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Analoge Schätze an digitalen Systemkameras am Beispiel Olympus gezeigt
2015-04-06 Wer schon zu analoger Zeit mit einer Spiegelreflexkamera fotografierte, wird noch einige Objektive der alten Ausrüstung im Schrank haben. Damit diese nicht nutzlos verstauben, kann man sie veräußern. Das ist mit meist nur mäßigen Erträgen verbunden, kurz, es lohnt oft nicht. Besser, man verwendet das „Altglas“ weiter, zumal so manche Edellinse zu Unrecht ein Schattendasein fristet. Wer kein Altglas besitzt, wird auf Flohmärkten oder im Internet fündig. Man kann dort für wenig Geld so manches interessante Objektiv ergattern. Anhand der Olympus OM-D E-M1 zeigen wir, wie einfach man Altglas an moderne spiegellose Systemkameras adaptieren kann. (Stefan Meißner)
Den Micro FourThirds OM Adapter MF-2 bietet Olympus für knapp 200 Euro an. [Foto: Olympus]
Mit Hilfe des mechanischen Adapters Olympus MF-2 lassen sich alte Olympus-Objektive mit OM-Anschluss an spiegellose Systemkameras mit Micro-Four-Thirds-Bajonett, hier die OM-D E-M1, anschließen. [Foto: Stefan Meißner]
Wer bereits einen Adapter von OM zu FourThirds besitzt, kann diesen mit Hilfe eines Adapters von FourThirds auf Micro Four Thirds, hier der MMF-3, weiter verwenden. [Foto: Stefan Meißner]
Im Prinzip müssen nur zwei Bedingungen erfüllt sein, damit Objektive aus der analogen Zeit an einer aktuellen Digitalkamera verwendet werden können: Der Bildkreis, für den die Objektive ursprünglich gerechnet wurden, muss mindestens der Größe der Sensordiagonale entsprechen, und das Auflagemaß der Digitalkamera muss ein paar Millimeter kleiner sein, als das der alten Spiegelreflex. Beide Bedingungen werden meist problemlos erfüllt.
Das Auflagemaß ist der freie Abstand zwischen Kamerabajonett und Sensor. Bei Spiegelreflexkameras muss dieser Abstand relativ groß sein, um dem Spiegel Platz zu geben. Bei spiegellosen Systemkameras entfällt diese technische Notwendigkeit Prinzip bedingt und schafft so Raum für einen Adapter, der beide Systeme miteinander verbindet. Grundsätzlich sollte daher jedes Objektiv, das für eine Spiegelreflexkamera konstruiert wurde, an eine Systemkamera ohne Spiegel adaptierbar sein. Spiegellose sind daher die idealen „Altglas-Verwerter“, insbesondere dann, wenn ihr Sensor kleiner ist als das Kleinbildformat (24 x 36 mm), weil alte Objektive vor allem in den Bildecken Schwächen zeigen, die bei kleineren Sensoren „abgeschnitten“ werden. Kameras mit APS-C- oder mFT-Sensor (Micro Four Thirds) sind daher bestens geeignet. Am Markt gibt es unzählige Adapter, mit denen nahezu jede Objektiv-Kamerakombination verbunden werden kann. Leider haben preiswerte Adapter nicht immer die notwendige Qualität. Dazu gehört zum einen eine exakte Passung der Bajonette, die spielfreies und vor allem beschädigungsfreies Anschließen ermöglichen muss. Außerdem muss aber auch der Adapter mit hoher Fertigungsgenauigkeit das notwendige Auflagemaß einhalten. Tut er das nicht, kann es insbesondere bei kurzen Brennweiten zu sichtbaren Unschärfen insbesondere in den Bildecken kommen oder die Scharfeinstellung auf Unendlich ist nicht möglich.
Wir haben sowohl einen billigen China-Adapter für rund 20 Euro als auch original Systemzubehör für den zehnfachen Preis im Einsatz gehabt. Der Unterschied in der Verarbeitungsqualität ist zwar enorm, den Fotos aber sieht man das zumindest bei den langen Brennweiten kaum an. Ausprobiert haben wir das an Kameras von Olympus: den Spiegelreflexkameras E-1 und E-5 und an den Systemkameras Pen E-PM2 und OM-D EM-1. Die Testkandidaten waren die alten OM Zuiko-Objektive 3,5/18 mm, 2,0/28 mm, 1,4/50 mm, 2,0/90 mm Makro und 4,0/200 mm Tele.
Auch mit Hilfe des Olympus MF-2 lässt sich das OM 200 mm F4 an die OM-D E-M1 adaptierten. 400 mm kleinbildäquivalente Brennweite mit fünfachsigem Bildstabilisator können sich trotz manuellem Fokus sehen lassen. [Foto: Stefan Meißner]
Das Olympus OM 200 mm F4 adaptiert mit einem OM-FourThirds- und FourThirds-Micro-Four-Thirds-Adapter ergibt ein gehörig langes Rohr an der OM-D E-M1. Die kleinbildäquivalente Brennweite liegt immerhin bei 400 mm, dank Sensor-Shift sogar bildstabilisiert. [Foto: Stefan Meißner]
Das Olympus OM 90 mm 2.0 Makro liefert mit Hilfe des MF-2 an die OM-D E-M1 adaptiert auch heute noch eine gute Bildqualität, zumal die kleinbildäquivalente Brennweite von 180 Millimeter sich bei einer Lichtstärke von F2,0 sehen lassen kann. [Foto: Stefan Meißner]
Aufgrund der gegenüber Kleinbild halben Sensordiagonalen verändert sich die Bildwirkung der Brennweite um den Faktor zwei. Daher wird schnell klar, dass die kurzen Brennweiten nicht besonders interessant sind. Von dem an der Kleinbildkamera beeindruckend großen Bildwinkel des 18-mm-Objektivs von ca. 100 Grad bleibt an mFt nicht viel mehr als ein moderates Weitwinkel, das 28er mutiert zum Normalobjektiv. Spannender ist da schon das 50er wegen der großen Anfangsöffnung. Ein Objektiv mit F1,4 und der Wirkung eines 100 mm Teleobjektivs lässt einiges bezüglich des Freistellpotentials erwarten. Das ist auch so, allerdings ist die Abbildungsleistung bei offener Blende eher mäßig, so dass für eine ansprechende Schärfe schon ein bis zwei Stufen abgeblendet werden sollte. Bei Porträts aber mag die Schärfe durchaus zufrieden stellen.
Vom Ruf her ausgesprochen attraktiv und immer noch heiß begehrt (und entsprechend teuer) ist das seinerzeit sensationell lichtstarke 90er Makro. Und man wird nicht enttäuscht. Selbst bei Offenblende F2,0 zeichnet die Optik scharf und ist vergleichbar mit aktuellen guten Makroobjektiven. Der Arbeitsabstand zu Bienchen oder Blüten ist perfekt, nur das manuelle Fokussieren will gelernt sein. Erleichtert wird die Arbeit durch die Fokuslupe, die den Bildausschnitt vergrößert und so ein punktgenaues Scharfstellen ermöglicht. Bewegte Objekte allerdings sind damit nahezu ausgeschlossen. Dass man auch mit manuellem Fokus scharfe Tieraufnahmen machen kann, zeigt das 4,0/200er: Es muss nur abgewartet werden, bis das Objekt der Begierde in die Schärfeebene fliegt. Dann steht das an mFT-Kameras verglichen mit Kleinbild immerhin wie ein 400er wirkende Objektiv seinem modernen Pendant kaum nach. Interessant ist es vor allem, weil dieses Objektiv am Gebrauchtmarkt teilweise für unter 50 Euro den Besitzer wechselt, ein Schnäppchen!
Ein Schmetterling, aufgenommen mit dem Olympus OM 90 mm F2 Makro adaptiert an einer OM-D E-M1. [Foto: Stefan Meißner]
Eine Möwe, aufgenommen mit dem Olympus OM 200 mm F4 adaptiert an der Olympus OM-D E-M1. [Foto: Stefan Meißner]
Sogar im Flug ließ sich diese Möwe trotz manuellem Fokus mit dem Olympus OM 200 mm F4 adaptiert an der OM-D E-M1 fotografieren. [Foto: Stefan Meißner]
Erkauft wird diese Altglasverwertung mit dem Zwang zum manuellen Scharfstellen, was aber eigentlich insbesondere älteren Fotografen mit analoger Erfahrung kein Problem bereiten dürfte. Schwerer wiegt da schon der Komfortverlust bei der Blendeneinstellung. Hier heißt es nämlich zurück in die fotografische Steinzeit der Arbeitsblende. Der Ablauf einer Aufnahme ist daher etwas umständlich: Zunächst wird die Blende geöffnet, damit eine möglichst geringe Schärfentiefe das Fokussieren auf den Punkt erleichtert. Das Scharfstellen kann zusätzlich mithilfe der Fokuslupe oder Fokuspeaking erleichtert werden. Bevor der Auslöser gedrückt wird, muss dann noch auf den gewünschten Wert abgeblendet werden. Vorteil der Systemkamera: das Sucherbild wird beim Abblenden nicht dunkler. Dass das Motiv beziehungsweise der Fotograf während dieser Schritte natürlich nicht aus der Schärfe wandern darf, ist selbstverständlich. Dennoch, mit etwas Glück und Erfahrung sind gestochen scharfe Fotos möglich. Viele Makrojäger verwenden ohnehin grundsätzlich ein Stativ und suchen ihre sechs- oder achtbeinige Beute zu Zeiten der Kältestarre, so dass in aller Ruhe für exakte Schärfe gesorgt werden kann.
Einen weiteren Vorteil haben kleine Sensoren dadurch, dass sie nur die scharfe Mitte des Bildfeldes nutzen, was die typischen Randunschärfen mancher Objektive ausblendet. Bei der Belichtungsmessung kann man sich durchaus auf die Zeitautomatik verlassen, die Blende kann mangels elektrischer Kontakte nicht von der Kamera gesteuert werden. Allerdings wird die ESP-Mehrfeldmessung nicht ganz so zuverlässig arbeiten, da die Kamera ja mangels elektronischer Übermittlung keine Kenntnis von der verwendeten Optik oder der eingestellten Entfernung hat. Bei Offenblende führte das bei unseren Versuchen zu moderater Überbelichtung, was aber im Display auf Sicht korrigiert werden kann.
Fazit Altglas macht Spaß! Die Entschleunigung durch bewusstes Einstellen von Schärfe und Blende führt zu neuen Bildergebnissen und obendrein kann so manches Erbstück ein zweites Leben erhalten.