Rückblende
Vom optischen zum elektronischen Sucher – Teil 2
2013-02-27 Im ersten Teil dieser Serie wurden auch Kameras vorgestellt, die zwei Sucher haben - damit konnte man je nach Umgebung oder Vorliebe aussuchen, welches Hilfsmittel man zur Objektbetrachtung und Bildgestaltung nehmen wollte. Die frühen Kameras waren groß und hatten somit genügend Platz für unterschiedliche Systeme. Ganz anders bei den Kleinstbildkameras, die nach Ende des Zweiten Weltkriegs bei den Amateuren immer beliebter wurden; die Modelle waren hosentaschentauglich und die Filme billig. (Harald Schwarzer)
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Beliebt waren in Japan die so genannten Hit-Kameras - einfache aus Blech gestanzte Teile mit lichtschwacher Optik und Zwei-Zeiten Meniskus Verschluss, in die ein Mini-Rollfilm mit 14x14mm Negativformat eingelegt wurde. Doch es gab auch Modelle mit besserer Ausstattung, d.h. fokussierbares Objektiv, einstellbare Verschlusszeiten und mehrere Blenden. Ein besonderes Highlight ist die Tone von 1948, hergestellt von Toyo Kogaku. Sie hat einen Durchsichtsucher und zusätzlich auf der Oberseite einen Brillantsucher!
Dem schon
seit einiger Zeit beliebten Fernrohrsucher (umgekehrtes Galilei-Prinzip) fehlte
die Möglichkeit einer exakten Bildfeldbegrenzung, da die Ränder nicht scharf
abgebildet wurden. Darüber machte sich der Niederländer Lieuwe Evert Willem van
Albada, der sich viel mit stereoskopischen Verfahren beschäftigte, Gedanken und
meldete 1928 einen Sucher für fotografische Kameras zum Patent an (US
1.678.493). Dabei schlug er unterschiedliche Möglichkeiten vor, einen scharf begrenzten
Fleck oder Rahmen so in den Sucherstrahlengang einzubringen, dass er sich mit
dem Blick auf das Objekt überlagerte.
Sein Vorschlag beschreibt ein
zweiteiliges Suchersystem, dass aus einer planen und einer gekrümmten Seite
besteht. Diese kann entweder aus Scheiben mit unterschiedlichen Durchmessern
gebildet werden oder aus einer halbdurchlässigen Kittfläche bestehen. Die erste
Lösung hat er in Fig.1 bis 4 seiner Patentzeichnung skizziert, die zweite
Lösung in Fig.5 und 6. Eine Variante für einen Einblick von oben zeigt die
Fig.7. In der Praxis durchgesetzt hat sich die Lösung mit der teildurchlässigen
Kittfläche, die einen Hohlspiegel bildet. Die auf der dem Betrachter
zugewandten Seite aufgebrachten Suchermarken liegen dabei im Brennpunkt des Hohlspiegels.
Dem Auge des Betrachters erscheinen diese als in der Entfernung „unendlich"
befindlich.
Im Gegensatz zum Fernrohrsucher wird der Bildwinkel nicht
verkleinert, sondern das Sucherbild erscheint in Originalgröße, oder anders
ausgedrückt die Suchervergrößerung ist 1:1. Für den Betrachter hat dies den
entscheidenden Vorteil, dass er kein Auge zudrücken muss, sondern beim Blick
durch den Sucher beide Augen geöffnet sein können. Van Albada hatte gute
Beziehungen zu Carl Zeiss in Jena und so finden sich die ersten nach ihm
benannten Sucher im Zubehörprogramm für frühe Contax Kameras. Eine schöne
Zusammenstellung unterschiedlicher Modelle findet man auf Webseite der
photographischen Gesellschaft in Malaysia (s. weiterführende Links). Diese
Sucher sind recht groß und benötigen viel Licht, um den eingespiegelten Rahmen
zu beleuchten. Will man sie daher in Kleinbildkameras einbauen, braucht der
komplette Glasklotz viel Platz, wie man z.B. an einer Nikon S3 erkennen kann.
Doch später vereinfachte man das Konzept, indem man den Glaskörper durch eine
einfache Glasplatte mit Rahmen ersetzte und dabei auch eine geringere
Suchervergrößerung als 1:1 in Kauf nahm. Durch die nun zusätzlichen
Glas-/Luftflächen verlor der Sucher auch Einiges an Brillanz. Dennoch wurde dieser
Typ in vielen Kompaktkameras der 1950 - 1970er Jahre eingesetzt.
Die beiden
deutschen Hersteller Zeiss und Leitz haben sich seit Mitte der 1930er Jahre um
die Integration des Entfernungsmessers in den Sucher verdient gemacht. Er
arbeitet nach dem Prinzip des Messdreiecks: von den Endpunkten einer Basis
bekannter Länge werden die Winkel gemessen, unter denen ein bestimmter Punkt
des Motivs (Zielpunkt) erscheint. Ist einer der Messwinkel ein rechter Winkel
bilden die Basislänge und der zweite Messwinkel ein Maß für die Entfernung des
Zielpunktes. Der Entfernungsmesser besitzt zwei Einblicksöffnungen, wobei deren
Abstand die effektive Basislänge bildet; es gilt: je länger desto genauer.
Einer dieser Einblicke ist wie ein normaler Sucher ausgebildet, enthält jedoch
einen aus zwei Prismen zusammen gekitteten Glaswürfel. Die Kittfläche ist wie
beim Albada Sucher teilverspiegelt. Auf diese Fläche wird das vom zweiten
Einblick her kommende Bild des Objekts gespiegelt und kann sich für den
Betrachter mit dem Sucherbild überlagern. Je nach Winkel sind die beiden
Teilbilder verschoben und müssen zur Deckung gebracht werden. Die dafür
erforderliche Verschwenkung des Spiegels oder Prismas am zweiten Einblick ist
das Maß für die richtige Entfernungseinstellung. Die Systeme der Contax und
Schraub-Leicas sind konstruktive Meisterstücke und in ihrer Genauigkeit
unübertroffen. In der Variabilität allerdings war ihnen der japanische
Hersteller Canon voraus, denn schon 1949 mit Einführung der Canon IIB gab es
die verstellbare Suchervergrößerung, zwar noch ohne Bildfeldbegrenzung, aber
immerhin konnte man ein 100er oder 135er Teleobjektiv ohne zusätzlichen
Aufstecksucher verwenden.
Die Idee der Canon Entwickler ist einfach und
wirkungsvoll - in das Suchersystem integriert ist eine um 180 Grad drehbare
Platte, auf der eine konkave und eine konvexe Linse befestigt sind. So gibt es
drei mögliche Positionen. Entweder fällt das Licht zuerst durch die konkave und
danach durch die konvexe Linse - oder umgekehrt. Ist die Platte lediglich um 90
Grad gedreht, befindet sich keine Linse im Strahlengang, und so ergibt sich die
dritte Position.
Die
räumliche Trennung von Suchereinblick und optischer Achse ergibt bei geringen
Aufnahmeabständen eine Parallaxe, d.h. der Bildausschnitt stimmt nicht mit dem
Bild überein, das auf den Film gelangt. Ein Problem, das man bei
Spiegelreflexkameras nicht kennt, aber bei Sucherkameras auf unterschiedliche
Weise lösen kann. Einfache Kameras haben im Sucher entsprechende Marken, die
den Versatz des Bildausschnitts anzeigen. Bei höherwertigen Kameras ist der
Leuchtrahmen selbst beweglich. Das funktioniert natürlich nicht bei einem
Albada Sucher mit fest aufgebrachten Rahmen. Bringt man jedoch den Rahmen auf
einer neben dem Sucher platzierten Glasplatte an und lenkt ihn mittels Prismen
oder Spiegel so um, dass er sich im Strahlengang befindet, kann diese beweglich
ausgeführt sein, um die Parallaxe auszugleichen. Eine vor der Sucherplatte
angebrachte diffuse Abdeckung sorgt für die entsprechende Beleuchtung des Rahmens.
Dieses dritte Fenster findet man so an vielen Messsucherkameras. Derartige
Leuchtrahmensucher gab sogar bei einer Instamatic Kamera - die Nizo 1000 von
Braun hat eine derartige Anordnung. Bei kleineren Kameras ist auch schon mal
das Fenster für den Entfernungsmesser in die diffuse Abdeckung integriert. Und
mehr noch - kombiniert man den Rahmen mit einer Skala für den Belichtungswert
und positioniert die Nadel des Belichtungsmessers entsprechend, kann beides
zusätzlich im Sucher sichtbar sein.
Bei Kameras
mit Wechselobjektiven benötigt man unterschiedliche Leuchtrahmen. Natürlich
kann man alle Leuchtrahmen gleichzeitig im Sucher anzeigen, so wie das bei
vielen einfacheren Amateurkameras gemacht wurde. Aber das ist eher störend im
Sucherbild. Die Leica M3 von 1954 hat dieses Problem sehr elegant gelöst, indem
die Sucherrahmen wechselseitig angezeigt werden. Ist ein Elmar oder Summicron
mit 50 mm Brennweite der angesetzt, wird nur dieser Leuchtrahmen angezeigt.
Wechselt man es gegen ein 90er oder 135er Teleobjektiv aus, erfolgt
automatisch(!) die Zuschaltung der entsprechenden Bildfeldbegrenzung. Das ist
ein Vorteil gegenüber den Wettbewerbsmodellen von Canon und Nikon, bei denen
die Umschaltung von Hand erfolgen muss. So wurde Leica M3 ein Erfolgsmodell und
in viel größeren Stückzahlen verkauft als die Canon 7 oder die Nikon SP, die
ein paar Jahre danach auf den Markt kamen.
Nach dem
Ende von Zeiss Ikon hatte die japanische Firma Kyocera die Namensrechte
übernommen und so gab es 1984 wieder ein Contax Kleinbildkamera - T heißt sie
und ist aus einem hochwertigen Metallgehäuse hergestellt. Das Design stammt von
FA Porsche und - wie es sich für eine Contax gehört - hat sie auch einen
eingebauten Entfernungsmesser. Das Sucherbild ist hell und klar; die Anzeige
der zu erwartenden Belichtungszeit ist auch bei schlechten Lichtverhältnissen
gut zu erkennen, denn anders als der Leuchtrahmen wird sie durch rote LED's
angezeigt. Das war ein Novum für eine Messsucherkamera.
Im nächsten
Teil wird über die Entwicklung der Spiegelreflexsucher berichtet.
Weiterführende
Links:
http://www.mir.com.my/rb/photography/companies/nikon/nikkoresources/RF-Nikkor/Contax_RF/Zeiss-Finders1.htm