Gedanken und Ideen für kleinere Fotohändler in der Covid-19-Zeit
Für Fotohändler (Teil 2): Beratung aus der Ferne, Versand, Bezahlung
2020-04-02 Den Laden einfach nur zusperren und nichts machen, können und wollen sich die meisten Händler nicht leisten. Wenn man den Kunden aber nicht mehr in den Laden bitten kann, auf welchem Wege berät man dann komplexe technische Geräte wie Kameras? Wie versendet man günstig und möglichst so, dass die Ware beim Händler abgeholt wird? Wie kommt man an das Geld, wenn der Kunde nicht im Laden ist? Ein paar Gedanken und Ideen dazu. Hinweis: Dieser Artikel richtet sich speziell an lokale Fachhändler (und nicht an Endkunden). (Jan-Markus Rupprecht)
Die Welt ist in einer Art Schockstarre. Einerseits. Anderseits gibt es Bereiche, die besonders boomen. Damit meine ich nicht Klopapier, Nudeln und Konservendosen, sondern klassische Webcams. Kennen Sie noch die kleinen Dinger, die gefühlt vor Jahren oben auf den Bildschirm gehängt wurden, um damit per Skype Videotelefonate zu führen? Das war bevor jeder ein Smartphone hatte. In den letzten Jahren nutzten und kauften solche Webcams hauptsächlich Gamer, die sich dabei filmen (und live streamen), wie sie Ego-Shooter und anderes spielen. Gar keine ganz kleine Zielgruppe, aber eben auch nicht endlos groß. Alle anderen nutzen die Kameras in ihren Laptops oder Tablet-PCs, die dort meist fest eingebaut sind.
Webcams
Aktuell sind Webcams praktisch ausverkauft. Sie haben sich in Kalenderwoche 11 (das war Mitte März) mit einem Zuwachs von 187,3 Prozent gegenüber der Vorjahreswoche an die Spitze im Zuwachs der deutschen IP-Distribution gesetzt – noch vor Headsets (Kopfhörer mit Mikrofon) und Notebook-Computern, die jetzt auch wegen der Heimarbeit nötig sind. Bei den wenigen Modellen, die es noch gibt, sind die Preise explodiert. War beispielsweise bei der Logitech C925e Webcam am 15.03.2020 der Preis noch bei 55 Euro, liegt das günstigste angeblich sofort lieferbare Angebot heute bei 165 Euro, das nächste dann bei 199 Euro. Die Kameras kaufen derzeit vermutlich nicht Gamer, sondern Personen und Unternehmen, die damit mit stationären PCs Videokonferenzen machen möchten oder die Kameras als (am Kabel) bewegliche Webcams nutzen wollen, z. B. um zu beraten oder eine Handhabung zu zeigen.
Logitech C925e Webcam bei Idealo. [Foto: Idealo, Screenshot: MediaNord]
Preisentwicklung Logitech C925e Webcam vom 2020-01-01 bis 2020-03-31. [Foto: Idealo, Screenshot: MediaNord]
Videotelefonie
Gute Beratung ist das, was den Fotofachhandel auszeichnet. Und der muss nun bei geschlossenen Ladengeschäften andere Wege finden, seine Kunden zu erreichen und mit ihnen in den Dialog zu treten. Fast alle Händler, mit denen wir gesprochen haben, haben zumindest einen Teil ihrer Mannschaft nach wie vor im Geschäft vor Ort und beraten per Telefon oder per E-Mail. Einen Schritt weiter wäre die Beratung mit Bild per Webcam. Dass es die gerade nicht zu kaufen gibt, ist nicht weiter schlimm, denn jeder hat eine in der Tasche: im Smartphone. Der Kunde nutzt auch oft ein Smartphone und so steht einer Videokonferenz eigentlich nichts im Wege. Nur über die zentralen Festnetz-Telefone geht das nicht. Videotelefonate gehen von iPhone zu iPhone am bequemsten mit Bordmitteln. Dort ist Facetime direkt in die Telefon-App integriert und vielen Apple iPhone-Anwendern deshalb vertraut, aber eben auch völlig proprietär (genau wie iMessage, von dem einige iPhone Nutzer denken, das seien SMS).
Alle anderen Lösungen sind immer plattformunabhängig. Am besten fragen Sie Ihren Kunden, welchen Dienst er nutzt bzw. bevorzugt. WhatsApp ist wahrscheinlich bei der Zielgruppe am weitesten verbreitet und bietet auch eine Video-Telefonie-Funktion, ebenso Facebook Messenger. Skype, Google Hangouts, Google Duo, Microsoft Teams und Zoom sind weitere Alternativen. Das Schöne beim Smartphone: Sie haben eine Front- und eine Rückkamera und können jederzeit umschalten. Nach dem ersten Einstieg mit dem Gesicht des Verkäufers im Bild kann dieser auf die Rückkamera umschalten und die Kameras im Laden zeigen und erklären. Dabei fehlt dann irgendwie wahrscheinlich eine Hand. Stative sind im Fotogeschäft sicherlich vorrätig, hoffentlich auch Smartphone-Klemmen fürs Stativ.
Versand
Wenn sich der Kunde dann hoffentlich zum Kauf entschließt, wie kommt die Ware zum Kunden und das Geld zum Händler? Der Versand ergibt meistens ganz normal über einen Paketdienst Sinn. Wenn Sie einer Einkaufsgenossenschaft angehören und diese Streckenlieferung anbietet, können Sie die Ware direkt aus dem Zentrallager an Ihren Kunden liefern lassen. Vielleicht soll aber gerade auch die Ware im Ladengeschäft mal etwas weniger werden, gerade aktuell sollte da vielleicht nicht mehr Kapital gebunden sein als nötig. Also versenden Sie selber. Der normale Weg wäre, eine Paketmarke online zu kaufen und das Paket bei einer DHL-Filiale abzugeben. Es geht jedoch besser: Sie können günstigere Preise bekommen und die Pakete direkt bei sich im bzw. vorm Laden abholen lassen.
Das geht aber nicht über die normale DHL-Website, sondern Sie müssen einen Broker zwischenschalten. Wir nutzen in der Redaktion z. B. für den Rückversand von Testgeräten oft die Firma Checkrobin, ein Unternehmen aus Österreich, das aber genauso gut in Deutschland funktioniert. Checkrobin dient sozusagen als Großhändler zwischen den Paketdiensten und den Geschäftskunden. Es gibt auch einen Privatkunden-Bereich, aber der lohnt sich nicht. Sehr interessant ist aber Checkrobin Business. Dort müssen Sie sich zunächst für den gewerblichen Paketversand registrieren und können dann Pakete erfassen, ähnlich wie Sie es direkt auf den Websites von DHL, DPD usw. machen würden. Sie müssen außer der Adresse beispielsweise die Paketmaße und das Gewicht angeben. Anschließend sucht Checkrobin dann aber nach den entsprechenden Angeboten gängiger Versanddienste für genau dieses Paket raus und Sie bekommen dabei Preise angeboten, die z. T. deutlich unter den normalen Preisen liegen. Sie profitieren quasi von einem Gruppentarif bzw. dem großen Einkaufsvolumen von Checkrobin. Wenn Sie sich dann für den Versand per DHL entscheiden, müssen Sie die Pakete immer noch in einer Filiale einliefern. Nehmen Sie aber z. B. DPD als Paketdienst, dann können Sie die Pakete sogar am nächsten Tag kostenlos bei Ihnen im Laden abholen lassen und zahlen in dem Fall sogar weniger als bei der Abgabe in einem DPD-Paketshop. Hermes ist bei Checkrobin übrigens leider nicht dabei und GLS kann man nur nach vorheriger Vereinbarung nutzen. UPS ist möglich, aber meist deutlich teurer. DHL und DPD sind über Checkrobin aber definitiv sehr interessant. Sie können wertvolle Pakete übrigens auch höher als den Standard-Versicherungswert (500 Euro bei DHL, 520 Euro bei DPD, 750 Euro bei GLS) versichern, das ist jedoch leider ziemlich teuer.
Beim Erstellen von Paketaufklebern über Checkrobin kann man aus mehreren Paketdiensten wählen. [Foto: Checkrobin, Screenshot: MediaNord]
Die Paketgebühren sind über Checkrobin günstiger als wenn man direkt bei den Paketdiensten bucht. [Foto: Checkrobin, Screenshot: MediaNord]
Eine Alternative vor Ort können evtl. auch Kuriere sein, z. B. ein Fahrradkurier. Wir kennen, ehrlich gesagt, deren Tarife nicht, aber gerade bei wertvoller Ware ist auch der versicherte Versand über einen Paketdienst nicht ganz billig. Und vielleicht lässt sich auch die eine oder andere Auslieferung mit einem kleinen Umweg auf dem Nachhauseweg erledigen? Dabei gilt natürlich das Gebot der strikten Kontaktvermeidung. Paketdienste übergeben derzeit die Pakete mehr oder weniger mit spitzen Fingern. Praktisch stellen sie sie irgendwo hin. Das sollten Sie oder Ihr Mitarbeiter ebenfalls so handhaben. Kontaktlose Lieferung ist derzeit erforderlich. Bei den meisten Paketdiensten wird deshalb derzeit auch nichts mehr unterschrieben, bzw. die Fahrer unterschreiben selber. Aber ganz ohne Beleg eine 5.000-Euro-Fotoausrüstung beim Kunden abzugeben ist natürlich auch nicht die beste Idee. Vorschlag: Lassen Sie den Kunden auf einem Lieferschein oder einer Rechnung mit seinem eigenen Kugelschreiber unterschreiben und fotografieren Sie das Dokument. So ähnlich machen es einige Paketdienste auch künftig.
Fernabsatz Wenn Sie aus der Ferne verkaufen, auch mit einem persönlichen Gespräch per Telefon oder Video, und die Ware nicht persönlich übergeben, dann ist das auf jeden Fall Fernabsatz und es gelten die Regeln nach dem Fernabsatzgesetz wie beim normalen Versandhandel. Das heißt, der Kunde hat 14 Tage lang das Recht, den Kauf zu widerrufen. Das wird vermutlich nicht oft vorkommen, denn Sie haben ihn ja gut beraten. Sie könnten das aber positiv mit ins Verkaufsgespräch einbauen: Wenn er nicht zufrieden ist, kann er die Ware zurückgeben. Bitte pfleglich behandeln, nicht "in Betrieb nehmen" (also nicht 2.500 Fotos machen und danach dann nicht zufrieden sein). Aber sonst gern. Sollte, wie gesagt, in der Praxis kein Problem sein.
Bezahlung
Und wie kommen Sie zu Ihrem Geld? Eine SEPA-Überweisung vorab geht immer. Als Sofort-Überweisung kostet diese nur ein paar Cent mehr. Eine reguläre Überweisung ist heutzutage normalerweise auch schon am nächsten Tag auf dem Empfängerkonto zu sehen (manchmal vorgemerkt, aber noch nicht gebucht). Eine gute Alternative ist auch PayPal, das in Deutschland sehr weit verbreitet ist. PayPal funktioniert nicht nur automatisiert in Online-Shops, sondern Sie können auch manuell eine Geldanforderung senden oder sogar innerhalb von PayPal eine Rechnung erstellen. Das alles funktioniert übrigens auch sehr gut mobil, es gibt entsprechende PayPal-Business Apps für Smartphones. Bei geschäftlichen Zahlungen über PayPal fallen für den Händler Gebühren an, etwa so wie bei Kreditkartenzahlungen, die sich bei PayPal aus einer Transaktionsgebühr und einer prozentuale Gebühr zusammensetzt. Nutzen Sie diesen Thema vielleicht, wenn Ihr Kunde beim Preis verhandeln will. In einem solche Fall wäre dann im Gegenzug eine Sepa-Überweisung nett (also quasi Vorkasse), bei der keine nennenswerten Gebühren anfallen.
PayPal war eine zeitlang unter dem Dach von eBay, dort Pflichtzahlungsmittel, und ist seitdem bei Endkunden weit verbreitet. [Foto: PayPal, Screenshot: MediaNord]
Die Gebühren von PayPal sind transparent für jedermann sichtbar. Bis 2.000 Euro Umsatz pro Monat beispielsweise fallen 2,49 % + 0,35 € pro Transaktion an. [Foto: PayPal, Screenshot: MediaNord]
Haben Sie Ideen oder Vorschläge, die wir hier ergänzen sollten? Oder generelle Anmerkungen? Dann schreiben Sie mir (Jan-Markus Rupprecht) an jmr@medianord.de.