DCTau-Labortests
Warum die Labortests in JPEG erfolgen
2009-11-13 Für die Verwengung von JPEGs gibt es zunächst einen ganz einfachen Grund, den ich ausführlicher erläutern werde: RAW ist nur ein halbes Zwischenergebnis, dessen Vergleichbarkeit eher schlechter als bei JPEG ist. Um mal einen Vergleich heran zu ziehen: Ein Menü im Restaurant bewertet man ja auch nicht nach den rohen oder teilverarbeiteten Zutaten, sondern nach dem, was der Koch mit seiner Kunst und den Gewürzen daraus macht. JPEG zeigt, was die Kamerahersteller tatsächlich aus den Bildern machen. Wir wollen das fertige Bild beurteilen, das ist die Philosophie dahinter. (Benjamin Kirchheim)
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Immer mal wieder tritt die Frage auf, in welchem Aufnahmeformat die Kameras denn getestet werden. Die Antwort ist JPEG, was nicht selten – vor allem von Verfechtern des RAW-Formats und Nutzern von DSLRs – zu Kritik führt. Aber die Tests in JPEG haben durchaus ihre Berechtigung, die ich hier einmal – in Absprache mit Anders Uschold – darlegen möchte.
RAW-Daten sind keine reinen Sensorrohdaten, wie einige behaupten, sondern je nach
Hersteller schon kräftig bearbeitet. Teilweise greift z. B. die
Rauschminderung bereits auf dem Sensor ein, um das Signal auf dem
Signalweg nicht weiter zu verfälschen. Man sollte nicht vergessen, dass
der Sensor nicht 100% digital ist, sondern die Bilder zunächst analog
aufgenommen und die Signale erst dann digitalisiert werden. Die
Rauschminderung bzw. Signalverbesserung greift z. T. schon vor dem
eigentlichen Digitalisieren. Ist das Signal erstmal digital, kann ihm
durch die Signalübertragungswege nicht mehr ganz so viel passieren wie
einem analogen Signal, das beim "Transport" immer verändert wird. Das
ist übrigens auch ein Vorteil von CMOS-Sensoren. Man kann schon auf dem
Sensor selbst mehr Schaltkreise unterbringen, um das Signal direkt zu
verarbeiten.
Daraus ergibt sich gleich der erste Punkt, das Rauschen:
Würde
man dieses bei RAW messen und vergleichen, käme nicht nur teilweise ein
stärkeres Rauschen als bei JPEG dabei heraus, sondern die Ergebnisse
wären noch weniger vergleichbar. Die Kameras, die schon das RAW kräftig
entrauschen, würden besser abschneiden als die, wo das Entrauschen erst
später passiert.
Scharfzeichnung, Aufbereitung von Details, Artefakte und Auflösung:
Auch
hier wäre RAW keine gute Vergleichsbasis. Die Auflösung wird erst durch
die Aufbereitung von Details und die Scharfzeichnung richtig
ausgebildet. Würde man unbehandelte RAWs vergleichen, würden einem
teilweise die Ohren schlackern, wie wenig Details die Kameras scheinbar
zeigen würden. Auch die Kompensation von Randunschärfen etc. hätte noch
nicht eingegriffen. Das würde manchem Vollformatverfechter
Tränen in die Augen treiben.
Eingangsdynamik, Tonwertabstimmung, Ausgangsdynamik:
Die
Eingangsdynamik ist durchaus bewertbar, der Rest prinzipbedingt nicht.
Es ist aber eine wesentliche Bildcharakteristik, wie die Tonwerte
abgebildet werden, ob überhaupt alle Tonwerte ausgenutzt werden.
Olympus z. B. nutzt die Schwarzwerte beim Systemkameras nicht, was bei einem RAW-Test nie
heraus kommen würde. Aber auch andere Hersteller gehen zunehmend diesen Trend, dass schwarze Bildpartien "dunkelgrau" wieder gegeben werden.
Komprimierung:
Im Test wird auch die Verteilung der
Komprimierungs- und Auflösungsstufen gemessen. Die fließt zwar nicht in
die Endnote ein, wohl aber in den Textkommentar. Das gibt wichtige
Hinweise, welche Komprimierungsstufen man verwenden kann und wie gut
sie eigentlich sind.
Sicher könnte man einen eigenen RAW-Konverter schreiben. Aber alle
Kameras gleich behandeln, ist dann eben auch nicht gerecht. Nicht
umsonst müssen RAW-Konverter an jede neue Kamera angepasst werden und
teilweise gibt es da durchaus Streit zwischen Kamerahersteller und
RAW-Software-Dritthersteller. Einen Konflikt trugen bspw. Adobe und Panasonic aus. Adobe wollte keine
standardmäßige Korrektur von Rand/Objektivproblemen und Verzeichnung bei der LX3, Panasonic wollte das
unbedingt drin haben und hat es auch im hauseigenen RAW-Konverter. Ein eigener RAW-Konverter schafft also keine
bessere Vergleichsbasis.
Letztlich sollte man auch nicht vergessen, dass selbst bei DSLRs nur
eine kleine Minderheit überhaupt RAW nutzt. Eine Umfrage eines Kameraherstellers unter seinen DSLR-Käufern ergab: Weniger
als 5% nutzen RAW. Der Hersteller fragte sich daraufhin, ob er das
Format streichen könne... Der Ottonormalverbraucher nutzt es nicht und
selbst unter den Profis gibt es Verfechter von JPEG. Schlicht
weil man RAW oft nicht braucht. Ich zähle mich dazu. RAW ist eine nette
Option, wenn man aus bestimmten, meist sehr schwierigen Situationen das
meiste heraus holen möchte. Aber auch das ist nicht mal eben gemacht,
man kann beim RAW-Konvertieren auch viel kaputt machen und erhält
schlechtere Bilder als bei JPEG. Nicht zuletzt ist es eine aufwändige
Arbeit. Man muss eben schon sehr genau wissen, was man tut.
Wer genau
weiß, was er da tut, der weiß auch, dass er aus einem RAW mehr raus
holen kann als aus einem JPEG und der weiß auch genau, wo die Vorteile
liegen. Und derjenige wird eine Kamera sicherlich nicht nur aufgrund
von Testergebnissen kaufen, sondern wegen der Kamerafunktionen, der
Ergonomie, dem Einsatzgebiet, dem Objektivangebot, der Qualität der
Objektive etc. Da ist die Bildqualität, die bei DSLRs sowieso auf einem sehr hohen Niveau ist, nur ein Baustein. Und trotzdem
hilft hier auch ein Vergleich in JPEG, denn die Kamerabildqualität wird bei DCTau immer in Abhängigkeit des Objektivs gemessen. Jeder DCTau-Test ist
nicht nur ein Kameratest, sondern auch ein Objektivtest. Und so findet auch ein RAW-Fotograf in den Tests wichtige Hinweise auf Auflösungsverhalten, Vignettierung, Verzeichnung etc.