DCTau-Labortests
Test von Farbe und visuellem Bildeindruck / Kommentar zur Artefaktnote
2008-10-23 Gefragt wurde, warum die Rubrik FARBE so selten vorkommt oder hinter welchem Begriff sie sich verstecke und ob es die Rubrik VISUELLER BILDEINDRUCK gäbe. (Anders Uschold)
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Hier eine Antwort auf eine Leserfrage:
Die Rubrik Farbe wird von uns nicht in dem Rahmen getestet, wie er bei anderen Tests oder Zeitschriften manchmal zu sehen ist. Der Grund ist einfach, wir halten es nicht für sinnvoll. Natürlich ist es möglich und es wird von einigen Magazinen auch so praktiziert, mit einer Digitalkamera eine Farbtesttafel zu fotografieren und dann den Farbfehler zwischen den einzelnen Messfeldern und dem Bildergebnis zu berechnen. Das Ergebnis lässt sich sehr anschaulich und auch dekorativ in Form vom DeltaE-Werten, Diagrammen oder Farbraumdarstellungen veröffentlichen. Das Problem ist, diese Ergebnisse zeigen die Leistung der Kamera unter Laborbedingungen unter Normlichtbeleuchtung bei einer definierten Verteilung von verschiedensten Farbfeldern. Sie liefern keine zuverlässige Aussage, wie sich die Kamera ausserhalb eines Labors, fern von Normbeleuchtung und bei einem Motiv z. B. mit Dominanz eines bestimmten Farbbereiches oder unter einer farbstichigen oder dunklen Beleuchtung verhält.
Hintergrund ist folgender:
Die digitalen Bilder einer Kamera passieren drei verschiedene Stufen, in denen der Farbraum und die Tonwertwiedergabe bearbeitet werden. Hier eine vereinfachte Darstellung:
1. Kamerabezogene Bearbeitung
Hier werden u. a. die Rohdaten des Sensors interpoliert, verarbeitet, linearisiert und Korrekturen bezüglich der spektralen Empfindlichkeit der Filtermaske und der Sensorelemente korrigiert. Kurz gesagt, aus den nicht kalibrierten Vorgaben des Sensors wird erstmal ein neutrales, kalibriertes Bild erzeugt.
2. Bildinhaltsbezogene Verarbeitung
Im zweiten Schritt wird das Bild ausführlich analysiert und man versucht herauszufinden, ob es sich wohl um eine Landschaftsaufnahme, ein Portrait, eines Tages- oder Nachtaufnahme oder um ein Bild unter farbstichiger Beleuchtung oder verändertem Farbraum handelt. Auch wird der Kontrast ermittelt und geprüft ob es eine Low-Key oder High-Key Aufnahme sein könnte. In einer internen Datenbank hat der Hersteller seine Präferenzen hinterlegt, wie mit der Belichtung, Farbwiedergabe oder -sättigung bei unterschiedlichsten Szenen umgegangen werden soll. So kann dasselbe Bild aus 1. letztendlich ganz anders aussehen, wenn die Kamera zu der Entscheidung kam, dass es sich um ein Portrait und nicht um eine Landschaft handelte.
3. Bildausgabebezogene Verarbeitung
Viele Kameras hinterlegen diverse Profile in den Dateien oder unterscheiden, ob z.B. eine Datei gespeichert oder direkt an den Drucker geschickt werden soll. Kommuniziert die Kamera mit dem Drucker, so werden die Bilddaten teils individuell nochmal nachbearbeitet, damit sie (aus Sicht des Herstellers) optimal aussehen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass der Labortest einer Farbtafel nur den Anwendern zuverlässig etwas bringt, die mit ihrer Kamera unter den Laborbedingungen Farbtesttafeln fotografieren wollen. Ansonsten sind alle Möglichkeiten offen:
Eine Kamera mit guten Laborergebnissen kann in der Praxis gut sein oder versagen, oder bei Portrait gut sein und bei Landschaft schlecht oder umgekehrt oder bei Sport oder Kunstlicht eigenwillig werden oder auch nicht ... .
Eine Kamera mit schlechten Laborergebnissen kann aber auch überraschend gute Bilder liefern, wenn sie blauen Himmel sieht oder Wolken, oder auch nicht oder oder oder ... .
Wir beschränken uns darauf zu prüfen, ob eine Kamera bei grünfarbstichigem Tageslicht (= sehr schwierige Mischlichtsituation) besser oder schlechter korrigiert und ob sie dann die einzelnen Farbkanäle sauber differenziert oder Farben so übersättigt, dass Mittentöne vernachlässigt werden und intensive Farben an Differenzierbarkeit verlieren. Mehr zu testen ist unserer Sicht nach eher dekorativ als informativ und das ist nicht unsere Philosophie.
Beim visuellen Bildeindruck wird das subjektive Empfinden einer Kameraabstimmung bewertet. DCTau folgt weitgehend den visuellen Wahrnehmungsprinzipien, mehr als die meisten anderen Testverfahren. Dennoch ist eine subjektive Gesamtbewertung keine Komponente eines Labortests und deshalb halten wir diese im Bereich der Anwender mit ihren Bildbesprechungen für deutlich besser aufgehoben.
Wichtig ist es die Artefaktnote nicht mit dem visuellen Bildeindruck zu verwechseln. Die Artefaktnote beschreibt, wie fehlerarm oder fehlerhaft die Digitalisierung feiner Strukturen ist. Generell ist eine saubere Digitalisierung feiner Linien und Strukturen sehr rechenaufwändig, weshalb RAW-Konverter auf Rechnern hier deutlich bessere Arbeit leisten als Kameras. Aber nicht nur die kamerainternen Ressourcen können dafür sorgen, dass feine Strukturen deutlich verfälscht werden. Erlaubt ein Hersteller in der kamerainternen Signalaufbereitung eine hohe kontrastreiche Artefaktrate, so wirkt sich dies bei den meisten Tests positiv auf die Auflösungsmessung aus. Mit der Artefaktrate in DCTau wird also auch bewertet, wieviel Verfälschungen ein Hersteller bei feinen Strukturen zulässt, bevor er Bildstörungen auflösungsmindernd korrigiert.
Schönen Gruß,
Anders Uschold