Ultranahdistanz-Laserprojektor mit 4K/UHD-Auflösung

Testbericht: LG HU85LS CineBeam Videoprojektor

Seite 2 von 2, vom 2019-11-18 (Autor: Jan-Markus Rupprecht)Zur Seite 1 wechseln

Als Ultra-Nahdistanz-Projektor ist der HU85LS dafür gebaut, praktisch direkt vor der Wand zu stehen, auf die er projiziert. Bereits bei einem Abstand von der Rückseite seines Gehäuses zur Projektionsfläche von nur 56 mm ergibt sich eine Bilddiagonale von 90 Zoll (2.286 mm), d. h. ein fast 2 Meter breites Bild. Rückt man ihn dann nur wenig weiter von der Wand weg, vergrößert sich das Bild spektakulär. Bei 183 mm sind 120 Zoll Bilddiagonale erreicht, das sind etwas über 3 Meter diagonal bzw. über 2,65 Meter in der Breite. Ein Riesenbild also! Und es ist dabei auch noch sagenhaft hell! Und ganz schön scharf, denn für solche Auflösungen ist 4K ja durchaus gemacht. Da hat man wirklich ruckzuck eine echte Heimkino-Bilddiagonale installiert!

Dabei hat der extrem steile Bildwinkel natürlich auch seine Nachteile. Der extreme Projektionswinkel stellt hohe Qualitätsanforderungen an die Projektionsfläche. Irgendwelche Leinwände, die man bei Bedarf ausrollt, und sich an den Seiten wellen, kann man getrost vergessen. Diese nehmen niemals die perfekte Planlage an, die der Projektionswinkel erfordert. Sich eine riesige feste Leinwand im 120-Zoll-Format an die Wand zu schrauben, mag sicherlich die beste Voraussetzung bieten, läuft aber im Grunde völlig dem Konzept des HU85LS zuwider. Wenn meine Wand schon schreit "Ich bin ein Heimkino!", dann kann ich auch einen Beamer unter die Decke schrauben. Die Idee hinter dem HU85LS ist ja gerade, dass sich alles unauffällig in den Wohnraum einfügt. Meiner persönlichen Meinung nach (die Heimkino-Freaks sehen das sicherlich ganz anders), darf der hochwertige Projektor sehr wohl auf eine Wand projizieren. Natürlich nicht auf eine Raufasertapete oder ähnliches. Und auch bei unserer "Testwand" (im Wohnzimmer des Autors) war die Oberfläche nicht gut genug – da war beim Streichen eindeutig zu viel Farbe auf der flauschigen Farbrolle. Das sieht man dann bei der Ultranahdistanzprojektion in Form eines Wolkenmusters auf der "Leinwand". Wenn die Wand aber perfekt eben geputzt und keine oder eine schön feine Struktur in der Oberfläche hat (Typ "Lackrolle" und nicht Typ "Malerquast"), dann sehe ich keine größeren Probleme. Wer das perfektionieren will, kann die Oberfläche mit spezieller Leinwand-Farbe streichen. So bleibt alles unauffällig und das "Heimkino" kommt erst dann zum Vorschein, wenn die Projektion des Beamers erstrahlt.

Die LG-Werbung suggeriert (bzw. sagt sogar explizit), man könne angesichts der sehr hohen Lichtstärke von 2.700 Lumen auf Verdunklungsvorhänge verzichten. Das ist natürlich nur sehr bedingt zutreffend. Wo Umgebungslicht auf die Projektionsfläche trifft, gibt es kein Schwarz mehr. So einfach ist das leider. Spezielle Hochkontrast-Leinwände verringern diese Lichtanfälligkeit natürlich, aber wie im Absatz zuvor beschrieben, passen fest installierte Leinwände nicht zum Konzept dieses Wohnraum-Ultranahdistanz-Projektors und ausrollbare Leinwände kommen wegen der erforderlichen perfekten Planlage nicht infrage. Es bleiben also nur die angeblich unnötigen Verdunklungsmöglichkeiten, wenn man bei Tageslicht eine Projektion mit gutem Kontrast und Schwarz genießen will. Wenn man normalerweise ohnehin nicht vor Einbruch der Dämmerung vorm "Fernseher" sitzt, stellt sich das Problem ohnehin nicht.

Natürlich lässt sich auch bei vorhandener Raumbeleuchtung mit dem Projektor arbeiten bzw. Fotos und Videos schauen. Man erkennt alles. Wenn es z. B. bei einer Büro-Präsentation nur um die Informationsübermittlung geht oder wenn man tagsüber mal Nachrichten schauen will, dürfen die Vorhänge ruhig offen bleiben. Aber für bestmögliches Schwarz gilt einfach: je weniger Fremdlicht auf die Projektionsfläche fällt, desto besser. Teilweise stört sich sogar das projizierte Bild selbst: Hat dieses sowohl sehr dunkle Bereiche als auch große helle Flächen, dann sorgt das über die helle Zimmerdecke reflektierte Licht dafür, dass die dunklen Bereiche nicht mehr wirklich dunkel sind. Heimkinos, in denen alles außer der Leinwand dunkel gehalten sind, haben eben doch etwas für sich.

Alles in allem ist das Bild, im Rahmen des physikalisch Möglichen, sehr gut. Mit der Lupe bzw. aus unmittelbarer Nähe betrachtet leistet ein Monitor oder Fernseher natürlich noch wesentlich mehr. Aber der LG CineBeam HU85LS punktet mit leuchtenden Farben und einem riesigen Bild, das einfach Spaß macht. Reizt man die 120 Zoll aus, sieht man aus der Nähe durchaus Pixel, dann wird klar, warum es demnächst 8K-Fernseher zu kaufen gibt. Aber aus einem üblichen Betrachtungsabstand sieht man ein scharfes, hochaufgelöstes Bild, das einfach eine Freude ist. Zumal dank HDR auch die Farbübergänge stufenfrei gelingen. Beispielsweise der Vorspann von House of Cards mit den tollen Zeitraffer-Aufnahmen mit dem LG HU85LS in 120 Zoll – das hat was! Da fällt der nach dem Test leider nötige Umstieg auf den 55-Zoll-Fernseher sehr, sehr schwer!

Auch Fotos in 4K-Auflösung anschauen, ist in 90 bis 120 Zoll natürlich enorm beeindruckend. Bei einer solchen Größe kann man sich auch aus gebührendem Abstand noch über die hohe Auflösung freuen. Als Bildschirmschoner sind schon einige hochauflösende Fotos fest im Gerät installiert. Eigene Fotos können von externen Zuspielern eingespielt werden (siehe unsere Fototipp-Serie "Fotos auf 4K-Fernsehern") oder kommen schlicht und einfach vom eingesteckten USB-Stick. Neben zwei normalen USB-A-Buchsen hat der LG HU85LS sogar schon eine moderne USB-C-Buchse. Drahtlos oder per Netzwerkkabel lassen sich zudem DLNA-Server anzapfen. Das funktioniert auch völlig problemlos, aber systembedingt wählt man zunächst "Foto" oder "Video" und dann das Medium, das man abspielen möchte. Beides kann man natürlich durchblättern, aber halt nicht gemischt. Die Wiedergabe erfolgt dabei auch per DLNA in hoher Auflösung.

Ganz einfach geht auch die direkte Wiedergabe von USB-Sticks. Der LG-Projektor hat einen eingebauten Medienplayer, der sehr schnell arbeitet und auch unbearbeitete Fotos direkt aus der Kamera in guter Qualität für die Vollbild-Anzeige skaliert und 4K-Videos vom Stick problemlos und Verzögerungsfrei wiedergibt. Fotos können auch gezoomt werden, etwas umständlich, aber dafür kann der Bildausschnitt verändert werden. Der Übergang von einem Foto zum nächsten erfolgt jeweils über eine ansehnliche Dunkelblende. Auch eine automatische Dia-Schau mit Fotos ist möglich, die Bildwechselzeit kann auf "schnell", "mittel" oder "langsam" eingestellt werden.

Aber all dies funktioniert für den Dia-Abend nicht, wenn die Materialsammlung auf dem Stick sowohl Fotos als auch Videos umfasst: Beide Medientypen werden nur getrennt voneinander wiedergegeben. Startet man die Präsentation mit einem Foto, kann man mit den Links/Rechts-Taste der Fernbedienung zwischen allen Fotos wechseln, überspringt dabei aber alle Videos. Umgekehrt kann man die Videos nacheinander anschauen, überspringt dann aber die Fotos. Auch die automatische Diaschau zeigt ausschließlich Fotos an. Das ist natürlich völliger Mist, außer man will wirklich ausschließlich Fotos oder ausschließlich Videos zeigen. Wer eine gemischte Diaschau aus Fotos und Videos zeigen will, muss also externe Zuspieler per HDMI anschließen.

Noch kurz zur Fernbedienung. Diese folgt, wie schon erwähnt, einem ganz anderem Designkonzept als der Projektor. Sie ist aber durchaus hochwertig. Nimmt man sie in die Hand, geht automatisch die Tastenbeleuchtung an. Die braucht man auch, denn die Fernbedienung ist mit Tasten reichlich bestückt und blind erfühlen lassen sich diese nicht. Das meiste lässt sich mit den Cursortasten bewerkstelligen, deren mittlere als Rollrad ausgeführt ist, ohne dass sich dessen Mehrwert erschließt. Sehr viele der Tasten braucht man bei der europäischen Version des Projektors, die ja keinen TV-Tuner hat, eigentlich gar nicht. Aber die Fernbedienung hat oben rechts eine Taste "Set-Top-Box" und kann damit auch als programmierbare Fernbedienung genutzt werden und dann braucht man die vielen Tasten eben doch.

Zusätzlich gibt es eine Mikrofon-Taste für eine Sprachsteuerung der webOS-Oberfläche und die ganze Fernbedienung wird innerhalb der webOS-Oberfläche zur virtuellen Maus, d. h. man kann – unterstützt durch einen dicken Roten "Klecks" auf der projizierten Oberfläche – mit der Fernbedienung auf die Schaltfläche zeigen und mit der Roll-Drück-Taste "auslösen". Ein nettes Gimmick, das aber im Grunde niemand braucht, denn natürlich ist die webOS-Oberfläche so gestaltet, dass sie sich genauso gut (bzw. eigentlich sogar besser) mit einfachen Richtungstasten bedienen lässt. Dasselbe gilt für alle Apps, die natürlich genau wie bei Android-TV davon ausgehen, dass man nur Richtungstasten und eine Enter-Taste hat. Aber wer immer schon mal Netflix mit einer Maus bedienen wollte, bitteschön, mit der LG-Fernbedienung geht es.

Fazit

Ultranahdistanz-Projektion stellt sehr hohe Anforderungen an die Projektionsfläche. Der LG HU85LS will aber eigentlich nicht im dunklen Heimkino-Kellerraum verschwinden, sondern sich unauffällig in normale Wohnumgebungen einfügen. Kann er auf eine völlig ebene, glatt geputzte und fein gerollte Wand projizieren, verblüfft der HU85LS aus kürzester Entfernung mit einem riesigen, sehr hellen Bild und kräftigen Farben. Das Bild wird begleitet mit durchaus brauchbarem Ton, wenn auch ohne "Wumms" und ohne wirkliches Stereo (Zusatzlautsprecher können auf vielfältige Weise verbunden werden). Extrem einfach und innerhalb von wenigen Minuten erfolgt die Inbetriebnahme. Auch die Bedienung kann gefallen. LGs SmartTV webOS 4.5 ist eingebaut, sodass dem Kino- oder Dia-Abend direkt "out of the Box" per Netflix, Amazon Prime Video oder diversen Mediatheken auch ohne externe Zuspieler nichts im Wege steht. Damit eignet sich das mit 12 kg nicht gerade leichte Gerät durchaus auch für den Einsatz an wechselnden Orten. Ein Stromanschluss plus WLAN oder ein USB-Stick mit Medien reichen.

Kurzbewertung

  • riesige Bildgröße von 90 bis 120 Zoll schon bei geringem Wandabstand
  • sehr helles Bild mit natürlichen, leuchtenden Farben
  • sehr gefällges, wohnraumgeeignetes Design
  • brauchbarer Ton aus den internen Lautsprechern
  • sehr einfache Installation und Inbetiebnahme
  • stellt sehr hohe Ansprüche an die Projektionsfläche

Artikel-Vorschläge der Redaktion

Autor

Jan-Markus Rupprecht

Jan-Markus Rupprecht, 59, fotografiert mit Digitalkameras seit 1995, zunächst beruflich für die Technische Dokumentation. Aus Begeisterung für die damals neue Technik gründete er 1997 digitalkamera.de, das Online-Portal zur Digitalfotografie, von dem er bis heute Chefredakteur und Herausgeber ist. 2013 startete er digitalEyes.de als weiteres Online-Magazin, das den Bogen der digitalen Bildaufzeichnung noch weiter spannt.