Rückblende
Canon vs. Nikon (Teil 6) – langsam und laut – frühe Autofokussysteme
2009-05-19 Mit einem Paukenschlag wurde diese weltweit erste Autofokus Spiegelreflex-Kamera 1985 in einer großangelegten Werbekampagne vorgestellt und ist sicherlich ein Meilenstein in der Kamerageschichte. Versuche mit Autofokussystemen gab es schon in der Zeit davor bei vielen anderen Firmen, aber sie waren zunächst nur erfolgreich bei Kompaktkameras ohne Wechseloptik. Der Ruhm für die weltweit erste Kleinbildkamera mit automatischer Scharfstellung gebührt Konica - die C35AF von 1978 verwendete das von Honeywell entwickelte Visitronic Modul. (Harald Schwarzer)
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Es arbeitet nach dem Phasenkontrastsystem mit CdS Detektor Zellen; wegen der geringen Lichtempfindlichkeit war die Anwendung zunächst auf gute Lichtverhältnisse beschränkt.
„Die Befreiung der Phantasie von den Fessel der Technik. Willkommen in der Neuzeit der Spiegelreflex-Fotografie. Die Mikro-Elektronik übernimmt jetzt alle technischen Arbeiten wie Messen und Denken, also das Auseinandersetzen des Verstandes mit der Kamera. Endlich kann sich deshalb Ihre schöpferische Spontanität beim Fotografieren sofort entfalten. Denn MINOLTA befreit jetzt die Phantasie von den Fesseln der Technik: durch eine Spiegelreflex-Kamera von ungeahnter Dimension, die Minolta 7000."
Unterschiedliche Entwicklungsziele gab es anscheinend bei Canon und Nikon; während die ersten den Consumer Markt im Blick hatten, konzentrierte sich Nikon auf die Belange der Profis. So gab es schon Anfang der 1980er Jahre im Canon Zubehörprogramm eines der populärsten und preiswertesten Vario-Objektive mit einer Autofocus-Einrichtung - das FD 1:4/35-70 mm. „Der Fokussiervorgang selbst beschränkt sich darauf, das bildwichtigste Detail in die Suchermitte zu rücken und einen Knopf am Objektiv zu drücken. Auf Wunsch bestätigt ein akustisches Signal die Scharfeinstellung - und schon sind Sie schussbereit." hieß es dazu im Prospekt. Anders als bei dem Honeywell System verwendeten die Canon Entwickler CCD Chips als Sensoren und nannten das Ganze SST (Solid State Triangulation) Methode. Die Erfassung der Objektdaten kam ohne bewegliche Teile aus und erfolgte über zwei feste Spiegel; die CCD Sensoren garantierten einen hohen Dynamikbereich und erlaubten die Fokussierung auch bei schlechten Lichtverhältnissen. Der Mikrocomputer, der den Motorantrieb des Fokusringes steuert, sitzt auch im Objektiv. Die Stromversorgung des 600 g schweren Objektivs erfolgt über zwei AA-Batterien und das akustische Fokus-Bestätigungssignal kann bei Bedarf ausgeschaltet werden. Es wurden nur geringe Stückzahlen hergestellt, denn ein Markterfolg wurde dieses klobige Objektiv, das für die Kameras der A-Serie angeboten wurde, nicht. Das gilt auch für das Nachfolgemodell T80, das mit drei speziellen Autofokus Objektiven lieferbar war. Die gesamte Stromversorgung (4x AA-Batterien) ist dabei in der Kamera integriert und der Empfindlichkeitsbereich des nun nach dem TTL-Prinzip funktionierenden Autofokussystems liegt bei im Bereich von EV 4 - 18. Die Optiken haben FD-Bajonett und wurden als AC bezeichnet: AC 50mm f/1.8, AC 35-70mm f/3.5-4.5, und AC 75-200mm f/4.5. Aber 1985 hatte Minolta mit seiner 7000 die Messlatte höher gelegt und so blieb die Canon T80 ein Ladenhüter.
Kontinuität und Austauschbarkeit der Zubehörkomponenten waren für die Nikon Entwickler immer wichtig - und daher basiert die F3AF von 1983 auch auf dem bei Pressefotografen beliebten F3 Gehäuse. D.h. alle Motoren, Objektive, Naheinstellgeräte, usw. passen sowohl an die F3 als auch an die F3AF. Der Unterschied liegt im Sucherprisma - ist ein DX1 Sucher montiert, ist die Kamera autofokustauglich. Wichtig ist allerdings, dass zuvor die Einstellscheibe entfernt wurde, denn beim DX1 ist diese fest mit dem Sucherprisma verbunden. Am Rand befinden sich elektrische Kontakte zur Kommunikation mit einem speziellen AF Objektiv - zwei davon gab es für die F3AF (1:2,8/80 mm und 1:3,5/200 mm). Beide mit eingebautem Fokusmotor und das lange Tele mit ED Glas und Innenfokussierung (IF). Die Stromversorgung übernehmen die beiden AAA-Batterien im Sucherprisma - dort befinden sich auch die optischen und elektronischen Bauteile des TTL-Autofokussystems. Es arbeitet nach dem Phasenkontrastverfahren im Empfindlichkeitsbereich von EV 4 - 20. Ein Strahlenteiler koppelt ein Teil des vom Objekt kommenden Lichtes aus und bringt es zu den Fokusdetektoren, die aus der Abweichung den entsprechenden Fokusweg berechnen und an den Motor im Objektiv übertragen. Durch geeignete Übersetzungsgetriebe wird beim 2,8/80 mm der gesamte Entfernungsbereich von 1 m bis unendlich in 0,6 sec überbrückt. Beim 200er dauert es natürlich länger (1,7 sec), aber zur schnelleren Reaktionszeit lässt sich der Fokusbereich in bestimmten Grenzen voreinstellen (2-5m, 3-10m, 5m - unendlich). Den Schärfestatus zeigen rote Leuchtdioden im Sucher an: leuchten beide Dreiecke auf, ist das Objekt im Fokus; ein rotes Kreuz zeigt an, dass Autofokus unter den gegebenen Bedingungen nicht möglich ist. Werden Standard Wechselobjektive mit AIS-Bajonett benutzt, dienen die Leuchtdioden als Einstellhilfe bei manueller Fokussierung. Eine detaillierte Beschreibung der F3AF findet man auf der englischen Webseite „Photography in Malaysia" (s. weiterführende Links). Dort gibt es auch ein Bild von Nikon's erstem AF-Prototyp zu sehen - das AF Nikkor 1:4,5/80 mm. Entwickelt wurde das 2,7 kg (!) schwere Objektiv 1971; in den Tubus sind die lichtelektrischen Empfänger, die Entfernungsmesseinheit mit Verstärker und der Servomotor integriert. An der Seite gibt es zwei Drehknöpfe - einer dient zur manuellen Fokussierung, ein anderer zur Blendenverstellung. Der optische Aufbau besteht aus 15 Linsen in 9 Gruppen; das Filtergewinde beträgt 82 mm.
Der große Erfolg der Minolta 7000 im Amateurmarkt zwang auch die Wettbewerber zu handeln. Nach dem Misserfolg mit der T80 machte Canon 1987 einen kompletten Neuanfang und brachte das EOS System auf den Markt. Als erster Hersteller von KB Kameras entschied man sich dafür, dass der gesamte Signalaustausch zwischen Kamera und Objektiv vollelektronisch stattfindet. Sowohl der Blendenschließmotor als auch der Fokussiermotor waren in die jeweiligen Objektive eingebaut. Somit können Leistung und Drehmoment dem optischen System angepasst werden. Die Nähe zu den beweglichen Teilen eliminiert Reibungsverluste und Trägheit der Übertragungswege. In die ersten EOS Optiken mit dem neuen EF-Bajonett waren noch konventionelle Gleichstrommotoren eingebaut, die bogenförmig angeordnet waren. Die neuartigen Ultraschallmotoren (USM) blieben zunächst den teureren L-Objektiven vorbehalten. Eine kleine Animation auf der Technikseite des Canon Camera Museum zeigt die Funktionsweise. Im Objektiv befinden sich zwei hochpräzise Metallringe, einer davon ist mit dem Objektivtubus verbunden, der andere mit dem Schneckengang. Ein piezoelektrischer Oszillator erzeugt beim Anlegen einer Spannung Ultraschallschwingungen und versetzt die Ringe in Bewegung. (s. weiterführende Links). Dass die Entscheidung, ein komplett neues System ohne Rückwärtskompatibilität zu entwickeln, richtig war, zeigt der anschließende Siegeszug der Canon EOS Kameras. Nach der EOS 650 folgten die 620, 750, 850 und viele weitere Modelle.
Schon 1986 hatte Nikon seine Autofokus SLR Kamera für den Massenmarkt vorgestellt (F501). Genau wie bei den Minolta Modellen befindet sich der Antriebsmotor für die Fokussierung im Kameragehäuse und nicht im Objektiv. Die mechanische Verstellung des Entfernungsrings wird durch einen Kupplungsstift auf die Getriebewelle im Objektivtubus übertragen. Damit war zwar die Kontinuität des F-Bajonetts gegeben, aber Kritik kam von den Anwendern trotzdem. Die AF-Nikkore der ersten Serie hatten einen viel zu kleinen Fokusring, der das manuelle Scharfstellen fast unmöglich machte. Das notwendige AF-Modul selbst ist im Kameraboden untergebracht und besteht aus 2x48 CCD's. Der Schwingspiegel ist in der Mitte teildurchlässig, sodass dadurch das Licht auf das AF-Modul geleitet werden kann. Die F501 wies - ähnlich wie die T80 von Canon - eine Schärfenachführung auf. Zum Unterschied von Einzel-AF stellt die Kamera - mit gewissen Einschränkungen bei schnellen Bewegungen etc. - die Schärfe ständig nach, sobald der Auslöser leicht gedrückt wird. Ist die Schärfe einwandfrei eingestellt, wird dies durch einen grünen Kreis unterhalb des Sucherbildes angezeigt. Ist eine Autofokus-Einstellung unmöglich, muss der Fotograf nicht auf eine Fokussierhilfe verzichten, denn zwei Pfeile rechts und links von dem dann nicht leuchtenden Kreis zeigen die Richtung an, in welche der Entfernungsring am Objektiv gedreht werden sollte. Ende der 1980er Jahre machte die Entwicklung der AF-Kameras durch die Einführung immer leistungsfähigerer AF-Module rasche Fortschritte; dies führte zu hektischen Modellwechseln. Schon ein Jahr später stellte Nikon die nächste Autofokus-SLR vor - die F401 (mit 200 CCD's). Neu an der Kamera war außerdem die Art der Blendensteuerung. Die Blende wird nun nicht mehr am Objektiv eingestellt, sondern an einem Rad auf der Gehäuseoberseite. Wiederum ein Jahr später gab es dann die F801, die bis 1992 im Programm blieb. Sehr ausführlich und informativ sind dazu die Internetseiten von Hans-Joachim Hauschild (digitalbooks.de)
Objektive mit integriertem Ultraschallmotor gab es bei Nikon erst viel später als beim Mitbewerber Canon; die hießen dann AF-S.
Weiterführende Links:
http://www.canon.com/camera-museum/tech/room/usm.html
http://www.mir.com.my/rb/photography/hardwares/classics/nikonf3ver2/f3afbasic/index.htm
http://www.digitalbooks.de/nikon/systemcd/index.htm?/nikon/systemcd/htm/05/0501___d.htm