Spiegellose Systemkamera, Systemkamera
Testbericht: Sony NEX-7
2012-03-30 Als Sony vor knapp zwei Jahren mit der NEX-5 und NEX-3 auf der Bühne der spiegellosen Systemkameras erschien, war das Ziel klar: Die handlichen Kameras sollten fortan Aufsteigern von einer Kompaktkamera eine Bildqualität wie eine klassische DSLR liefern, dabei aber so handlich, einfach bedienbar und kompakt wie nur irgend möglich bleiben. Mit der NEX-7 erweiterte Sony bereits im letzten Herbst die NEX-Familie um eine Kamera, die das ursprüngliche Konzept hinter sich lässt und sich klar an den ambitionierten Fotografen wendet. Reicht das aus, damit die NEX-7 eine klassische DSLR ergänzen oder gar ersetzen kann? Dieser Frage gingen wir intensiv im Praxiseinsatz sowie Labortest nach. (Martin Vieten)
Ergonomie und Verarbeitung Schon vor Monaten hat Sony die NEX-7 angekündigt, doch erst allmählich ist sie flächendeckend erhältlich. Die Flut in Thailand im Sommer vergangenen Jahres hat auch Produktionsstätten von Sony schwer getroffen, so dass sich die Auslieferung der NEX-7 stark verzögert hat. Dass die NEX-7 derzeit Sonys Topmodell unter den spiegellosen Systemkameras ist, vermittelt sie bereits beim Auspacken aus der eleganten Schachtel. Ihr mattschwarzes Aluminium-Magnesium-Gehäuse schmiegt sich kühl in die Hand. Dass Rücken und Unterseite aus Kunststoff bestehen, fällt zunächst überhaupt nicht auf. Im Vergleich zur ihrer kleineren Schwester NEX-5N wächst die NEX-7 vor allem in die Breite und etwas in die Höhe. Das gibt Raum für einen ausgeprägten Handgriff, der die Kamera hervorragend in der Hand liegen lässt. Dieser Griff nimmt den Akku auf, seine Kapazität reicht für rund 350 Fotos mit aktivierten EVF beziehungsweise ca. 430 Fotos via Display.
Von ihren kleineren Schwestern setzt sich die NEX-7 aber auch mit ihren zwei zusätzlichen, frei konfigurierbaren Wählrädern ab. Die aus dem Vollen gefrästen Einstellräder lassen sich bequem mit dem Daumen der rechten Hand bedienen. Ihnen können mehrere Funktionen zugewiesen werden, mit einem kleinen Schalter rechts neben dem Auslöser wechselt man die Funktionsebenen durch. Hält man den Schalter ein paar Sekunden gedrückt, werden die Wählräder gegen unbeabsichtigtes Verstellen gesperrt – ein kleines Ausstattungsdetail, das sich in der Praxis als sehr hilfreich erweist, die Drehräder verstellen sich nämlich nur allzu leicht. Neben den pfiffigen Multifunktionswählern hat Sony Platz für einen kleinen Bordblitz gefunden. Die NEX-7 ist damit das erste und derzeit einzige NEX-Modell mit einem integrierten Lichtspender. Er muss manuell entriegelt werden und springt dann überraschend weit aus seiner Parkposition heraus. Auf der Oberseite der NEX-7 ist zudem noch Platz für einen ausgewachsenen Systemblitzschuh im proprietären Minolta-/Sony-Layout.
Die Kamerarückseite wird von einem üppig bemessenen Drei-Zoll-Display beherrscht. Es löst mit gut 921.000 Bildpunkten standesgemäß fein auf und lässt sich zu nahezu 90 Grad nach oben und um 45 Grad nach unten klappen – berührungsempfindlich wie bei der NEX-5N ist es indes nicht. Zur Bildgestaltung wird man dieses Display allerdings nicht so ausgiebig einsetzen, wie bei den kleineren NEXen. Die NEX-7 hat Sony nämlich mit einem sehr hoch auflösenden elektronischen Sucher ausgestattet. Er ist ergonomisch geschickt in der linken Gehäuseecke platziert. So drückt man sich nicht die Nase auf dem Display platt, sobald man durch den Sucher schaut – zumindest solange nicht, wie man mit dem rechten Auge in den Sucher blickt. Der EVF löst mit mehr als 2,3 Millionen Subpixeln überaus fein auf, zeigt das Sucherbild zu 100 Prozent und bietet mit einer Sucherbildvergrößerung von 0,73 (bezogen auf Kleinbildsucher) ein überaus großzügig bemessenes Bild. So lässt sich die Bildschärfe nahezu ebenso gut beurteilen, wie mit einem guten optischen Sucher.
Auch die Farbwiedergabe des Sucherbildes wirkt sehr natürlich. Zudem berücksichtig der elektronische Sucher Kameraeinstellungen wie Weißabgleich oder Belichtungskorrektur und zeigt daher mögliche Fehleinstellungen bereits vor der Aufnahme an. Allerdings dürfte die Refresh-Rate gerne noch etwas höher sein. Bei kontrastreichen Motiven flimmert das Sucherbild in dunklen Bildpartien. Und wird die Kamera rasch geschwenkt, zieht das Sucherbild etwas nach – es dauert aber nur einen Wimpernschlag, bis es wieder fest steht. Sony hat den Sucher mit einem Dioptrienausgleich versehen, für Brillenträger ein sehr sinnvolles Ausstattungsmerkmal. Denn wie bei der ersten Generation der SLT-Kameras liegt die Austrittspupille der NEX-7 zu nah am Auge. Mit Brille ist es daher unter Umständen unmöglich, das Sucherbild zur Gänze zu überblicken. Und selbst bei direkt ans Auge gepresster Kamera bedarf es dazu einiger Übung. Dafür entschädigt der EVF mit einem Augensensor – er wird automatisch aktiv, sobald der Fotograf die Kamera ans Auge hebt.
Ebenfalls neu an der NEX-7 ist ein Drucktaster, der standardmäßig als Belichtungsspeicher oder zum Umschalten zwischen Autofokus- und manuellem Fokus dient. Der kleine Taster lässt sich in weiten Bereichen konfigurieren. So dient er auf Wunsch auch zur Aktivierung der Sucherlupe bei manuellem Fokus. Oder man schaltet damit den Autofokus ein und entkoppelt den AF somit vom Auslöser. Doch damit nicht genug: Von den kleineren Schwestern hat die NEX-7 das Einstellrad auf der Rückseite geerbt, sowie zwei Multifunktionsschalter, die sich für die Modi P, A, S und M ebenfalls frei konfigurieren lassen.
Highlight sind indes zweifelsohne die beiden neuen Multifunktionswählräder. Ihnen lassen sich ebenso wie dem Daumenrad auf der Rückseite neue Funktionen zuweisen. Welche Funktionen sie aufrufen, hängt dabei vom gewählten Aufnahmemodus ab. So legt beispielsweise im Modus "A" das linke Rad die Blendenzahl fest, das rechte steuert die Belichtungskompensation und das Daumenrad dient zur Eingabe der ISO-Zahl. Wird nun der kleine Navigationstaster neben dem Auslöser gedrückt, erhalten die Wählräder neue Funktionen. In den Werkseinstellungen gibt nun das linke Rad den AF-Modus vor, mit den beiden übrigen wird dann beispielsweise das Fokusfeld gewählt. Diese Vorgaben können aber ganz nach Gusto geändert werden, insgesamt neun Funktionen erlaubt Sony, auf die Wählräder zu legen – von der Wahl der Kreativstile über den Weißabgleich bis hin zu Dateigröße und -format. Hinzu kommen noch zwei ebenfalls frei konfigurierbare Schalter, denen weitere Funktionen zugewiesen werden können, die sich nicht auf die Wählräder lassen. Damit avanciert die NEX-7 derzeit zusammen mit der Olympus OM-D E-M5 zu der spiegellosen Systemkamera, die sich am weitest gehenden an die Wünsche und Bedürfnisse des Fotografen anpassen lässt.
Die Kehrseite der Medaille ist jedoch: Die Funktionen müssen den zahlreichen Rädern und Knöpfen aus den unterschiedlichsten Positionen im Menü zugewiesen werden. Das lässt sich keineswegs in der Kaffeepause erledigen, sondern erfordert eine intensive Beschäftigung mit den Möglichkeiten der Kamera. Vor allem auch deshalb, weil Sony die Menüführung der NEX-7 nahezu unverändert von den kleineren Modellen übernommen hat. Und so bietet auch die NEX-7 einerseits hübsch gestaltete und sehr übersichtliche Menüs, die aber anderseits mit den üblichen Konventionen anspruchsvoller Kameras brechen. Welcher ambitionierte Fotograf vermutet beispielweise schon, dass sich die ISO-Empfindlichkeit unter dem Menüpunkt "Farbe" verbirgt? So bleibt trotz aller Verbesserungen und erweiterter Konfigurationsmöglichkeiten bei der NEX-7 im Vergleich zu den bisherigen Modellen der Eindruck, dass Sony hier vor allem an Bestehendes angebaut hat. Dabei harmonieren Altes und Neues nicht immer perfekt miteinander.
Alles in allem lässt sich die NEX-7 jedoch hervorragend bedienen. Dazu trägt unter anderem auch ein dezidierter Auslöser für Videoaufnahmen bei. Sämtliche externen Anschlüsse (für HDMI und USB sowie die Mikrofon-Buchse) verschwinden auf der linken Kameraseite unter ordentlichen Federklappen. Auch den aus Edelstahl gefertigten Stativanschluss hat Sony dort platziert, wo er hingehört: in der optischen Achse. Zudem liegt das Stativgewinde weit genug vom Akkuschacht entfernt – trotz der handlichen Kameramaße versperrt eine angesetzte Schnellwechselplatte nicht den Zugang zu Akku und Speicherkarte.
Ausstattung Im Vergleich zur kleineren Schwester NEX-5N hat Sony beim Topmodell NEX-7 vor allem die Hardware erweitert. Bei der Software bleibt es im Wesentlichen bei den schon bekannten Möglichkeiten. Diese sind zwar reichhaltig, lassen aber durchaus den einen oder anderen Wunsch ambitionierter Fotografen offen. So bietet die NEX-7 dem Novizen oder weniger versierten Fotografen eine Vielzahl an Automatikfunktionen. Sony setzt dabei nicht auf eine unübersichtliche Vielzahl an Motivprogrammen, sondern ergänzt diese vielmehr um ausgesprochen praxistaugliche Sonderfunktionen. Dazu gehören etwa eine Rauschunterdrückung durch Mehrfachaufnahme, HDR-Belichtungsreihen, die die Kamera sogleich zu einem Bild zusammensetzt oder die Funktion "Schwenkpanorama", mit der sich Panoramafotos durch Schwenken der Kamera aufnehmen lassen. Auch eine Gesichtserkennung ist an Bord, ebenso wenig fehlen die derzeit angesagten Kreativprogramme, mit denen sich die Fotos gleich bei der Aufnahme verfremden lassen.
Wer seine Bildergebnisse nicht auf Gedeih und Verderb den Automatiken überlassen möchte, muss indes bei der NEX-7 mit einigen Einschränkungen leben. Beispielsweise nimmt die Kamera zwar Belichtungsreihen auf, jedoch stets nur drei Aufnahmen, die größtmögliche Spreizung beträgt dabei 0,7 Blendenstufen (EV). Für echte HDR-Reihen ist das zu wenig, hier werden oft fünf oder mehr Aufnahmen mit einem Belichtungsunterschied von 1 EV benötigt. Da ist es umso ärgerlicher, dass sich die NEX-7 zwar via optionaler Fernbedienung auslösen lässt, dann aber keine Bildserien oder Belichtungsreihen aufzeichnet. Ähnlich beschnitten sind die Funktionen zur ISO-Wahl. Die Empfindlichkeit lässt sich nur in ganzen EV-Schritten einstellen, die ISO-Automatik ist bei halbautomatischer Belichtungssteuerung auf den Bereich von ISO 100 bis ISO 1.600 fixiert – ändern lassen sich Ober- und Untergrenze nicht. Vollautomatik und Motivprogramme gewähren keinerlei Eingriffsmöglichkeiten, die hervorragenden Einstellräder sind dann außer Funktion und bringen bestenfalls eine Fehlermeldung auf den Bildschirm.
Es bleibt also auch bei der NEX-7 bei einer Zweiteilung der Einstellmöglichkeiten: Die Automatiken erlauben praktisch keine Eingriffe, so wie es seit jeher Konzept des NEX-Systems ist. Ambitionierte Fotografen werden daher die Kamera vorwiegend im PASM-Modus einsetzen, erst dann entfaltet die NEX-7 ihr gesamtes Potential. Neu hinzugekommen sind hier einige Bildstile wie "Hell" oder "Klar", die schnell Aufnahmen mit entsprechenden Tonwertkurven ermöglichen.
Viel interessanter ist jedoch, dass sich die NEX-7 in das Blitzsystem der Alpha-DSLR- und SLT-Modelle von Sony integriert. Mit einem entsprechenden Blitzgerät ausgestattet, dient die Kamera dabei sogar als Steuerzentrale für drahtlos angebundene Systemblitze. Schade nur, dass der integrierte Bordblitz keine externen Blitzgeräte steuern kann. Die Konfigurationsmöglichkeiten für das Blitzlicht bieten hingegen alles, was das Herz begehrt: Ob Blitzen auf den zweiten Vorhang, Langzeitsynchronisation oder Blitzbelichtungskompensation – die NEX-7 gibt sich hier keine Blöße. Der interne Blitz ist indes mit einer Leitzahl 6,4 recht schwach auf der Brust. Das verschmerzt man jedoch gerne, ist die NEX-7 doch die einzige spiegellose Systemkamera von Sony, die überhaupt mit einem internen Blitz aufwarten kann.
Wer mehr Blitzleistung abrufen möchte, dem sei der HVL-F20AM ans Herz gelegt. Das sehr kompakte Blitzgerät passt prima zur NEX-7, bietet mit Leitzahl 20 eine ausreichende Leistung und kann zudem die Rolle eines Steuerblitzes bei drahtlosem Blitzsetup übernehmen. Die Entscheidung für den proprietären Alpha-Blitzschuh bei der NEX-7 bedeutet aber auch, dass spezielles NEX-Zubehör wie das Mikrofon ECM-SST1 nicht mit dieser Kamera verwendet werden kann. Dafür entschädigt die NEX-7 mit einer Anschlussbuchse für ein externes Mikrofon. Angewiesen ist man darauf nicht, die Kamera zeichnet Videoton auch mit dem internen Stereomikrofon auf. Bei Bedarf lässt sich ein Filter für Windgeräusche hinzuschalten, eine Möglichkeit zur manuellen Aussteuerung des Filmtons hat Sony jedoch auch der NEX-7 vorenthalten.
Als erste Kamera in der NEX-Familie verfügt die NEX-7 über einen elektronischen ersten Verschlussvorhang. Wird diese Option eingeschaltet, erzielt die NEX-7 eine beeindruckend kurze Auslöseverzögerung von zehn bis maximal 20 Millisekunden. Möglich wird dies, weil zur Aufnahme nicht erst der mechanische Verschluss geschlossen werden muss, der Sensor wird rein elektronisch initialisiert. Positiver Nebeneffekt ist ein sehr leises Auslösegeräusch. Auf die kürzeste Blitzsynchronisationszeit wirkt sich die neue Technologie indes nicht aus, sie beträgt minimal 1/160 Sekunde. Mit einem geeigneten Blitzgerät unterstützt die NEX-7 aber per Highspeed-Synchronisation deutlich kürzere Belichtungszeiten im Blitzbetrieb.
Rasend schnell geht die NEX-7 auch bei Serienaufnahmen zur Sache: Rund 10,5 Aufnahmen in der Sekunde zeichnet sie auf, allerdings geht der Kamera bereits nach einem sehr kurzen Sprint von weniger als zwei Sekunden beziehungsweise 17 Serienfotos die Puste aus. Bei RAW-Aufnahmen ist der Pufferspeicher schon nach 14 Aufnahmen voll und die NEX-7 fällt in einen gemächlichen Dauerlauf mit nur noch 1,9 Fotos je Sekunde bei JPEG beziehungsweise 0,8 RAW-Aufnahmen. Diese atemberaubende Geschwindigkeit schafft die NEX-7 jedoch nur mit einem Trick: Sie friert Belichtung und Entfernungseinstellung auf das erste Bild der Hochgeschwindigkeitsserie ein. Sollen Fokus und Belichtung bei Serienbildaufnahme nachgeführt werden, schafft die NEX-7 immer noch ordentliche 3,2 Fotos je Sekunde. Wie flott die NEX-7 große Datenmengen verarbeiten kann, zeigt sich auch bei der Videoaufnahme: Die Kamera nimmt bei Full-HD-Auflösung von 1.920 x 1.080 Bildpunkten 50 Vollbilder pro Sekunde auf. Dabei entsteht ein per AVCHD komprimierter Datenstrom rund 28 Megabit pro Sekunde. Die NEX-7 erlaubt aber auch die Wahl geringerer Videoauflösungen und/oder geringerer Datenraten.
Objektiv Mit dem NEX-System hat Sony vor rund zwei Jahren das E-Bajonett eingeführt. Es beeindruckt mit einem sehr kurzen Auflagemaß von nur 18 Millimeter. Dies ermöglicht es, nahezu alle SLR- und Messsucherkamera-Objektive an die NEX-7 zu adaptieren – dazu gleich mehr. Die NEX-7 wird im Set zusammen mit dem SEL 1855 angeboten, das exklusiv in dieser Zusammenstellung passend zur Kamera in Schwarz erhältlich ist. Das Zoom-Objektiv deckt einen Brennweitenbereich von 18 bis 55 Millimeter ab (bezogen auf Kleinbild 27 bis 82,5 Millimeter). Anders als bei den DSLRs der Alpha-Serie weisen die NEX-Kameras keinen Bildstabilisator per Sensorshift auf. Dafür ist das SEL 1855 mit einem optischen Bildstabilisator ausgestattet – das gilt jedoch nicht für jedes E-Objektiv.
Wenngleich das Setobjektiv weitgehend in Kunststoff gefasst ist, macht es doch eine recht ordentliche Figur. Der Brennweitenring läuft noch sanft, das Objektiv verwöhnt zudem mit einem breiten Fokusring. In der Regel wird man das Scharfstellen indes dem Autofokus der NEX-7 überlassen. Er erledigt seine Aufgabe äußerst zügig, die NEX-7 hat im Testlabor bereits nach ca. 0,25 Sekunden scharf gestellt und ausgelöst – ein sehr guter Wert. Aber auch unter schwierigen Praxisbedingungen erweist sich der Autofokus der NEX-7 als überzeugend schnell. Dabei hilft sicher auch, dass die NEX bereits den Autofokus startet, sobald die Kamera ans Auge gehoben wird. Mit einem Dreh am Fokusring lässt sich die automatisch ermittelte Entfernungseinstellung jederzeit übersteuern – bedauerlicherweise funktioniert die Fokuslupe beim "Direct Manual Focus" nicht. Der Autofokus unterteilt das Sucherbild in der Standardeinstellung "Multi" in 25 Messfelder. Alternativ kann das AF-Messfeld auf eine von 17 x 11 Positionen gelegt oder auf die Bildmitte zentriert werden.
Auch zwei Jahre nach Einführung des E-Bajonetts ist das Objektivangebot von Sony für das NEX-System noch sehr überschaubar. Derzeit gibt es drei recht lichtschwache Zoomobjektive sowie vier Festbrennweiten – darunter das neue, hochwertige Weitwinkelobjektiv Carl Zeiss 24/1.4 ZA. Doch dank des sehr geringen Auflagemaßes des E-Bajonetts lassen sich praktisch alle Kleinbildobjektive an die NEX adaptieren, ohne dass diese ihre Fähigkeit zur Fokussierung auf Unendlich einbüßen. Als ideale Partner der NEX-7 erweisen sich dabei die sehr kompakten Objektive für das Leica-M-Bajonett. Zwar lassen sich diese Objektive nur manuell scharf stellen, die NEX-7 assistiert dabei jedoch nach Kräften. Zum einen bietet die Kamera eine Fokuslupe, die den zentralen Bildausschnitt in 7,5- beziehungsweise 12-facher Vergrößerung zeigt, sobald am Fokusring gedreht wird. Zum anderen färbt die NEX-7 auf Wunsch Kontrastkanten ein, die innerhalb der Fokusebene liegen. Auf diese Weise lässt sich kinderleicht von Hand scharf stellen, zumal M-Objektive mit einem langen Weg der Fokusschnecke für das manuelle Fokussieren optimiert sind.
Zur Adaption von Minolta- und Sony-Objektiven mit A-Bajonett an das NEX-System gibt es ganz neu den Adapter LA-EA2. Dieser Adapter nutzt die SLT-Technologie, er weist einen Phasen-Autofokus nebst teildurchlässigem Spiegel auf, sogar einen Motor für Objektive ohne integrierten Fokusantrieb hat Sony noch in diesem Adapter untergebracht. So lassen sich praktisch alle Objektive mit A-Bajonett ohne Einschränkungen an die NEX-7 adaptieren. Allerdings ist dieser Adapter recht unförmig geraten, vor allem ragt er ein paar Zentimeter über die untere Gehäusekante hinaus. Die NEX-7 wird mit diesem Adapter nebst Objektiv recht kopflastig und beansprucht dann in der Fototasche fast schon so viel Platz wie eine SLT Alpha 55.
Bildqualität 24 Megapixel löst der APS-C-Sensor der Sony NEX-7 auf – eine derart hohe Auflösung bietet derzeit keine andere spiegellose Systemkamera. Ob und wie sich diese immense Pixelzahl in eine entsprechende Bildqualität ummünzen lässt, musste die NEX-7 ausgestattet mit dem Setobjektiv SEL 1855 im Testlabor von digitalkamera.de sowie im ausgedehnten Praxiseinsatz zeigen. Wie immer kann das detaillierte und ausführlich kommentierte Laborprotokoll gegen ein kleines Entgelt eingesehen und heruntergeladen werden – mehr dazu in den weiterführenden Links.
Bei der Auflösungsmessung schlägt sich die NEX-7 durchaus wacker: Bei optimaler Blende F8 erzielt sie mit dem Setobjektiv eine Auflösung von gut 45 Linienpaaren pro Millimeter (lpmm). Kaum schlechter sind indes auch Kameras mit geringerer Sensorauflösung gepaart mit einem entsprechend hochwertigen Objektiv. Zudem zeigt das SEL 1855 einen deutlichen Auflösungsverlust von rund 25 Prozent zu den Bildrändern hin. Selbst das hochwertige Carl Zeiss E24/1.8 schafft es nicht, die Bildränder annähernd so detailreich abzubilden wie das Zentrum. Hier fordert das kurze Auflagenmaß des NEX-Systems gepaart mit einer sehr hohen Sensorauflösung mess- und sichtbar seinen Tribut.
Wenig überzeugen kann das Setobjektiv in Sachen Verzeichnung: Insbesondere am kurzen Ende verzeichnet das SEL 1855 ungewöhnlich stark tonnenförmig, aber auch die kissenförmige Verzeichnung am Tele-Ende ist deutlich ausgeprägt. Etwas mehr Mühe hätte sich Sony auch bei der Korrektur Chromatische Aberrationen machen dürfen, Farbsäume an Kontrastkanten sind bei dem SEL 1855 recht ausgeprägt und bleiben im Mittel gerade noch akzeptabel. Farbsäume, Verzeichnungen und Randabschattung kann die NEX-7 bei E-Mount-Objektiven per Software korrigieren. Standardmäßig ist jedoch nur die Korrektur der Vignettierung eingeschaltet, so bleibt es bei einer unkritischen Randabschattung von rund einer halben Blendenstufe.
Die NEX-7 verlangt also nach sehr hochwertigen Objektiven, erst dann kann sie ihr ganzes Potential zur Geltung bringen. Dazu gehört etwa ihr sehr hoher Dynamikumfang von rund elf Blendenstufen bis hinauf zu ISO 1.600. Selbst bei ISO 6.400 verarbeitet die NEX-7 noch einen Kontrastumfang von ca. zehn Blendenstufen, ein sehr guter Wert. Auch das Sensorrauschen hat Sony trotz der hohen Pixeldichte fest im Griff: Störpixel sind bis ISO 1.600 kaum sichtbar, bis hinauf zu ISO 6.400 bleibt das Rauschen unauffällig. Dabei wahrt die interne Rauschunterdrückung hervorragend die Balance zwischen Rauschminderung und Bilddetails – erst jenseits der ISO 6.400 gehen feine Details sichtbar im Rauschen unter oder fallen der Rauschunterdrückung zum Opfer.
Erfreulich hoch ist der Ausgabe-Tonwertumfang der NEX-7, zwischen ISO 200 und 400 differenziert die Kamera nahezu das theoretische Maximum von 256 Tonwertstufen je Kanal. Die Tonwertkurve ist standardmäßig recht knackig abgestimmt, ebenso liefert die NEX-7 von Haus aus sehr lebendige Farben. Der Fotograf erhält so für die Druckausgabe optimierte Fotos. Wer seine Aufnahmen lieber individuell am PC optimiert, dem liefert die Vorgabe "Neutral" Bilder mit flacheren Kontrasten und zurückhaltender Sättigung – oder er nimmt gleich im RAW-Format auf.
Fazit Die NEX-7 hat durchaus das Potential, eine klassische DSLR zu ersetzen. Die Kamera kann eine phantastische Bildqualität liefern – wenn sie mit adäquaten Objektiven bestückt wird. Dabei schreckt sie nicht einmal vor hohen ISO-Zahlen zurück, bei voller Auflösung lässt sie sich durchaus bis hinauf zu ISO 6.400 mit noch vertretbaren Einbußen verwenden. Als kompakte Ergänzung zu einer DSLR kommt die NEX-7 allemal in Betracht, insbesondere integriert sie sich als einzige NEX-Kamera nahezu nahtlos in das Alpha-System. Das ungewöhnliche Bedienkonzept der NEX-7 ist in sich schlüssig, nach einiger Einarbeitungszeit lassen sich alle relevanten Funktionen der Kamera schnell und bequem erreichen. Der Funktionsumfang der NEX-7 bleibt indes zu sehr der NEX-Familie verhaftet: So setzt auch die Spitzen-NEX einerseits auf Automatikfunktionen, wodurch sie auch ohne tiefgehende Vorkenntnisse schnell brauchbare Ergebnisse erzielt. Anderseits geizt sie mit professionellen Ausstattungsmerkmalen, die bei einer DSLR im selben Preissegment längst zu Standardausstattung gehören. Das sowie die immer noch sehr kleine Palette an geeigneten Objektiven ergibt unterm Strich: Als Ersatz für eine DSLR taugt die hochwertige NEX-7 kaum, wohl aber als – kostspielige – Ergänzung.
Kurzbewertung
- Sehr hohe Serienbild- und Auslösegeschwindigkeit
- Sehr guter elektronischer Sucher
- Hochwertiges, ergonomisches Gehäuse mit vollwertigem Systemblitzschuh
- Superbe Bildqualität (aber nur mit sehr hochwertigen Objektiven)
- Weiterhin stark eingeschränktes Objektiv-Sortiment
- Räder und Tasten nicht ausreichend gegen Fehlbedienung gesichert
- ISO-Automatik auf ISO 100-1.600 fixiert
- Funktionsumfang wird professionellen Ansprüchen nicht gerecht
Technische Daten
Modell |
Sony NEX-7 |
Sensor |
CMOS APS-C 23,6 x 15,8 mm (Cropfaktor 1,5) 24,7 Megapixel (physikalisch), 24,3 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
6.000 x 4.000 (3:2) |
Video (max.) |
1.920 x 1.080 50p |
Objektivanschluss |
|
Sucher |
vorhanden |
Monitor |
3,0" (7,5 cm), 0,922 Mio. Bildpunkte, nicht beweglich, Touchscreen |
Belichtungsmessung |
Integral-, Spot- und Matrix-/Mehrfeld-Messung (1.200 Felder) |
Belichtungsreihe |
automatisch, max. 3 Aufnahmen (0,3-0,7 EV Schrittweite), mit interner HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
nein |
eingebauter Blitz |
ja |
Blitzanschuh |
Sony Alpha (auch Minolta) |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: HDMI-Ausgang Mini (Typ C) Mikrofoneingang |
Serienbildfunktion |
max. 10,0 Bilder/s und max. 10 Aufnahmen in bester Qualität |
kürzeste Verschlusszeit |
1/4.000 s |
Autofokus |
ja, Kontrast (25 Sensor(en)) |
Speicher |
Speicherkartenfach 1: Memory Stick (Duo Pro), SD (SDHC, SDXC) |
Empfindlichkeit |
automatisch ISO 100 bis 1.600, manuell ISO 100 bis 16.000 |
Abmessungen |
120 x 67 x 43 mm (B x H x T) |
Gewicht |
350 g (betriebsbereit, ohne Objektiv) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/VRQF5 (mit Preisvergleich) |