Rubrik: Sonstige Tipps
Akku-Ladegeräte mit Intelligenz
2006-07-31 Vorbei sind die Zeiten, als man mit einfachen Formeln wie "Akkukapazität mit Ladefaktor 1,4 (NiCD) bzw. 1,5 (NiMH) multiplizieren und das Ganze durch den Ladestrom des Ladegeräts dividieren" die Ladedauer über den Daumen peilte. Wenn dann das Ladegerät auch noch über eine Entlademöglichkeit verfügte, konnte man sich bereits glücklich schätzen. Digitalkameras haben heute einen höheren Strombedarf, demzufolge müssen nicht nur die Akkus leistungsfähiger sein, sondern sie müssen auch aufwändiger gewartet und geladen werden. (Dr. Bernd Schäbler)
Einfache Faustformeln helfen in Zeiten von sehr empfindlichen Hochleistungs-Akkus, verkürzten Ladezeiten und hohen Ladeströmen nicht weiter: Heute müssen die Ladegeräte mit elektronischen Schaltungen ausgerüstet sein, die den Ladevorgang überwachen und steuern, damit das Laden nicht zum (Ver-)Heizen wird und die Akkus durch übermäßige Wärmeentwicklung zerstört werden. NiCD-Akkus konnte man noch mit einem Ladestrom von 1/10 C (C = Nennkapazität in mAh) zehn und mehr Stunden aufladen, NiMH- oder gar Li-Ion-Zellen würden so nicht sach- und "artgerecht" behandelt. NiMH-Zellen – der Ladestrom sollte ca. 1/3 der Nennkapazität (C) betragen – können in etwa 2,5–3,5 Stunden voll aufgeladen sein, Li-Ion-Akkus – Ladestrom bei 1 C – in ca. 3 Stunden.
Schauen wir uns den typischen Ladevorgang bei NiCD-/NiMH-Zellen an: Etwa 70 % der Ladung werden ganz aufgenommen, der Akku bleibt kühl; erst jenseits dieser Wendemarke steigt der Innenwiderstand der Zellen, sie erwärmen sich, die Ladespannung wird in Wärme transformiert, und es kommt schließlich zu Überhitzung und Gasbildung. Bereits Temperaturen über 50 °C sind prinzipiell schädlich für die Zellen, schlimmstenfalls entweicht Elektrolyt durch ein Notventil. Wenn Ladegeräte mit "Minus Delta U"-Verfahren (-Δ U) auf den Spannungsabfall in der Zelle (ca. 20–30 mV) reagieren und auf Erhaltungsladung (ca. 2,5 % der Nennkapazität bei NiCD-Akkus) umschalten, kann es bereits zu spät sein; solche Akkus können nie mehr die volle Kapazität und Lebensdauer (d. h. das Maximum an Ladezyklen) erreichen. Bei den robusteren NiCD-Zellen mag das "Minus Delta U"-Verfahren noch funktionieren, bei NiMH-Akkus hingegen fällt der "Spannungs-/Gasungsbuckel" recht flach aus, so dass das Ladegerät zu spät auf Spannungsabfall bzw. Überhitzung reagiert und auf Erhaltungsladung umstellt. Hieraus folgt, dass ein Ladegerät eine effizientere Ladetechnik und Überwachung der Zellentemperatur bieten muss.
Besser geeignet sind daher mikroprozessorgesteuerte, intelligente Lade- und Messgeräte, mit denen nahezu alle Akkutypen (Li-Ion-Akkus sind ein Sonderfall, s. u.) geladen, gewartet (formiert), entladen und gemessen werden können. Die Devise lautet: zügig und schonend/kühl laden. Dazu muss durch Einzelschachtüberwachung zunächst sichergestellt werden, dass jede Zelle gemäß ihrem Zustand (Restkapazität) geladen wird, sonst würde z. B. das "schwächste Glied" in der Kette bestimmen, dass der Ladeprozess abgebrochen wird, bevor die anderen Zellen voll geladen sind. Das Ergebnis wäre der bekannte Memory- bzw. Lazy-Battery-Effekt aufgrund der Kristallbildung an der negativen Elektrode, der durch mehrmaliges Entladen/Neuladen wieder beseitigt werden muss. Nebenbei bemerkt, sollten alle Zellen etwa einmal im Monat durch Entladen/Laden (Zyklieren) "wach" gehalten werden; dies beugt der Kristallbildung vor, senkt den Zellen-Innenwiderstand, fördert die Fähigkeit zur Ladungssaufnahme und gleicht durch die Selbstentladung verloren gegangene Energiereserven wieder aus.
Der Ladevorgang in diesen Ladegeräten (eigentlich sind es Lade-, Analyse- und Wartungsstationen) verläuft über mehrere Stufen, wobei die Zellen unter "Beobachtung" stehen. (1) PVD (Peak-Voltage-Detection): Auf die Phase der Ladung mit einem mittleren Ladestrom von ca. 600-700 mAh folgt sofort bei Erreichen des Spannungsgipfels die Phase des "gebremsten" Vollladens mit stark verminderter Spannung (0,1 C), und nach ca. 2 Stunden mit 0,025 C. (2) Im Pulsladeverfahren werden den Zellen unterschiedlich starke Lade- und Entladeimpulse alternierend verabreicht, wobei während der Pausen die Zellenspannung gemessen wird. Dies führt zu einer insgesamt kühleren Ladung bei niedrigem Zelleninnendruck und beugt quasi nebenbei der kapazitätsmindernden Kristallbildung an den Elektroden vor. Etwa 90 % der Ladung kann daher bei diesem Verfahren mit hohen Ladeströmen erfolgen, danach wird mit niedrigerem Ladestrom der Ladevorgang beendet.
Lithium-Ionen-Akkus (Li-Ion) sind gewissermaßen ein Sonderfall, wie der Benutzer sofort bemerkt. Zumeist werden sie mit den jeweils mitgelieferten Ladern in Schwung gehalten. Bietet ein Fremdhersteller ein Li-Ion-Ladegerät oder ein Universalladegerät für alle hier genannten Akkutypen an, muss geprüft werden, ob der Akku über einen dem Gerät beigefügten Adapter überhaupt "anschlussfähig" ist. Li-Ion-Akkus reagieren sehr empfindlich auf Überladung und besitzen eine interne Spannungskontrolle. Bei hohem Ladestrom (1 C) dauert der Ladevorgang insgesamt ca. 3 Stunden und lässt sich auch nicht beschleunigen. Eine Phase der Erhaltungsladung im Anschluss gibt es nicht. Der Akku kann bedenkenlos öfter, wenn nicht in Gebrauch etwa alle 20 Tage, nachgeladen werden; ein Memory-Effekt ist bei Li-Ion-Akkus nicht zu befürchten.
Was sollen Ladegeräte bieten/leisten?