Rubrik: Motive und Situationen
Astrofotografie: Sonne, Mond und Sterne, Teil 1
2006-02-13 Fast jeder, der sich mit Fotografie beschäftigt und der schon einmal unter einem glänzenden Sternenhimmel spazieren gegangen ist, hat den Wunsch verspürt, diesen im Bild festzuhalten. Tatsächlich macht die Digitalfotografie vieles einfacher. Trotzdem erfordert die Astrofotografie, also die Fotografie von Objekten außerhalb der Erdatmosphäre, einen gewissen Hang zur Experimentierfreudigkeit, denn sie ist alles andere als berechenbar. Dies ist der Start in eine lockere Folge mit Fototipps aus der Astrofotografie. (Sven Hunger-Weiland)
Vor
ein paar Jahren noch war die Astrofotografie ein Tummelplatz für echte
Spezialisten. Mit vielen Tricks der analogen Fotografie, wie chemischer
Vorbehandlung des Filmmaterials oder Übereinanderkopieren mehrerer
Aufnahmen, wurden dem schwarzen Nachthimmel Farben und Strukturen
entlockt, die normalerweise nur durch große Teleskope wahrzunehmen sind.
Mittlerweile erreicht die digitale Revolution auch die Amateurastronomen.
Allerdings waren und sind spezielle Astrokameras im Vergleich zu den heute
gebräuchlichen Digitalkameras sehr teuer und wirklich nur für den Gebrauch
am Teleskop geeignet. Doch grundsätzlich sind sowohl Kompaktkameras als
auch digitale Spiegelreflexkameras für den Einsatz am Himmel brauchbar,
sofern einige technische Voraussetzungen erfüllt werden.
Eine erste Grenze setzt vor allem das Rauschverhalten der verwendeten
Chips, denn anders als Sonne und Mond benötigen die Sterne längere
Belichtungszeiten – bis zu mehreren Minuten. An dieser Stelle sei eine
Warnung für diejenigen ausgesprochen, die sich an der Sonne ausprobieren
wollen: Die Sonne darf sowohl visuell als auch per Kamera nur mit
geeigneten Sonnenschutzfiltern betrachtet oder fotografiert werden. Ein
Betrachten per Teleobjektiv oder gar Teleskop führt zu irreparablen
Sehschäden. Und der Chip einer Digitalkamera wird ebenfalls zerstört.
Entsprechende Filter gibt es im Fachhandel. Spezielle Sonnenfilterfolien
(bloß nicht Rettungsfolie verwenden!) und Bauanleitungen für Sonnenfilter
sowie Tipps zur Sonnenbeobachtung können auch über das Internet (siehe
weiterführende Links unten) bezogen werden.
Die
oft sehr kleinen Chips der Kompaktkameras reagieren aufgrund der
Wärmeentwicklung mit mehr oder weniger heftigem Rauschen, vor allem, wenn
sie auf eine höhere Empfindlichkeit eingestellt sind. Versuche lohnen sich
trotzdem, denn jede Kamera reagiert anders, und auch die Witterung spielt
eine Rolle; so ist das Rauschverhalten in einer kalten, klaren Winternacht
wesentlich günstiger als im Hochsommer. Abgesehen davon kann man das
Rauschen auch durch spezielle Software unterdrücken. Im Rauschverhalten
punkten die großen CCD- oder CMOS-Chips der DLSR-Kameras aufgrund ihrer
Größe.
Aus der längeren Belichtungszeit ergibt sich die Notwendigkeit einer
Bulb-Funktion sowie der Einsatz eines Fernauslösers, um Verwacklung zu
vermeiden. Wünschenswert ist die Möglichkeit der Spiegelvorauslösung, da
die Schwingungen der Kamera durch das Klappen des Spiegels bereits zur
Verwacklungsunschärfe führen können. Ein wichtiger Punkt ist auch die
verwendete Optik. Sie sollte über eine vernünftige Abbildungsleistung
verfügen und einigermaßen lichtstark sein, um die Belichtungszeit in
Grenzen zu halten. Auch sollte die Kamera komplett auf manuell
umgeschaltet werden können, denn Autofokus und andere Automatiken versagen
am Himmel.
Hier bieten wieder die DSLR-Kameras Vorteile, denn auf dem Gebrauchtmarkt
sind viele preiswerte, weil ältere Objektive zu haben. Sie verfügen zwar
nicht über Autofokus, Bildstabilisatoren oder dergleichen, kosten aber
selbst bei langen Brennweiten bei gleichzeitig hoher Lichtstärke und guter
Abbildungsqualität nur vergleichsweise wenig. Über Adapter können sie in
der Regel an jede Kamera angebaut werden. Als Beispiel seien die unter
Amateurastronomen als "Russentonnen" bekannten Maskutow-Spiegeloptiken
russischer Bauart mit M42-Schraubgewinde genannt, die für rund 200 EUR
erhältlich sind. Sie werden in zwei Versionen mit den Werten 500 mm/f5,6
oder 1.000 mm/f10 gefertigt. An einer DSLR-Kamera mit APS-C-Sensor werden
daraus schon kleine Teleskope mit 750 beziehungsweise 1.500 mm Brennweite.
Damit sind ohne Weiteres Kollagen über die Mondphasen oder eine
Dokumentation von Sonnenfleckenaktivitäten möglich.
Ohne Teleskop sind je nach Brennweite Belichtungszeiten von bis zu 30
Sekunden möglich. Das reicht beispielsweise aus, um ganze Sternenbilder
mit einem Weitwinkelobjektiv aufnehmen zu können und sich einen kleinen
"Himmelsatlas" zu erstellen. Mit noch längeren Belichtungszeiten
allerdings macht sich die Drehung der Erdkugel bemerkbar – die Sterne
werden als Strichspur nachgezeichnet. Je weiter die Sterne vom Polarstern
entfernt sind, desto länger werden die Spuren.
Wer sich eingehender mit der Sternenfotografie beschäftigen möchte, kommt
um die Anschaffung eines Teleskopes nicht herum. Gute Teleskope müssen
heute keine Unsummen mehr kosten – in den vergangenen Jahren sind die
Preise kräftig gepurzelt. Wer sich zum Kauf entschließt, sollte auf eine
motorische Nachführung in der Montierung achten. Über Halterungen lassen
sich Digitalkameras samt Objektiv "huckepack" anbringen. Das Prinzip ist
einfach: Nachdem die Montierung auf den Himmels-Nordpol ausgerichtet ist,
kann sie die Bewegung der Erde ausgleichen – längere Belichtungszeiten bis
zu zehn Minuten und mehr sind dann theoretisch möglich. Dabei wird ein
"Leitstern" im Okular des Fernrohrs angepeilt und per Handfeinsteuerung
der Motoren mittig gehalten. Mit steigender Brennweite des
Aufnahmeobjektives steigen natürlich die Anforderungen an die Genauigkeit
der Aufstellung und der Nachführung. Wer über das nötige Equipment
verfügt, kann seine Kamera auch direkt ans Fernrohr anschließen.
Hier ist sehr viel Geduld und Experimentierfreudigkeit erforderlich, denn
es gibt kein Geheimrezept für das gelungene Astrofoto. Witterungseinflüsse
wie Luftunruhe oder Feuchtigkeit, die Dämmerung, "Lichtverschmutzung" –
beispielsweise durch nahe Großstädte – und natürlich die eigene Ausrüstung
sind nur einige der Faktoren, die aufeinander abgestimmt werden müssen.
Doch der Vorteil einer Digitalkamera liegt auf der Hand: Während die
Astrofotografen früher teures Filmmaterial belichten mussten, dass erst
Tage später begutachtet werden konnte, können heute erste Eindrücke
bereits auf dem Display gewonnen werden. Der (mit Sicherheit) entstehende
Ausschuss wird einfach gelöscht. Und die wenigen gelungenen Fotos holen
ein Stück Himmel ins eigene Wohnzimmer.