Randnotizen
Sony Exmor R und die Nachfolgerin der Alpha 700
2009-09-05 Auf der IFA 2009 in Berlin gab es von Sony gleich zwei Imaging-Presse-Veranstaltungen – eine internationale und eine deutsche. Sony brachte der Presse nicht nur die Exmor- und Exmor-R-Technologie anhand der neuen Produkte näher, sondern lieferte auch interessante Erklärungen. Beim Exmor R handelt es sich um einen "umgedrehten" CMOS-Bildsensor, was erstmal einfacher klingt, als es ist. Doch die Sony-Ingenieure haben es geschafft, die Fotodioden über die elektrischen Leitungen zu legen, was die lichtempfindliche Fläche deutlich vergrößert haben soll. (Benjamin Kirchheim)
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Die Produktion der Sensoren ist aufwändiger und teurer als bei herkömmlichen CMOS-Sensoren, wo die elektrischen Leitungen über den Fotodioden liegen. Ich hatte Gelegenheit, die DSC-WX1 auszuprobieren. Bei ISO 800 ist sie besser als übliche Kompaktkameras – aber sie rauscht trotzdem. Dennoch ist die WX1 eine durchaus interessante Kamera, auch wenn es "nur eine Automatikknipse" ist (mehr zu der Kamera später an passenderer Stelle).
Viele Spekulationen im Netz gingen vor Kurzem noch in die Richtung, dass die Alpha 500 und 550 bereits einen Exmor-R-Sensor haben würden. Erst Recht als bekannt wurde, dass sie bis ISO 12.800 gehen. Inzwischen wissen wir es besser. Sony hat lediglich den Exmor-Sensor bzw. die Bildverarbeitung dahinter verbessert. Es konnte ja eigentlich auch nicht angehen, dass ein anderer Hersteller aus dem selben Sensor eine sichtbar bessere Bildqualität heraus holt als Sony. Ich spreche hier von der Alpha 900 und der Nikon D3x. Die Errungenschaften der Exmor-Technologie sind durchaus nicht zu verachten. Normale CCD-Sensoren werden analog ausgelesen, das analoge Signal vom Sensor zum AD-Wandler transportiert und dort digitalisiert. Dieser Weg ist anfällig für Störungen, was das Signal-Rauschverhältnis verschlechtert. Im Exmor-Sensor hat hingegen jede Sensorzeile seinen eigenen AD-Wandler – und zwar direkt auf dem Sensor. Allein das verbessert das Signal – trotz des höheren Rauschens von CMOS gegenüber CCD – ungemein. Als "Nebeneffekt" steigt die Auslesegeschwindigkeit deutlich. (Wo Casio wohl seine Highspeed-Sensoren her hat?) Diese Vorteile bleiben beim Exmor-R-Sensor erhalten, denn er arbeitet genauso.
Dass der Exmor R eine vergrößerte Fotodiodenfläche hat bedeutet nicht, dass nun die gesamte Sensorfläche lichtempfindlich wäre. Noch immer ist zwischen den Fotozellen ein erheblicher Abstand. Allein schon, um ein übermäßiges Überlaufen von Ladungen zur nächsten Fotozelle zu unterbinden. Die Zellen müssen voneinander isoliert sein. Sonst gäbe es übermäßiges Blooming. An besonders kontrastreichen Kanten kennen wir das als Überstrahlungen. Die Photozellen mit einem dünnen, hoch isolierenden Material voneinander zu trennen, wäre sicher ein weiterer Innovationsschritt. Durch den Abstand der Fotozellen sind auch weiterhin Mikrolinsen erforderlich, um das Licht auf die Photozellen zu bündeln. Den Begriff Mikrolinsen sollte man dabei nicht zu wörtlich nehmen. Es handelt sich keineswegs um geschliffene, hochwertige Linsen, sondern lediglich um "Kleckse" ohne besondere optische Güte. Sie erfüllen trotzdem ihren Zweck. Anders als früher sind Mikrolinsen, Bayer-Farbmatrix und Tiefpassfilter direkt auf den Sensor "aufgedampft" und nicht mehr als separat produzierte Einzelschichten speziell aufgeklebt.
Im ersten Moment klingt der Schritt, die Exmor-R-Technologie auf einen APS-C- oder Vollformatsensor zu übertragen, als der nächste logische. Denn auch hier liegt das Gitter der Elektroleitungen über den Fotodioden. Doch anders als bei einem kleineren Sensor belegen die Leitungen anteilig längst nicht so eine große Fläche. Die erste Konsequenz daraus: Exmor R bringt in einer DSLR nicht viel. Das zweite Problem ist die schwierige und damit vor allem teure Fertigung. Der geringe Leistungsgewinn steht in keinem Verhältnis zum Mehrpreis. Das bedeutet nicht, dass es niemals Exmor-R-Sensoren in DSLRs geben wird, aber sicher nicht so bald.
Die Nachfolgerin der Alpha 700 wird also wahrscheinlich ohne Exmor R auskommen müssen. Sie wird aber sicher von anderen Innovationen in der Bildverarbeitung profitieren. Für Sony hat jedoch vor allem erstmal der Massenmarkt Priorität gegenüber dem wesentlich kleineren Markt am semiprofessionellen Kameras wie der Alpha 700. Tatsächlich hat Sony sich weltweit gesehen als Nummer 3 der DSLR-Hersteller etablieren können, auch wenn der Rückstand zu Canon und Nikon, die beide ungefähr gleich auf liegen und sich zunehmend einen härteren Wettbewerb liefern, beachtlich ist. (Der härtere Wettbewerb bringt dem Kunden nur Gutes: Z. B. eine Nikon D40 zum absoluten Kampfpreis, womit Nikon kurzzeitig stückzahlenmäßig an Canon vorbei ziehen konnte oder aber eine Canon 7D, die deutlich innovativer ist als manch andere APS-C-Kamera aus dem Hause Canon zuvor.) Der Massenmarkt ist Sony deshalb sehr wichtig. Mit 5 Modellen unter 1.000 Euro ist der Hersteller da sicher nicht schlecht aufgestellt. Im Profimarkt sieht Sony dagegen – trotz Alpha 900 und nun der 850 – kaum Land. Sony versicherte aber, dass die Käuferschicht einer Alpha-700-Nachfolgerin auch wichtig sei und in naher Zukunft auch bedient wird. Man darf also auf das kommende Jahr gespannt sein. Vielleicht sogar schon den diesjährigen Dezember.