Rückblende

Rollei d-metric – digitales Werkzeug für Polizei- und Vermessungsaufgaben

2009-08-18 Die stabile Konstruktion (z.B. der aus dem Vollen gefräste Spiegelkasten) und die feste Verbindung von Objektiv und Gehäuse machten die Rollei Kameras der d-flex Serie, die im Laufe des Jahres 2000 auf den Markt kamen, auch für Fotografen aus dem Bereich Mess- und Registrierwesen interessant. Nachstehende Bilder zeigen o.g. Komponente im Detail; Bildsensor, Objektiv und Sucher bilden eine komplette Baugruppe. Diese wurde unter Reinraumbedingungen montiert und fertig justiert an Rollei geliefert. Hinter der metallischen Abdeckung auf der Rückseite befindet sich der Aufnahmechip. Das Kameragehäuse selber dient lediglich als „Verpackung" für die weiteren Leiterplatten.  (Harald Schwarzer)

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Viel Platz nimmt auf der - von vorne gesehen - linken Seite das Batteriefach ein. Immerhin benötigen die d-flex Kameras 6 AA Batterien oder Akkus. Beim Vergleich mit einer funktionstüchtigen Kamera erkennt man deutlich wie klein eigentlich das Objektiv ist. Denn der Bildkreis brauchte ja „nur" eine Sensorfläche von 6,9 x 8,9 mm auszuleuchten. Im Demomodell nicht zu sehen sind die konzentrisch um das Objektiv angeordneten Mikromotoren für die Brennweitenverstellung und die Fokussierung. Die für digitale Anwendungen gerechneten D-Apogon Optiken waren seinerzeit die Objektive mit der geringsten Verzeichnung. Das Auflösungsvermögen wurde schon damals für den zu erwartenden 5,0 Megapixel Sensor gerechnet. Auch das prädestinierte die d-flex Kameras für den Einsatz in Wissenschaft und Technik.

Innenansicht Gehäuse (Foto: Harald Schwarzer)

Foto: Harald Schwarzerd507 metric (Foto: Rollei)

Die d7 metric mit 1:2,8 / 7 mm D-Apogon HFT ergänzte ab 2001 das Programm der Rollei Fototechnic GmbH und kam auch in der fotografischen Beweisaufnahme (z.B. bei Verkehrsunfällen) zum Einsatz. Das war nicht immer so, denn lange Zeit wurden Digitalfotos wegen der Manipulationsmöglichkeiten bei Gericht nicht anerkannt. Regelmäßig veranstaltete Rollei mehrtägige Workshops bei den Landespolizei-Dienststellen und bekam durchweg positive Resonanzen.

So berichtete z.B. die Stadtpolizei Zürich über ihre Erfahrungen mit den d-flex Kameras: „Zum Einsatz in der Rechtsmedizin kommt dabei eine d30 metric. Die beiden Endpositionen des Zoom Bereiches (10 mm und 30 mm) werden kalibriert. Die erste Position ist so eingestellt, dass ein Objekt in der Größe des Kopfes oder eines Brustbereiches abgebildet werden kann. Die zweite Stellung ist für den Nahbereich kalibriert. Damit lassen sich Verletzungen (bis ca. 10x10 cm Ausdehnung) bildlich erfassen. Zur Ausleuchtung genügt der eingebaute Blitz. Ein Gewaltopfer hat Schürfwunden am Kopf - ein bereits vorliegendes Schuhsohlenprofil des potentiellen Täters soll mit den Schürfwunden an einem Modellkopf abgeglichen werden. Für die spätere Auswertung mittels Computer braucht es Referenzpunkte (Marker) um und auf dem Objekt. Zudem muss mindestens eine exakt ausgemessene Distanz - die Referenzmessstrecke - im Bereich des Objektes bekannt sein. Marker können objekteigene Punkte sein (z.B. Blutspritzer, Hautunreinheiten etc.). Fehlen solche klar erkennbaren natürlichen Referenzpunkte müssen durch Aufzeichnen von Kreuzen welche angebracht werden."

Nun erfolgen zwei Fotoserien mit je 9 Aufnahmen (3 von oben, 3 von der Seite, 3 drei von unterhalb). Wichtig ist dabei, dass die Kameraposition unverändert bleibt. Die erste Fotoserie nimmt das Objekt mit den Markern und dem Referenzmaßstab auf. Dabei ist der Blitz eingeschaltet. Für die zweite Fotoserie wird eine Folie mit einem nummerierten Punktefeld auf das Objekt projiziert und es werden wieder neun Aufnahmen - nun ohne Blitz - gemacht. Da die Rollei d-flex Kameras über eine eingebaute SCSI Schnittstelle verfügen können alle Einstellungen direkt am Computer kontrolliert werden - Live View heißt das heute bei vielen digitalen Spiegelreflexkameras. Die Bilder werden im Rohdatenformat (RDC) gespeichert und können nun im Computer überlagert werden. Mit Hilfe eines entsprechenden Softwareprogramms ist auch eine Darstellung als 3D-Datenmodell möglich. Somit lässt sich die Verwundung in jeder nur denkbaren Ansicht mit einem mutmaßlichen Tatwerkzeug (in diesem Falle mit der Schuhsohle) im virtuellen Raum auf Passgenauigkeit überprüfen. Gelobt wurden von den Kollegen in Zürich besonders die einfache Handhabung der Rollei Kamera vor allem für ungeübte Fotografen und die Abspeicherung im RDC Format, denn dieses kann vom Anwender nicht verändert werden und kommt somit einem Negativ gleich.

Eine andere Anwendung der d-flex Kamera ist ihr Einsatz im Erkennungsdienst der Polizei. Diesmal ist es keine metric Variante sondern ein Standard d30 flex in Kombination mit einer speziellen Auswertungssoftware.

 In einer Kooperation zwischen dem Landeskriminalamt in Sachsen und der Firma Rollei Fototechnic GmbH wurde ein erkennungsdienstliches, digitales Aufnahmesystem entwickelt. Dieses System verfügt über eine, den Anforderungen im Erkennungsdienst angepasste Software, zur erkennungsdienstlichen Erfassung von Personen bzw. Bildern. Zur Fernsteuerung und Direktübertragung von Daten besitzt die Rollei d30 flex ED eine SCSI Schnittstelle zum Anschluss an handelsübliche PCs. Dank des implementierten Live-Bildes lässt sich die erkennungsdienstliche Behandlung bequem vom Rechner aus bearbeiten.

 Für den Einsatz im Erkennungsdienst stehen drei verschiedene Aufnahmemodi zur Verfügung. Es besteht die Wahl zwischen dem klassischen Profilbild in drei Ansichten - von Vorne, von der Seite und im Dreiviertel-Profil -, dem Ganzkörperbild und dem Spezialbild. Dank spezieller Software-Funktionen werden die Datensätze automatisch mit allen relevanten Informationen versehen und abgespeichert. Bei landesweiter Vernetzung liegen die so erhobenen ED Datensätze innerhalb von 15 Sekunden jeglichen Polizeidienststellen vor. Durch einen mitgelieferten Blitzadapter lässt sich die Rollei d30 flex ED problemlos an vorhandene Blitzanlagen anbinden. Ferner lassen sich während einer einmaligen Kalibrierung die Parameter der Kamera an die Örtlichkeiten des jeweiligen ED Raumes anpassen, so dass eine einheitliche Bildqualität gewährleistet werden kann.

 Seit Anfang 2002 hat das Land Sachsen sämtliche ED Dienststellen mit dem System aus­gestattet. In Nordrhein- Westfalen wurde die Bilderfassung seit Mai 2002 zusammen mit einer Webanwendung erprobt.

Eine weitere interessante Anwendung entstand vor ein paar Jahren in der Zusammenarbeit von Rollei mit TechnoTeam Bildverarbeitung GmbH in Ilmenau. Dabei kam es insbesondere auf die spektrale Genauigkeit des Bildsensors an. Die ortsaufgelöste Erfassung von Lichtquellen und beleuchteten Situationen wird immer wichtiger. Die komplexe Beurteilung beleuchteter Szenen erfordert die Kenntnis der Leuchtdichteverteilung im gesamten Sehfeld oder zumindest in vielen ausgewählten Teilen des Sehfeldes. Entsprechende Messaufgaben sind mit einer punktuell arbeitenden Messtechnik nur sehr zeitaufwändig, in einem groben Raster oder gar nicht zu bewältigen. Hier sind durch die Entwicklung von ortsauflösenden Strahlungsempfängern, insbesondere von CCD - Matrixkameras, Möglichkeiten geschaffen worden, die Erfassung von Sichtbarkeitsverhältnissen im nächtlichen Straßenverkehr, Immissionsbewertungen von Blendquellen, die Ermittlung von Kontrasten in Beleuchtungssituationen am Arbeitsplatz oder an Lichtquellen selbst (z.B. Lampen/Leuchten, Displays, Nachtdesign, Anzeigeelemente) durchzuführen. TechnoTeam listet die Vorteile wie folgt auf:

  • Komplexe Beurteilung leuchtender und beleuchteter Szenen anhand der Aufnahme einer bildaufgelösten Leuchtdichteverteilung
  • Gleichzeitige Erfassung vieler zusammenhängender Messdaten
  • Leuchtdichtedaten in verschiedenen Formaten
  • Einfache Handhabung in der Analyse der Daten
  • Statistische Daten zur Verwendung in Kalkulationsprogrammen (z.B. EXCEL®, MatLAB®, LabVIEW®)

Neben der fest installierten Aufnahmeeinheit im Labor wird auch eine „LMK mobile" Kamera angeboten (LMK = Lichtmesskamera). Das war zu Anfang noch eine Rollei d30 flex. Auf seiner Internetseite gibt das Unternehmen immerhin etwa 100 verkaufte Kameras an. Heute bietet das Unternehmen eine „LMK mobile advanced" an, die auf einer handelsüblichen Canon DSLR (EOS 450D) basiert.

„Google Earth ist ein Glücksfall für unsere Branche" hieß es im Sommer 2005 auf einer internationalen Tagung der Geoinformationsbranche. Rollei Metric hat die stetige Weiterentwicklung von vermessungstechnischen Kamerasystemen vorangetrieben und diese im Weltmarkt etabliert. Besonders der Erfolg im Luftbildbereich hat das amerikanische Unternehmen Trimble veranlasst, die Rollei Metric GmbH im September 2008 zu übernehmen. Im Zuge dieser Übernahme wurde sie als Metric Imaging Department der Trimble Holdings GmbH mit Sitz in Raunheim eingegliedert. Das Metric Imaging Department dient als ein Eckpfeiler der Trimble GeoSpatial Gruppe und wird auch in Zukunft leistungsorientierte Luftbildkameras, wie die AIC und die AOS anbieten. Das bewährte Rollei Metric Portfolio an Luftbildkameras und photogrammetrischen Auswertesystemen für den Nahbereich wird nunmehr unter dem Dach des Vermessungs- und Navigationsspezialist Trimble vertrieben.

 Kurz vor der Übernahme durch Trimble gab das Rollei Metric bekannt, dass keine grauen Kameras mehr hergestellt werden (und vielleicht ebenso wie die digitalen Rückteile aus den 1990er Jahren nun zu Museumsstücken werden). Immerhin waren sie mit fast 8 Jahren Verfügbarkeit die wohl am längsten hergestellte DSLR mit 1,4 Megapixel. In der Pressemitteilung heißt es:

Fortsetzung auf Seite 2
Kommentare

Benjamin Kirchheim 2009-08-20

Vielen Dank für den aufschlussreichen und kurzweiligen Artikel! War sicher viel Arbeit.

Grüße aus dem Glutofen Lübeck

Benjamin Kirchheim

denno 2015-03-12

Wie lässt sich anhand der Seriennummer der Vorbesitzer ausfindig machen?? Gibt es da eine Seriennummer Datenbank?

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