiegen sich flach an die Oberfläche und der Blitz ist im Ruhezustand unsichtbar im Gerät versenkt. Aus dem schlanken Gehäuse ragt nur die Objektivfassung mit dem Einstellrad um ein paar Millimeter hervor. Die S95 ist damit eine absolut jackentaschen-taugliche "Immer-dabei-Kamera".
Die Bedienelemente auf der Rückseite nehmen einen nur etwa daumenbreiten Streifen auf der rechten Seite des Gehäuses ein. Auffällig ist das Multifunktionsrad, mit dem die meisten Aufnahmeparameter eingestellt werden können. Dieser Drehring ist gleichzeitig eine Vier-Wege-Wippe mit Bestätigungstaste im Zentrum. Dank dieser Anordnung kann man mit dem Daumen sehr schnell die gewünschten Einstellungen vornehmen: Durch Klicken auf z. B. "Blitz" erscheinen alle möglichen Blitzvarianten auf dem Display. Aus diesen wird die passende Einstellung durch Drehen ausgewählt und durch Drücken der "Func./Set"-Taste im Zentrum des Rings bestätigt. Obwohl der Kombischalter keine 20 Millimeter misst, geht das mit dem Daumen nach kurzer Gewöhnung wirklich bequem und schnell. Und weil das Drehrad nicht mehr so leicht verrutscht wie noch bei der S90, geht das jetzt auch vollkommen zuverlässig. Auf diese Weise kann ein Ausflug ins Menü oft vermieden werden. Das Multifunktionsrad ist umgeben von vier weiteren Schaltern für Menü, Displayeinstellungen, Bildwiedergabe und Druck. Diese Schalter schmiegen sich aber unauffällig in die Rückwand, so dass keine versehentliche Bedienung erfolgen kann. Den Rest der Rückseite bedeckt das drei Zoll (7,6 cm) große Display, welches in der Neuauflage nahtlos ins Gehäuse eingelassen ist.
Das Display ist zwar fest verbaut, bietet aber eine ganz phantastische Bildqualität. Nicht nur die hohe Auflösung von über 460.000 Bildpunkten und die brillanten Farben bereiten Freude, sondern auch der ungeheuer große Betrachtungswinkel. Selbst bei sehr flachem Einblick zeigt das Display keinerlei Farbverschiebungen oder andere Veränderungen der Ansicht, das Bild sieht aus wie gedruckt. Da kann man auf einen optischen Sucher gut verzichten.
Auch der Hauptschalter auf der Oberseite der S95 schmiegt sich flach ins Gehäuse, so dass versehentliches Einschalten nahezu unmöglich ist. Nach kurzem Druck fährt das Objektiv in Aufnahmeposition, und die Kamera ist in gerade einmal einer Sekunde aufnahmebereit. Der präzise rastende Betriebsarten-Wähler, der über dem Griffbuckel thront, muss mit beherztem Daumeneinsatz bedient werden. Gewählt werden kann aus acht Einstellungen für die verschiedenen Belichtungsautomatiken, für den manuelle Modus, für Videoaufnahmen und für Aufnahmen bei wenig Licht. Bei letzterem wird mit ca. 2,5 Megapixeln eine Empfindlichkeit von bis zu ISO 12.800 erreicht. Direkt neben dem Moduswähler findet der Zeigefinger – wenn die zugehörige Hand nicht allzu groß ist sogar bequem – den Auslöser mit Zoom-Wippe. Dessen erster Druckpunkt meldet perfekt Schärfe- und Belichtungsspeicherung, aber der Auslösedruck ist einen Tick zu hoch. So besteht durchaus die Gefahr, dass der Bildausschnitt beim Auslösen etwas verrissen wird. Vermeiden kann man das, indem man die Kamera mit beiden Händen hält, was natürlich grundsätzlich in der Fotografie für verwacklungsfreie Aufnahmen empfehlenswert ist.
Mit einem weiteren Schalter auf der Oberseite kann dem Objektivring eine von sieben Funktionen zugewiesen werden: Standard ist die ISO-Einstellung, aber auch Zoomen in festen Stufen, manueller Fokus, Belichtungskorrektur, Seitenverhältnis der Aufnahmen und eine freie Programmierung sind möglich. Man kann z. B. im Modus Zeitautomatik mit dem Ring, wie von analogen Kameras gewohnt, die Blende einstellen. Gegenüber der S90 hat Canon hier eine kleine Detailverbesserung vorgenommen, die sich positiv auf die Benutzerführung auswirkt: Die Positionen von Funktions- und Hauptschalter wurden getauscht, so dass der Funktionsschalter nun auch räumlich dem Objektivring zugeordnet ist.
Auf der Unterseite nahezu exakt in der optischen Achse findet man das Stativgewinde aus Metall und die Klappe, hinter der sich der etwas schwachbrüstige Akku und die SD-Karte befinden. HDMI und USB Schnittstelle verbergen sich auf der rechten Gehäuseseite hinter einer einfachen Kunststoffkappe, die der Verarbeitungsqualität des ansonsten tadellosen Gehäuses nicht gerecht wird.
Dass der Blitz bei Bedarf motorisch aus- und eingefahren wird, ist genau wie bei der Vorgängerin gewöhnungsbedürftig. Allerdings funktioniert das sehr schnell und zuverlässig. Der Blitz ist trotz der speziellen Mechanik in einer Rekordzeit von weniger als 2 Sekunden startklar und leuchtet auch den weiten Winkel von 28 mm (KB) fast bis in die Ecken sehr gut aus. Insgesamt kann man der kleinen schwarzen S-Klasse eine durchaus gelungene Ergonomie und sehr gute Verarbeitungsqualität bescheinigen.
Ausstattung Die Canon PowerShot S95 ist mit allem ausgestattet, was das Herz begehrt. Jede erdenkliche Automatik, eine gut funktionierende Motiverkennung und manuelle Einstellung sind noch lange nicht alles. Hinzu kommt die bei höherwertigen Kameras fast schon übliche HDR-Automatik, bei der die Kamera aus mehreren Einzelbildern ein Foto mit besonders hohem Kontrastumfang montiert. Leider ist bei der S95 die letzte von drei Aufnahmen so verzögert, dass der Bildausschnitt zwangsläufig verrutscht und im Endergebnis dadurch Doppelkonturen entstehen. Will man HDR mit der S95 aufnehmen, ist auf jeden Fall ein Stativ angeraten und man sollte sich auf möglichst unbewegte Motive beschränken.
Gegenüber dem Vorgängermodell verbessert wurde die Videofunktion. Aufnahmen in 720p mit 24 Bildern pro Sekunde im Quicktimeformat sind nun möglich, wobei der optische Zoom während der Aufnahme blockiert ist. Zur "langen Brennweite“ gelangt man also nur digital, was im Telebereich zu sichtbaren Qualitätseinbußen führt. Der Vorteil dieser Methode ist die Geräuschlosigkeit. Die Videoaufnahme wird also durch nichts außer den Windgeräuschen gestört. Im Videomodus gibt es eine paar Trickeinstellungen, mit denen z. B. Farben getauscht oder partiell schwarzweiß gestellt werden können. Besonders erwähnt sei hier der im Moment angesagte "Miniaturwelt"-Effekt, bei dem die geringe Schärfentiefe von Nahaufnahmen simuliert wird. Mit der S95 können die Schärfezone und die Abspielgeschwindigkeit variiert werden, so dass sich unzählige Möglichkeiten ergeben, den Spieltrieb auszuleben. Und wer nach all den Einstellmöglichkeiten noch nicht genug hat, kann sich im digitalen Fotolabor an den RAW-Dateien austoben. Canon liefert dazu eine eigene Bildbearbeitungs- und Verwaltungssoftware mit, deren Bedienung allerdings etwas Einarbeitung erfordert.
Ein besonderes Highlight ist der verbaute optische Bildstabilisator. Selten haben wir in einer so kompakten Kamera eine derart ruhige Kameraführung hinbekommen. Nahezu jeder Wackler wird geschluckt, was besonders Videoaufnahmen zugute kommt. Filme wirken derart stabil, dass manch einer auf die Idee kommt, hier wäre ein Stativ benutzt worden. Aber natürlich auch für Fotos ist das IS-System hervorragend geeignet. Selbst bei wenig Licht liefert die Kamera mit ihrem F2,0 lichtstarken Objektiv bis hinab zur 1/15 Sekunde verwacklungsfreie Aufnahmen. Da kann man getrost auf hohe ISO-Zahlen verzichten, um das Rauschen in Grenzen zu halten.
Aber nicht nur aufnahmeseitig bleibt fast kein Wunsch unerfüllt. Wird die S95 an einen Fernseher angeschlossen, mutiert dieser zum digitalen Bilderrahmen. Dabei kann der Fotograf alle Aufnahmen und Videos mit verschiedenen Übergängen zwischen 3 und 30 Sekunden anzeigen oder von der Kamera ähnliche Bilder, z. B. vom letzten Skiurlaub, aussuchen und vorführen lassen. Alles in Allem bietet die schmucke Canon auf der einen Seite eine perfekte "drauf halten und Schuss Automatik" für Technikmuffel und auf der anderen Seite mehr als genug Einstellmöglichkeiten, um auch verspielte Naturen zufrieden zu stellen.
Bildqualität Schon im Test der Canon S90 haben wir geschrieben: "Die Bildqualität ist eindeutig in der Oberstufe dieser Kameraklasse angesiedelt." Daran hat sich auch bei der S95 nichts geändert. Das Testlabor (auisführlicher Bericht gegen ein kleines Entgelt, siehe weiterführende Links) bescheinigt der Kamera eine hohe Auflösung bei allen Brennweiten zumindest in der Bildmitte. Der Randabfall ist zwar sichtbar, lässt sich aber durch Abblenden minimieren. In der praktischen Fotografie fällt das kaum auf, und die Fotos wirken bis zur klassischen Präsentationgröße von 13 cm x 18 cm recht scharf. Erst wenn die Auflösung von 10 Megapixeln für Posterformate ausgereizt werden soll, offenbaren die Bilder, dass sie von einem kleinen (in dieser Klasse aber üblichen) Sensor kommen. Die Scharfzeichnung fällt gegenüber der Vorgängerin etwas moderater aus, so dass auch deren unerwünschte Effekte wie Doppelkonturen leicht abgenommen haben.
Außerdem scheint die Rauschunterdrückung nicht so stark zu sein wie bei vielen anderen Kameras dieser Klasse, denn der berüchtigte "Aquarell-Effekt" (d. h. Verlust an Details, Haut sieht wächsern und strukturlos aus) ist nur gering ausgeprägt. Bis ISO 800 ist das Rauschen erträglich, darüber sichtbar, erst bei 3.200 sorgt die Rauschunterdrückung für deutlichen Detailverlust. Insgesamt ist die kamerainterne Bildaufbereitung gegenüber der Vorgängerin etwas verhaltener ausgefallen. Das weist darauf hin, dass die Canon-Techniker hier ausgiebig Feintuning betrieben haben. Die Eingangsdynamik von knapp 9 Blendenstufen ist hervorragend und könnte so mancher Systemkamera gut zu Gesicht stehen. Erst bei hohen ISO-Werten nimmt sie um etwa eine Blende ab. Die Randabdunklung hat Canon per Software minimiert, was man am höheren Rauschen an den Bildrändern erkennt. Und auch die Verzeichnung wurde vermutlich auf elektronischem Weg auf annehmbare Werte gedrückt. Die Signalübertragung ist für Durchschnittsbilder optimiert, d. h. in den dunklen und hellen Partien weich, in den Mitteltönen kontrastreicher. Wer hier mehr aus der kleinen Kamera herauskitzeln möchte, ist auf das Rohformat angewiesen. Auch die sehr starke Kompression des JPEG-Formats um (je nach Motiv) etwa das 15fache spricht für die Verwendung der RAW-Dateien.
Die Schnappschusstauglichkeit ist genau wie bei der S90 durch den etwas trägen Autofokus begrenzt, der sich ca. eine halbe Sekunde gönnt. Vorfokussiert ist die S95 aber schnell. Im Videobetrieb hält die S95 den Fokus so, wie er bei Beginn der Aufnahme war. Während der Filmaufnahme wird die Schärfe nicht nachgeführt, was bei Schwenks von nah zu fern durch deutliche Unschärfe auffällt. Hier steckt also noch Potential für eine Nachfolgerin.
Fazit Der Canon PowerShot S95 kann eine sanfte Überarbeitung der guten Eigenschaften der Vorgängerin bescheinigt werden. Dabei sind die positiven Werte erhalten geblieben und ein paar bei der Vorgängerin kritisierte Details verbessert worden. Dazu gehört auch die Videotauglichkeit. Zwar kann die S95 nicht mit echten Videokameras konkurrieren, und es gibt auch in dieser Kameraklasse Geräte, die besser filmen. Aber für den kleinen Film zwischendurch hat die Canon einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Vor allem der hervorragende Bildstabilisator, das tolle Display und die recht gute Bildqualität machen die Canon S95 zur Empfehlung. Wer jetzt noch die große Anfangsöffnung und die Vollausstattung inklusive Rohformat nutzen möchte, hat fast keine Alternative.
Kurzbewertung
- Available-Light-tauglich
- Gute Bildqualität
- Tolles Display
- Hervorragender Bildstabilisator
- Gute Verarbeitung
- Video führt Schärfe nicht nach
- Mäßige Fokussiergeschwindigkeit
- Nur digitaler Zoom im Videomodus
Technische Daten
Modell |
Canon PowerShot S95 |
Sensor |
CCD-Sensor 1/1,7" 7,6 x 5,7 mm (Cropfaktor 4,6) 10,4 Megapixel (physikalisch), 10,0 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
3.648 x 2.736 (4:3) |
Video (max.) |
1.280 x 720 24p |
Objektiv |
28-105 mm / F2,0-4,9 (3,8-fach Zoom) |
Monitor |
3,0", 0,461 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Mittenbetonte Integralmessung, Matrix/Mehrfeld-Messung, Spotmessung |
Belichtungsreihe |
automatisch, mit interner HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
optischer Bildstabilisator |
Eingebauter Blitz |
ja |
Blitzschuh |
– |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
Serienaufnahmen |
max. 1,9 Bilder/s |
kürzeste Verschlusszeit |
1/1.600 s |
Akkulaufzeit |
keine Angabe |
Speicher |
SD |
Empfindlichkeit |
Automatik, manuell ISO 80 bis 3.200 |
Abmessungen |
100 x 58 x 30 mm (B x H x T) |
Gewicht |
193 g (betriebsbereit) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/GAPAN (mit Preisvergleich) |