Spiegelreflexkamera, Systemkamera
Testbericht: Nikon D3100
2011-04-23 Mit der D3100 präsentierte Nikon im letzten Jahr eine technisch aufgestockte Einsteiger-DSLR. FullHD-Videoaufnahmen, Guide-Modus für blutige Anfänger, 14 Megapixel Auflösung mit bis zu ISO 12.800 sollen die Käufer überzeugen. In einem Nachzügler-Test haben wir untersucht, ob die Kamera tatsächlich der Zielgruppe gerecht wird und ob man im Einsteigersegment Abstriche bei der Bildqualität hinnehmen muss. (Benjamin Kirchheim)
Ergonomie und Verarbeitung Zwar besteht die Nikon D3100 komplett aus Kunststoff, dieser fühlt sich aber durchaus solide an und ist nicht ganz so plastikmäßig wie das Einsteigermodell des größten Konkurrenten. Das Finish ist einwandfrei, das Design des Einsteigermodells kommt nach seinen großen Schwestern. Etwas griffiger könnte die Gummierungs des Handgriffs sein. Er ist eher für kleinere Hände ausgeformt, dennoch hat man nicht das Gefühl, ein Spielzeug in der Hand zu halten, das einem sofort entgleitet. Aus Metall besteht das Stativgewinde, das vorteilhaft in der optischen Achse sitzt und sich weit genug entfernt vom Akkufach befindet, so dass dieses auch bei Stativverwendung zugänglich bleibt. Das gilt erst recht für das seitlich angebrachte Speicherkartenfach, das man mit SD- SDHC- und SDXC-Karten füttern kann. Auch die Schnittstellenausstattung ist, insbesondere für ein Einsteigermodell, üppig. USB- und TV-Anschluss sind zwar obligatorisch, aber genauso vorhanden wie ein HDMI-Ausgang. Die Krönung ist jedoch der GPS-Anschluss, der sich ebenfalls unter der großen Gummiklappe an der linken Gehäuseseite verbirgt. Hier spielt Nikon den Vorreiter. Ein Netzteilanschluss lässt sich auch nachrüsten, und zwar über einen Akku-Dummy; einen Batterie-Hochformatgriff gibt es hingegen wie in der Einsteigerklasse üblich nicht.
Einsteigertypisch zeigt sich leider der optische Pentaspiegelsucher: Das Sucherbild fällt recht mickrig aus. Darüber mag der LiveView etwas hinweg trösten, er spielt aber mangels Beweglichkeit des Bildschirm nicht all seine Vorteile aus. Diesen bietet Nikon erst in der D5100 an. Mit drei Zoll beziehungsweise 7,5 Zentimeter Diagonale ist der Monitor recht groß, bei der Auflösung von 230.000 Bildpunkten hingegen ist wieder der Rotstift zu spüren. So wirkt das Bild bei genauem Hinsehen etwas grobpixelig, womit man sich aber arrangieren kann. Mehr Auflösung gibt es wieder nur in der höheren Klasse. An Bedienelementen hat Nikon hingegen nicht gespart und so lässt sich die D3100 gut einstellen. Vor allem das Menü ist sehr umfangreich und auch modern gestaltet, die vielen Menüpunkte lassen den Nutzer aber zuweilen etwas suchen, bis die gewünschte Einstellung gefunden ist. Wie gut, dass es ein Favoritenmenü gibt. Einige Einstellungen erreicht man zwar nicht über Direkttasten, kann aber praktischerweise direkt in die Infoanzeige springen, um dort bestimmte Aufnahmeparameter zu verstellen. Manchmal hilft jedoch nur der Weg ins Menü, etwa zum Ein-/Ausschalten der ISO-Automatik. Praktisch ist die Funktionstaste, die sich mit einer von vier Funktionen belegen lässt. Auch der Blitzknopf sorgt nicht nur für das Aufklappen des Bordblitzes, sondern erlaubt auch gleich die nötigen Funktionseinstellungen.
Ausstattung Wenn es um den Funktionsumfang der Kameras geht, lässt Nikon sich kaum Lumpen. Dennoch gibt es einige Kleinigkeiten, an denen der japanische Hersteller den Rotstift angesetzt hat. So werden vor allem ambitionierte Fotografen und alle, die an der D3100 wachsen, irgendwann bestimmte Funktionen vermissen. Dazu gehört etwa die Abblendfunktion zur Schärfentiefevorschau im optischen Sucher, aber auch eine Belichtungsreihenfunktion bietet die D3100 leider nicht. Dafür nimmt sie blutige Einsteiger hervorragend an die Hand. Der Guide-Modus erklärt durch kleine Frage-Antwort-Spiele und nützliche Hinweise, wie man die Kamera am besten auf das Motiv einstellt. So kann man Schritt für Schritt die fotografischen Parameter verstehen lernen, ohne ständig ein Handbuch dabei haben zu müssen. Wer darauf keine Lust hat, kann aber auch zu den Motivprogrammen oder der Vollautomatik greifen.
Fotografisch versierte Anwender hingegen können auf die üblichen Belichtungsprogramme zurückgreifen, in denen wahlweise die Blende oder Belichtungszeit oder beides vorgegeben werden kann. Nützlich ist auch die konfigurierbare ISO-Automatik, so dass jeder selbst einstellen kann, bis zu welcher Empfindlichkeit die Kamera gehen darf, damit der Fotograf später beim Betrachten der Fotos keine Rauschallergieanfälle bekommt. Aufgestockt hat Nikon die Videofunktion, die nun in FullHD-Auflösung aufzeichnet. Die 24 Bilder pro Sekunde mögen cineastisch wirken, führen aber gerade bei schnelleren Schwenks zu Rucklern. Den bei Videos so wichtigen Ton dagegen behandelt Nikon bei der D3100 stiefmütterlich. Ein kleines Monomikrofon zeichnet die Umgebungsgeräuscht inklusive der Störgeräusche des Autofokus, dem schabenden Zoom oder von der Bedienung der Knöpfe mit auf. Einen Mikrofonanschluss sucht man vergebens. Kleine Videoschnappschüsse in respektabler fotografischer Qualität mögen zwar gelingen, ambitionierte Hobbyfilmer sollten aber zu besserem Gerät greifen.
Bei der Bildbearbeitung kann der Anwender dagegen wieder aus dem Vollen schöpfen. Nikon bietet hier sehr umfangreiche Funktionen in einem eigenen Menüreiter an. Sie reichen schon fast an ein kleines Photoshop inklusive RAW-Konverter heran, denn auch die Entwicklung eines NEF- zu einem JPEG-Bild fehlt nicht. Filtereffekte, Bildmontagen, schnelle Bildaufhübschung, die Korrektur roter Augen, Bildbeschnitt, Änderung der Auflösung, Anhebung der Schatten (D-Lighting) – die Liste ist sehr lang.
Auch an anderer Stelle profitiert der Käufer davon, zu einem so umfangreichen System gegriffen zu haben. Das Wechselobjektivbajonett von Nikon bietet zahlreiche Objektive vom günstigen Einsteigermodell bis zur Highend-Festbrennweite. Und so kann derjenige, dem die Qualität des einfachen Setobjektivs nicht mehr ausreicht, auch zu den besseren Zooms oder einer Festbrennweite greifen. Hierbei ist aber Vorsicht geboten, denn das Objektiv sollte über einen eigenen Autofokusmotor verfügen. Den kamerainternen Fokusmotor hat Nikon dagegen dem Air-Flow-Control-System geopfert, das die Luftverwirbelungen des Spiegelschlags vom Sensor fernhalten soll, damit sich hier weniger Staub ansetzen kann. Zusätzlich kann der dem Sensor vorgelagerte Tiefpassfilter in hochfrequente Schwingungen versetzt werden, was den meisten Staub abschüttelt. Aber auch eine manuelle Reinigung ist möglich, falls sich einmal klebriger Dreck auf dem Sensor niedergelassen hat.
Bildqualität Mit dem 14,2-Megapixel-Sensor hat Nikon die Auflösung gegenüber dem Vorgängermodell um satte 40 Prozent erhöht. Ob sich das positiv oder negativ auf die Bildqualität auswirkt, haben wir im DCTau-Testlabor untersuchen lassen. Damit ist die D3100 die letzte Kamera, die wir nach diesem Laborverfahren testen. Das hausinterne digitalkamera.de-Testlabor ist bereits aufgebaut und schon im Testbetrieb. Das umfangreiche Testprotokoll können Interessierte gegen einen kleinen Obolus einzeln oder mittels Flatrate zusammen mit anderen Testprotokollen abrufen (siehe weiterführende Links). Bei der Auflösung der D3100 setzt nicht nur das getestete Objektiv AF-S 18-55 mm VR die Grenzen, sondern auch die zurückhaltende Bildaufbereitung. So bleibt der Randabfall der Auflösung zwar moderat, ist aber trotzdem selbst um zwei Stufen abgeblendet noch messbar. An feinen Bilddetails zeigen sich hingegen nur wenige Artefakte, auch das Nachschärfen fällt gering aus. Damit ist die D3100 für eine Einsteigerkamera erstaunlich zurückhaltend abgestimmt. Das Rauschen fällt ebenfalls angenehm gering aus. Ohne Reue kann man den normalen Bereich von ISO 100 bis 3.200 nutzen, erst bei den Einstellungen Hi1 und Hi2, die ISO 6.400 und 12.800 entsprechen, erhöht sich das Rauschen, bleibt aber moderat. Ab ISO 1.600 ist jedoch zu beobachten, dass die Bildwiedergabe merklich weicher wird, was auf die zusätzliche Rauschunterdrückung zurückzuführen ist.
Die Eingangsdynamik bleibt bis ISO 1.600 im guten bis sehr guten Bereich von 8,5 bis 8,7 Blendenstufen. Auch die acht Blendenstufen der ISO-Einstellung 3.200 sind noch gut brauchbar. Erst darüber gibt es deutlichere Einbußen, und man muss mit weniger darstellbaren Details in Lichtern und Schatten rechnen. Allerdings zeigt die Kamera diesen guten Dynamikumfang durch eine erhöhte Unterdrückung des Schattenrauschens, damit die Tiefen schön Schwarz werden. So läuft man in diesen Bereichen Gefahr, Details zu verlieren. Interessant ist, dass die Kamera bei der Ausgabedynamik die Schatten ganz gut im Griff hat. Diese laufen nicht zu weich aus und so bleibt ein recht kontrastreicher Bildeindruck.
Die größten Abstriche der Bildqualität kann man dem 18-55mm-VR-Objektiv zuschreiben. So etwa die tonnenförmige Verzeichnung im Weitwinkel von gut 2,5 Prozent, bei mittlerer und langer Brennweite hingegen zeichnet das Objektiv geometrische Strukturen erstaunlich neutral. Die Randabdunklung zeigt auch im Weitwinkel mit 1,5 Blendenstufen Lichtverlust in den Bildecken den höchsten Wert, aber der Verlauf ist sehr gleichmäßig und sanft, wird also also recht natürlich wahrgenommen. Der sanfte Verlauf bleibt beim Abblenden vorhanden, erreicht mit 0,7 Blendenstufen sogar nur noch den halben Wert.
Bei der JPEG-Kompression bietet die D3100 drei Einstellungen, wovon man die höchste Stufe mit den kleinsten Dateien meiden sollte, denn hier hagelt es Komprimierungsartefakte. Die mittlere Kompression kann man bei Speicherplatzmangel hingegen verwenden, die höchste Qualitätsstufe arbeitet visuell sogar verlustfrei. Etwas behäbig zeigte sich der Autofokus des Setobjektivs im Testlabor. Wenigstens 0,7 Sekunden benötigt es im Weitwinkelbereich, um zum Fokussieren, im Telebereich vergehen gar fast 0,9 Sekunden, bis das Bild scharf gestellt ist. Immerhin gilt dieser Wert unabhängig davon, ob sonniges oder bewölktes Wetter herrscht. Die Auslöseverzögerung stellt mit 0,11 Sekunden auch keine Rekordwerte auf, ist aber im üblichen Bereich von Einsteiger-DSLRs.
Fazit Mit der D3100 hat man unzweifelhaft eine waschechte Nikon in der Hand. Bis auf wenige Abstriche, etwa die fehlende Abblendfunktion, die fehlende Bracketingfunktion oder den kleinen optischen Sucher kann man mit ihr fotografisch alles anstellen, was auch die "großen" Nikons können. Dabei brauchen Einsteiger nicht vor dem Einstellungsumfang zurückschrecken, leitet sie der Guide-Modus doch in einfachsten Schritten zum technisch einwandfreien Bild. Die umfangreichen Bildbearbeitungsmöglichkeiten dürfen dabei genauso wenig fehlen wie die grundsolide Bildqualität. Die 14 Megapixel sind völlig ausreichend und die Bildaufbereitung ist gut ausgewogen, vor allem sind die Fotos erwartungsgemäß rauscharm. Die größten Abstriche verursacht nicht die Kamera, sondern das günstige 18-55mm-VR-Setojektiv. Eine Aufrüstung mit einer guten Festbrennweite (ein 50mm ist nicht teuer), oder etwas teurer einem hochwertigen Zoom, ist im Nachhinein jedoch problemlos möglich wie empfehlenswert.
Kurzbewertung
- Umfangreiche Ausstattung
- Gute Bildqualität
- Durch den Guide-Modus einfacher Einstieg auch für blutige Anfänger
- Umfangreiche Bildbearbeitungs- und Manipulationsmöglichkeiten direkt in der Kamera
- Magere Auflösung des leider nicht beweglich montierten Bildschirms
- Relativ kleiner optischer Pentaspiegelsucher
- Für eine DSLR eher behäbiger Autofokus
- Fehlende Abblendfunktion zur Schärfentiefe-Vorschau
Technische Daten
Modell |
Nikon D3100 |
Sensor |
CMOS APS-C 23,6 x 15,8 mm (Cropfaktor 1,5) 14,8 Megapixel (physikalisch), 14,0 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
4.592 x 3.056 (3:2) |
Video (max.) |
1.920 x 1.080 50p |
Objektivanschluss |
|
Spiegelreflex-Sucher |
Spiegelsucher, 95 % Abdeckung, 18 mm Augenabstand, Dioptrienausgleich -1,7 - 0,5 dpt, wechselbare Mattscheibe |
Monitor |
3,0", 0,230 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Integral-, Spot- und Matrix-/Mehrfeld-Messung (420 Felder) |
Belichtungsreihe |
keine Automatik, ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
nein |
eingebauter Blitz |
ja |
Blitzanschuh |
Nikon, Standard-Mittenkontakt |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
Serienbildfunktion |
max. 3,0 Bilder/s |
kürzeste Verschlusszeit |
1/4.000 s |
Autofokus |
Phasenvergleich |
Speicher |
Speicherkartenfach 1: SD |
Empfindlichkeit |
automatisch ISO 100 bis 3.200, manuell ISO 100 bis 12.800 |
Abmessungen |
124 x 95 x 74 mm (B x H x T) |
Gewicht |
510 g (betriebsbereit, ohne Objektiv) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/00YOB (mit Preisvergleich) |