Rubrik: Bildbearbeitung
Adobe Photoshop CS6 Weichzeichnergalerie
2012-07-02 Vielseitig steuerbare Weichzeichner in einem Dialog bietet die neue Weichzeichnergalerie in Photoshop CS6. Diese Weichzeichnergalerie simuliert attraktive Kameraunschärfe und der eigentlich vom Objektiv ausgehende Bokeh-Effekt lässt sich vielseitig simulieren. Insgesamt enthält die Weichzeichnergalerie drei Befehle, welche in einem einzigen Dialogfeld bereitstehen. Die Bedienung ist einfach, doch es gibt ein paar Kniffe und Stolperfallen, die Heico Neumeyer in diesem Fototipp aufzeigen möchte, damit man nicht hinein tappt. (Heico Neumeyer)
Drei verschiedene Funktionen stecken in der Weichzeichner-Galerie, man kann sie einzeln oder kombiniert anwenden. Am wichtigsten ist wohl der Befehl "Filter, Weichzeichnungsfilter, Iris-Weichzeichnung": Der Gestalter klickt einen Punkt ins Bild und von diesem Schärfe-Zentrum aus entsteht Unschärfe kreisförmig in alle Richtungen; ein innerer Bereich mit einstellbarer Größe bleibt dabei unverändert scharf. Die "Tilt-Shift"-Funktion erzeugt dagegen zunehmende Unschärfe über die gesamte Dokumentbreite nach oben und unten. Sie eignet sich zum Beispiel für simulierte Makrofotos von Spielzeuglandschaften.
Dazu kommt die "Feld-Weichzeichnung". In diesem Bereich der Weichzeichnergalerie klickt man Schärfe- oder Unschärfe-Punkte ins Bild, ohne dass die Ausdehnung mit Orientierungslinien gesteuert wird. Die für den Unschärfe-Punkt gewählte Weichzeichnung wird nur durch den Wirkungsbereich anderer Unschärfepunkte begrenzt. Um halbwegs saubere Umrisse zu erzeugen, muss man freilich zahlreiche Schärfepunkte mit unterschiedlichen "Weichzeichnen"-Vorgaben anlegen. Wer eine klar umrissene, unscharfe Bildpartie braucht, legt besser einen Kreis oder ein abgerundetes Rechteck mit der "Iris-Weichzeichnung" an. Wird der "Fokus"-Wert gesenkt, zeigt dieser Bildteil schon im Zentrum um den Mittelpunkt herum die gewünschte Unschärfe.
Allerdings: Ganz präzise lassen sich Hauptmotive mit den Werkzeugen der Weichzeichnergalerie nicht auswählen. Hauptmotive mit klaren Konturen wählt man am besten vorab mit dem Schnellauswahlwerkzeug aus, dann wird die Auswahl umgekehrt. Die Auswahl sollte nicht messerscharf sein, eine leichte "Weiche Kante" per "Kante verbessern" liefert ansprechendere Ergebnisse. Zudem bietet die Weichzeichnergalerie den Regler "Auswahlanschnitt": Hohe Werte lassen die Farbtöne des geschützten Hauptmotivs in den weichgezeichneten Bereich überstrahlen. Bei niedrigen Auflösungen und starkem Kontrast an der Auswahlgrenze fällt der Effekt besonders auf. Auswahlumriss und Orientierungslinien sollte man zur besseren Bildbeurteilung mit Strg+H (am Mac wie immer Cmd+H) verbergen.
Das Dialogfeld bietet wie üblich in Photoshop weitere Tastaturbefehle. So gelten die üblichen Tastaturbefehle zum Zoomen, etwa Strg+0 oder Strg+Minustaste. Die Taste P schaltet die Vorschau ab, und das M zeigt die Graustufenmaske an, die Photoshop für die aktuelle Weichzeichnung im Hintergrund erzeugt. Diese Maske kann man auch als Alphakanal speichern. Allerdings lässt sich auf dieser Basis die Filterwirkung nicht wiederholen oder auf andere Bilder übertragen: Man kann keine Vorgaben speichern und die Weichzeichnergalerie nicht änderbar und abschaltbar als Smartfilter verwenden. Die letzte Filteranwendung lässt sich immerhin mit Strg+Alt+F wiederholen.
Der Tilt-Shift-Befehl simuliert komfortabel Miniaturlandschaften. Deutliche Sättigungs- und Kontraststeigerung verstärkt den Eindruck einer Spielzeugwelt. Interessant ist hier der zusätzliche Verzerrungsregler: Hohe positive Werte verzerren den unteren Bildteil leicht strahlenförmig, der Eindruck eines Makroobjektivs an seiner Leistungsgrenze wird so noch verstärkt. Negative Werte erzeugen eine kreisförmige Verformung, und die "Symmetrische Verzerrung" erzeugt den Effekt im unteren wie auch im oberen Bildteil.
Schon länger enthält Photoshop einen Befehl für ansprechende fotografische Unschärfe. Er heißt in CS5 "Tiefenschärfe abmildern" und wurde in CS6 in "Objektivunschärfe" umbenannt. Das komplexe Dialogfeld leitet Entfernungen aus Graustufen im Alphakanal ab und bietet Regler für die Lamellenzahl des simulierten Objektivs; so entstehen Unschärfe-Effekte nach Maß. Allerdings: Dieser Befehl wendet den Bokeh-Effekt generell nur auf die hellsten Bildpunkte an. Das Bild erscheint darum schnell ausgefressen und überbelichtet, am besten verwendet man Motive mit Lichtquellen in dunkler Umgebung, zum Beispiel Stadtaufnahmen bei Nacht.
Deutlich vielseitiger zeigt sich die neue Weichzeichnergalerie: Wahlweise manipuliert der Regler "Bokeh-Lichter" hier nur einen beliebigen Mittelton-Bereich, zum Beispiel die Tonwerte von 160 bis 170 oder von 80 bis 82 (0 ist Schwarz, 255 ist Weiß). So entsteht ein sehr vielseitiges Bokeh mit fast beliebigen Aufnahmen. Je enger der Tonwertbereich, desto weiter kann man die Werte "Bokeh-Lichter" und "Weichzeichnen" anheben. Der Regler "Bokeh-Farbe" macht die Unschärfe-Kreise bunt; das wirkt jedoch höchsten bei künstlichen Lichtquellen akzeptabel, zum Beispiel bei Autoscheinwerfern.
Minimal feiner abgestuft erscheint der Bokeh-Effekt mit der Option "Hohe Qualität". Der Unterschied fällt jedoch höchstens bei ganz genauem Hinsehen auf. Die "Hohe Qualität" braucht jedoch deutlich mehr Zeit für die Vorschau wie auch für die Berechnung des fertigen Bildes, zum Beispiel 17 statt vier Sekunden. Man sollte die Option erst kurz vor dem OK-Klick zuschalten.