Aufsteiger-DSLR

Testbericht: Nikon D5600

2017-03-14 Mit der D5600 stellte Nikon Ende letzten Jahres das Nachfolgemodell der D5500 vor. Viele Änderungen bei der gut ausgestatteten Hobby-DSLR, die sich oberhalb der kürzlich von uns getesteten D3400 einordnet, gibt es nicht. So unterstützt die D5600 nun die im letzten Jahr vorgestellte Snapbridge-Technologie von Nikon, die auf Bluetooth und WLAN basiert. Daneben bleibt es bei der grundsoliden Ausstattung, etwa mit dem 24 Megapixel auflösenden APS-C-Sensor oder dem 39-Punkt Autofokus sowie dem dreh- und schwenkbaren 8,1 Zentimeter großen Touchscreen mit Touchpad-Funktion. Im Test muss die Nikon D5600 nun zeigen, was sie taugt.  (Benjamin Kirchheim)

Ergonomie und Verarbeitung

Das Gehäuse der 465 Gramm leichten Nikon D5600 besteht aus gut verarbeitetem Kunststoff (660 Gramm sind es mit dem Setobjektiv AF-P 18-55 VR). Die Verarbeitung macht mit nur kleinen, aber nicht immer gleichmäßigen Spaltmaßen, großzügigen Gummi-Belederungen und dem ausgeprägten Handgriff mit dem tiefen Eingriff zwischen Griffwulst und Bajonett insgesamt einen guten Eindruck. Auch bei beherztem Anpacken gibt das Gehäuse nicht nach und macht auch keine vertrauensmindernden Geräusche. Bei kleinen bis mittelgroßen Händen bietet der Handgriff zudem mit Ach und Krach sogar genug Platz für den kleinen Finger. Sehr gut bedienen lässt sich das Daumenrad, auf ein zweites Bedienrad verzichtet Nikon hingegen leider. Nimmt man den SLR-Sucher ins Auge, so weiß dieser zwar mit vielen Informationen inklusive Gittereinblendung zu gefallen, besonders groß ist er mit einer 0,55-fachen kleinbildäquivalenten Vergrößerung hingegen nicht. Die etwas zu kleine Austrittspupille sorgt bei Brillenträgern für eine leichte Abschattung in den Ecken, die Dioptrienkorrektur fällt etwas spärlich aus. Schade, ist doch der Sucher eines der zentralen Argumente für eine DSLR.

Dafür weiß die D5600 mit ihrem 8,1 Zentimeter großen, dreh- und schwenkbaren Bildschirm zu überzeugen. Einmal am praktischen Live-View-Hebel gezogen, zeigt er ein klares, farbenfrohes und kontrastreiches Bild; ohne Live-View dient er als informative Statusanzeige. Der 39-Punkt-Autofokus ist mit dem im Test verwendeten AF-P 18-55 VR äußerst schnell, unabhängig von der gewählten Brennweite wird innerhalb von 0,17 Sekunden fokussiert und ausgelöst. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass die Hälfte der Zeit für das Hochklappen des Spiegels, das Schließen der Blende sowie das Aufziehen des mechanischen Verschlusses draufgeht.

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Dies gilt freilich nur beim Blick durch den Sucher, denn mit Live-View muss die D5600 auf den Kontrastautofokus zurückgreifen, weil der schnelle Autofokussensor, der eine DSLR neben dem Sucher und Wechselobjektivbajonett ausmacht, im Live-View durch den hochgeklappten Spiegel "blind" ist. Doch dank der Verbesserungen von Nikon und des auf den Kontrastautofokus optimierten Objektivs vergehen auch mit Live-View "nur" 0,7 bis 0,8 Sekunden, bis das Bild inklusive Scharfstellen im Kasten ist. Dabei hat die Auslöseverzögerung mit einer viertel Sekunde einen erheblichen Anteil. Damit ist die D5600 gegenüber früheren DSLRs im Live-View sehr flott geworden, echte Freude kommt dabei aber immer noch nicht auf. Für Action-Motive taugt das Live-View weiterhin nicht, bietet aber dank des beweglichen Bildschirms mehr Flexibilität.

Zurück zur Bedienung. Beim Display handelt es sich um einen Touchscreen, dessen Berührungsempfindlichkeit auch während des Blicks durch den Sucher aktiv ist. Dank des Näherungssensors oberhalb des Suchers schaltet sich die Bildschirmanzeige dabei automatisch ab. Während des Blicks durch den Sucher dient der Touchscreen wahlweise als einfacher riesiger Funktionsknopf oder aber als cleveres Autofokus-Touchpad, so dass man beim Blick durch den Sucher mit dem Finger auf dem Bildschirm den Fokuspunkt verschieben kann. Wer den Bildschirm an seiner DSLR nicht besonders mag, kann ihn bei der D5600 übrigens auch verkehrt herum anklappen, das schützt nebenbei den Bildschirm vor Kratzern. Darüber hinaus verfügt die D5600 über einige weitere, dedizierte Bedienelemente wie die Lupen-Tasten, eine Videoaufnahmetaste, die wichtige AE-L/AF-L-Taste und an der Bajonettseite drei weitere Tasten. Die Blitz-Taste entriegelt diesen übrigens nicht nur, sondern erlaubt bei erneuter Betätigung die Wahl des Blitzprogramms.

Leider nicht am Gehäuse zu finden sind spezifische Tasten, etwa zur Einstellung des Weißabgleichs oder der ISO-Empfindlichkeit. Insbesondere letzteres ist bedauerlich, wo doch die ISO-Empfindlichkeit bei modernen Kameras ein wichtiger Aufnahmeparameter neben der Belichtungszeit und Blende ist. Zum Glück gibt es nicht nur den Bildschirm als "Funktionstaste", sondern noch einen weiteren Funktionsknopf, der – die Ingenieure haben mitgedacht – mit der ISO-Empfindlichkeitseinstellung vorbelegt ist. Was jedoch definitiv fehlt und eigentlich zur Grundausstattung einer DSLR gehört, ist eine Abblendtaste, auch auf den Funktionsknopf lässt sich eine solche Funktion nicht programmieren. Dadurch hat der Fotograf keine Chance auf eine Vorschau der Schärfentiefe, ein wesentliches gestalterisches Mittel einer Kamera mit großem Bildsensor und lichtstarkem Objektiv. Für andere wichtige Aufnahmeparameter, die nicht über Tasten erreichbar sind, gibt es ein Schnellmenü, das wahlweise über die "i"-Taste oder aber die "i"-Schaltfläche auf dem Informationsbildschirm aufgerufen werden kann. Hier lassen sich weitere wichtige Aufnahmeparameter anpassen.

Auch mit Schnittstellen ist die D5600 durchaus reichlich ausgestattet. Auf der Griffseite befindet sich die Mini-HDMI-Buchse (Typ C) für eine Diashow am heimischen Flachbildfernseher. Auf der linken Gehäuseseite befindet sich eine Micro-USB-Schnittstelle, die jedoch nicht den Akku auflädt. Außerdem sind hier ein Stereo-Mikrofon- sowie ein Kabelfernauslöseanschluss zu finden. Einen Infrarotempfänger zum Fernauslösen gibt es hingegen nicht mehr! Der Lithium-Ionen-Akku befindet sich im Handgriff und kann von unten zum Laden im mitgelieferten Steckerladegerät entnommen werden. Für üppige 970 Aufnahmen gemäß CIPA-Standard reicht eine Akkuladung, und dass obwohl der mit einer Leitzahl von zwölf starke integrierte Blitz bei jeder zweiten Aufnahme gezündet wird. Nicht berücksichtigt sind jedoch das Live-View sowie die Drahtlosfunktionen, beides sind durchaus nicht zu verachtende Stromfresser, wobei sich das Bluetooth dank der Energiesparfunktionen noch gut zurückhält.

Die SD-Speicherkarte wird praktischerweise seitlich entnommen, so dass man auch auf dem Stativ an diese herankommt. Zudem sitzt das Stativgewinde in der optischen Achse und weit entfernt genug vom Akkufach, wodurch dieses von einer Schnellwechselplatte nicht blockiert wird. Bei der Speicherkarte lohnt sich der Griff zu einem schnellen UHS-I-Modell, denn wir konnten immerhin eine Schreibgeschwindigkeit von knapp über 72 MByte pro Sekunde ermitteln. Gerade angesichts des etwas kleinen Pufferspeichers lohnt sich eine schnelle Karte gleich doppelt.

Ausstattung

Die Nikon D5600 verfügt über ein Programmwählrad mit acht Positionen. Drei davon sind Anfänger-Automatikfunktionen vorbehalten, etwa die Vollautomatik, die 16 Motivprogramme sowie die Effektprogramme. Eine Panoramafunktion fehlt jedoch. Im Gegensatz zu den Automatiken hat der Fotograf in den klassischen Kreativprogrammen P, A, S und M mehr Einfluss auf die Aufnahmeparameter. So kann beispielsweise die Blende oder die Belichtungszeit oder wahlweise auch beides manuell vorgewählt werden. Wer gern die ISO-Automatik verwenden möchte, muss diese umständlich im Menü aktivieren. Hierbei verhält sich die D5600 durchaus verwirrend. Ist die ISO-Automatik in den Kreativprogrammen aktiviert, so kann man trotzdem die ISO-Empfindlichkeit einstellen. Dann verwendet die Kamera die jeweils höchste ISO-Empfindlichkeit. Stellt man also ISO 100 ein und die Automatik möchte ISO 400 ansteuern, gewinnt die Automatik. Stellt man ISO 800 ein und die Automatik möchte auf ISO 400 stellen, gewinnt die manuelle Vorgabe. Dies funktioniert auch bei manueller Belichtung, sogar mit Belichtungskorrektur, die jedoch in diesem Fall über das Schnellmenü eingestellt werden muss. Nur in den Motivprogrammen funktioniert es so, wie man es erwarten würde. Unterhalb von ISO 100 ist die Position für die ISO-Automatik, so dass man bequem mit dem auf ISO programmierten Funktionsknopf zwischen der Automatik und manuellen Vorgabe umschalten kann und nicht pokern muss, welche Einstellung "gewinnt".

Belichtungsreihen nimmt die D5600 mit maximal drei Bildern auf, wobei man die Abstufungen zwischen 1/3 und 2 EV fein wählen kann. Wer gerne HDR-Aufnahmen anfertigt, kann diese gleich von der Kamera erstellen lassen, die dafür zwei Fotos aufnimmt und automatisch verrechnet. Wie stark der HDR-Effekt ausfallen soll, kann man vorgeben oder die Wahl der Automatik überlassen. Keinen echten HDR-Effekt, wohl aber eine Bildverbesserung bei harten Kontrasten bietet die Active-D-Lighting-Funktion, die in wählbaren Stufen oder ebenfalls per Automatik die Schatten aufhellt und so mehr Details sichtbar macht.

Die Serienbildfunktion arbeitet mit lediglich fünf Bildern pro Sekunde. Was früher als schnell galt, ist im Zeitalter spiegelloser Systemkameras, die in dieser Klasse teilweise die doppelte Geschwindigkeit erreichen, fast schon langsam. Dabei besitzt die D5600 nur einen kleinen Pufferspeicher, der lediglich 9 Raw- oder 21 JPEG-Aufnahmen fasst. Damit lassen sich in JPEG durchaus einigermaßen lange Serien aufnehmen, zumal man mit schneller Speicherkarte auch bei vollem Puffer noch über vier Serienbilder pro Sekunde erreicht. Nach spätestens 100 Bildern am Stück ist allerdings Schluss, warum auch immer Nikon diese Grenze eingebaut hat. Wer im Rohdatenformat übrigens 14 Bit statt 12 Bit Farbtiefe wählt, muss sich mit vier statt fünf Serienbildern pro Sekunde begnügen. In jedem Fall ist der 39-Punkt-Autofokus in der Lage, mit Hilfe des AF-C einem sich bewegen Motiv problemlos zu folgen.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.