Rückblende

Sigma DP1 – ist der Trendsetter von 2008 immer noch aktuell?

2012-02-22 „DSLRs liefern eine fantastische Bildqualität, sind aber groß, schwer und man nimmt sie nicht überall mit. Insbesondere wenn man das Objektiv mit in Betracht zieht. Dagegen sind kompakte Digitalkameras heutzutage so klein, dass sie problemlos in die Hemdentasche passen. Natürlich hat auch diese Kompaktheit ihren Preis: es geht Einiges der essentiellen, fotografischen Funktionalität verloren. Wird ausschließlich die Kompaktheit und Schnappschusstauglichkeit betrachtet, sind sie zwar grundsätzlich im Vorteil, jedoch für ernsthafte Fotografie eher ungeeignet.  (Harald Schwarzer)

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Gibt es also nur zwei Arten von Digitalkamera: die DSLR für ernsthafte Fotografie und die praktische Kompaktkamera?" fragten im Jahr 2008 die Sigma Marketingleute in ihrem Prospekt für die neue DP1 und erläutern gleich darauf, warum sie damit einen neuen Trend setzen wollen: „Die Vollautomatik einer durchschnittlichen Digitalkamera beinhaltet einen automatischen Blitz. Basierend auf einer Motivanalyse lassen sich so die Aufnahmefehler reduzieren. Sogar die gefürchteten Kameraverwackelungen können durch moderne Technik eliminiert werden. Rauschverminderungssysteme, die sogar bei hohen Empfindlichkeiten das Rauschen fast vollständig unterdrücken, haben in den letzten Jahren große Sprünge gemacht. ... Gleichzeitig haben wir festgestellt, dass all diese Korrekturmechanismen die Bilder etwas flach und leblos wirken lassen."

 

 Sigma's Ziel war es, eine ganz neue kompakte Digitalkamera zu entwickeln. Sie wurde mit einem so großen Aufnahmesensor ausgestattet, wie er auch in DSLR-Kameras zum Einsatz kommt. Im Unterschied dazu handelt es sich hierbei um einen Direktbildsensor in den Abmessungen von 20,7 x 13,8 mm bei einer Pixelgröße von 7,8 micron. Er ist in der Lage ist, das gesamte Licht mit all seinen Farben einzufangen. Entwickelt wurde er vom amerikanischen Unternehmen Foveon, das inzwischen in der Sigma Group aufgegangen ist. Er nutzt die Eigenschaften des Lichtes, dass unterschiedliche Wellenlängen unterschiedlich tief in den Siliziumträger eindringen -> alle Farben werden an jeder Pixelposition festgehalten. Es ist keine nachträgliche Farbinterpolation notwendig und es wird auch kein optischer Tiefpassfilter, der unerwünschte Moiré-Effekte ausschalten soll, verwendet.

Die Angabe der Auflösung sorgte schon zwei Jahre zuvor bei der Ankündigung der Kamera auf der photokina 2006 (!) für kontroverse Diskussionen:

2670 x 1760 effektive Pixel in drei Schichten sind insgesamt 14 Millionen Pixel oder zählen doch nur die ca. 4,7 MP der rot-, grün- oder blauempfindlichen Schicht des Siliziumträgers?

Das fest eingebaute 28mm (KB-äquivalent) Weitwinkelobjektiv ist mit nur einer Lichtstärke von 1:4 ausgestattet.

Aber es dauerte und dauerte, bis es die kleine Sigma endlich zu kaufen gab; digitalkamera.de sprach schon von einer unendlichen Geschichte (s. weiterführende Links)

Im Mai 2008 war es dann soweit - und die ersten Tests der einschlägigen Internetseiten waren eher ernüchternd; so schrieb z.B. dpreview in seinem Fazit:

Great for: Landscape photography in daylight

Not good for: Low light, indoors (social snaps), movies, anything that requires speed

 Die ausführlichen Testergebnisse kann man unter den weiterführenden Links nachlesen.

Pause für Kamera und Fotografen - aufgenommen mit Nikon FM und Nikkor 2,0/50mm

Meine eigenen Erfahrungen im Januar-Urlaub auf Gran Canaria waren ähnlich - die wechselnden Lichtverhältnisse der Berglandschaft im Innern der Insel hat der Foveon Sensor sehr gut aufgezeichnet; und auch die starken Kontraste im Morgen- oder Abendlicht am Strand bereiteten ihm keine Probleme. Aber für Schnappschüsse oder unbeschertes Fotografieren für Reiseerinnerungen ist die Kamera viel zu langsam. Meine DP1 ist ausgestattet mit optischen Aufstecksucher und der optionalen Gegenlichtblende. Beides hat sich aus unterschiedlichen Gründen bewährt - der Sucher ermöglicht die Bildgestaltung auch bei Sonnenlicht, wenn das rückwärtige LC Display kaum zu erkennen ist und die Gegenlichtblende dient als willkommene Stütze für eine entspannte Kamerahaltung. Sie wird am Gehäuse befestigt und schützt so das Objektiv beim Ein- und Ausfahren.

Zur Langsamkeit trägt in erster Linie die Reaktionszeit des Autofokus bei; man kann sie etwas beschleunigen, wenn der AF nicht im Full-Modus (30 cm bis ∞) sondern im Normal-Modus (50 cm bis ∞) arbeitet. Ansonsten hilft nur der Schärfespeicher bei halbgedrücktem Auslöser oder die Umstellung auf komplett manuelles Fokussieren bzw. das Voreinstellen der Entfernung. Dazu wird in der Bedienungsanleitung der Hinweis gegeben, dass die Entfernung am Fokusrad von der tatsächlichen Entfernung abweichen kann. Der eingespiegelte Rahmen des optischen Suchers zeigt etwa 85% des Bildfeldes an.

Opunzien im Tal bei Veneguera

Stausse Ayagaures

Maspalomas Strand

Mandelbaumblüte

Die Hochebene am Roque Nublo

Gasse in El Roque

Getränkebuden am Plaza Santa Catalina in Las Palmas

Nikon FM im Einsatz

Schulklasse aus Telde am Aussichtspunkt La Goleta

Palmenhimmel

In den Folgejahren hat Sigma die DP1 immer wieder ein bisschen verändert, aber es waren nur Kleinigkeiten, die das Handling verbesserten. Es betraf zum einen die Einführung einer „Quick Search" (QS) Funktion, die den Zugriff auf Einstellparameter wie ISO, Messmethode, Weißabgleich u.ä. ohne Aufrufen im Menü erlaubt, und zum anderen die zusätzliche Kennzeichnung der Tasten. Objektiv und Sensor blieben unverändert, während der Bildprozessor TRUE in der Version II aktualisiert wurde.

 

Jahr

Auflösung

Sensorgröße

Pixelanzahl

LCD

Größe

LCD

Auflösung

Gewicht

Bemerkung

DP1

2008

2670x1760

20,7x13,8 mm

3 x 4,7 MP

2,5 Zoll

230.000

270 g

 

DP1s

2009

2670x1760

20,7x13,8 mm

3 x 4,7 MP

2,5 Zoll

230.000

270 g

QS-Funktion möglich

DP1x

2010

2670x1760

20,7x13,8 mm

3 x 4,7 MP

2,5 Zoll

230.000

270 g

extra QS-Taste, TRUE II Prozessor

QS = Quick Search

Einige Zeit war die Sigma DP1 alleine auf dem Markt, aber nach und nach kamen doch Konkurrenzmodelle hinzu, denn das Konzept einer Kompaktkamera mit großem Sensor hat schon seinen Reiz. So gibt es heute die Sigma DP2 (1:2,8 / 40mm), die Leica X1 (1:2,8 / 36mm) und die Fuji X100 (1:2 / 35mm) mit fest eingebauter Brennweite. Dazu kam Anfang des Jahres die Canon G1X mit fest eingebauter Zoom-Optik (1:2,8-5,8 / 28-112mm). Und auch in einigen der Wechselmodule der Ricoh GXR und in den Sony NEX Modellen mit Wechselobjektiven ist ein APS-C großer Sensor verbaut. Von der Größe her und preislich in einer anderen Liga spielen die Leica M8 / M9 und die Fuji X-Pro 1.

Gebrauchte DP1 Kameras sind heute für ca. 200 € zu bekommen (gilt nicht für die aktuelle DP1x) und die neue Canon G1X kostet 750 € - wenn der Preis für die kürzlich vorgestellte DP1 Merill irgendwo dazwischen liegt, wird auch die Neuauflage dieser außergewöhnliche Kompaktkamera mit nun lichtstärkerem Weitwinkelobjektiv ihre Käufer finden.

 

Jahr

Auflösung

Sensorgröße

Pixelanzahl

LCD

Größe

LCD

Auflösung

Gewicht

Bemerkung

DP1 Merill

2012

4800x3200

24,0x16,0 mm

3 x 15,4 MP

3,0 Zoll

920.000

330 g

neuer Sensor, neues Gehäusedesign, licht-stärkeres Objektiv

Abschließend möchte ich noch die Eingangsfrage aus meiner Sicht beantworten - das minimalistische Design der DP1 ist eigentlich zeitlos und an die umständliche Handhabung ohne „Quick Search" kann man sich gewöhnen. Das Leistungsvermögen des Foveon Sensors und die Bildbearbeitung der RAW Bilder in der Sigma eigenen Software sind für mich völlig ausreichend. Allerdings muss man sich dann (bei der DP1) mit ISO 100 oder 200 begnügen, denn höhere Empfindlichkeiten rauschen doch zu stark. Das geringe Gewicht von unter 300g erlaubt es, die Kamera immer und überall hin mitzunehmen; aber der Bildwinkel der 28mm Weitwinkel-Brennweite schränkt den Gestaltungsspielraum für Reisefotografie schon ein. Ob es jemals eine DP3 mit Zoom- oder Wechseloptik geben wird, wage ich zu bezweifeln.

Weiterführende Links:

http://www.digitalkamera.de/Meldung/Sigma_DP1_verzoegert_sich_auf_unbestimmte_Zeit/4464.aspx

http://www.dpreview.com/reviews/sigmadp1/

 

Kommentare

Benjamin Kirchheim 2012-02-22

Tolle Fotos. Und zwischen den Schülern fällst Du fast gar nicht auf ;)

Anonymous 2012-09-18

In der Zahlenreihe steht die 1 am Anfang - ihre Bedeutung bei der Produktbezeichnung kann aber ganz unterschiedlich

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