Rubriken: Aufnahmeeinstellungen, Motive und Situationen
Available Light – Kunst des Fotografierens bei vorhandenem Licht
2005-02-21 Der Begriff "Available Light" (AL) steht auch im Deutschen für das Fotografieren bei vorhandenem Licht. Es geht dabei um das ausschließliche Nutzen der gegebenen Lichtverhältnisse ohne weitere Lichtquellen. Früher oder später kommt fast jeder Hobbyfotograf dazu, unter solchen Lichtverhältnissen einmal Aufnahmen zu machen. Aber es gibt auch Experten auf diesem Gebiet, die daraus einen eigenen Stil kreieren. (Bernd Jaeger)
Die Gründe für die Nutzung von available Light (im Folgenden abgekürzt
AL) können vielfältig sein: Das eingebaute Blitzgerät oder ggf. ein
Weiteres reicht nicht aus; jeglicher Blitz würde die realistische Stimmung
"erschlagen"; Zusatzlicht ist nicht verfügbar. Typische Situationen, in
welchen zumeist mit AL zu arbeiten ist, sind jegliche Art der
Konzertfotografie (ob Rockband oder Orchester), Aufnahmen in Räumen, in
welchen das Blitzen nicht gestattet ist (etwa in Museen), Bilder von
Personen in Räumen, wo zusätzliche Lichtquellen nicht vorhanden bzw. der
Stimmung nicht dienlich sind (von Porträt bis Akt) und schließlich
Stimmungsaufnahmen, bei welchen gerade die Atmosphäre eingefangen werden
soll (Parties, Festzelt, Weihnachstmärkte, gemütliches Beisammensein bei
Kerzenlicht oder geringer Raumbeleuchtung etc.).
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Bild 1: Canon 1D
Objektiv: Sigma
70-200 EX 2,8
Blendeneinstellung: 2,8
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Bild 2: Canon 1D
Objektiv: Sigma
28-70 EX 2,8
Blendeneinstellung: 2,8
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Bild 3: Canon D30
Objektiv: Tamron
28-200
Blendeneinstellung: 7,1
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Bild 4: Minolta 7D
Objektiv: Minolta
50/1,7
Blendeneinstellung: 2,0
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Auf der technischen Seite kommt es erstrangig darauf an, welches
Aufnahmegerät zur Verfügung steht. Bei geringem bis sehr geringem
vorhandenem Licht sind drei Kriterien besonders wichtig: lichtstarke
Objektive, möglichst Nutzung hoher ISO-Werte ohne allzu stark störende
Einflüsse (Bildrauschen), Möglichkeit zur Einstellung von halbautomatischen
Kamerafunktionen (Zeit- oder Blendenautomatiken) und ggf. der Einsatz von
Dreibein- bzw. Einbeinstativen. Hieraus ergibt sich bereits, dass man
wirklich zufrieden stellende Ergebnisse nur selten mit sehr einfachen oder
ultrakompakten Digitalkameras mit ausschließlicher Programmautomatik
erzielen kann. Optimal für AL geeignet sind nahezu alle derzeit erhältlichen
digitalen Spiegelreflex-Modelle, da diese hier ihre Stärken ausspielen
können, insbesondere durch geringes Rauschen auch bei hohen ISO-Werten, ggf.
bis zu ISO 1600. Ihre hohe Rauschfreiheit wird durch die – gegenüber anderen
Kameraklassen – deutlich größeren Chip-Größen erzielt. Außerdem haben die
meisten digitalen Spiegelreflexkameras einen gerade bei schlechteren
Lichtverhältnissen besseren und schnelleren Autofokus, welcher die
Auslöseverzögerung bis zur Scharfstellung deutlich verringert.
Ein Beispiel: Bei ISO 100 und Blende 2,8 sei eine Belichtungszeit von
1/30 s möglich. Das ergibt dann bei ISO 200 und gleicher Blende schon eine
1/60 s, bei ISO 400 eine 1/125 s und bei ISO 800 1/250 s – hiermit können
etwa schon Sportaufnahmen in einer Halle gelingen. Wenn es sinnvoll ist und
man keine kürzestmögliche Belichtungszeit benötigt, kann man anstelle der
Verringerung der Belichtungszeit bei gleicher Belichtung des Bildes um eine
Blendenstufe weiter abblenden, was wiederum der Schärfentiefe bei
"gestaffelten" Motiven zugute kommt. Außerdem haben nahezu alle Objektive
bei leichter Abblendung eine (teilweise deutlich) bessere
Abbildungsleistung.
Nun hat nicht jeder eine digitale Spiegelreflexkamera. Hier können auch
die gut ausgestatteten "Prosumer-Digital-Kameras" durchaus brauchbare
Ergebnisse liefern, wenn man mit den unabänderlichen Einschränkungen leben
kann. Hiermit ist insbesondere die nicht mögliche Ausnutzung hoher ISO-Werte
sowie auch eine zumeist "behäbigere" Fokussierung gemeint. Hier hilft
(kameraunabhängig, setzt jedoch die Möglichkeit zur Einstellung von
Halbautomatiken voraus) die Einstellung auf den noch mit vertretbarer
Qualität verwertbaren höchsten ISO-Wert. Außerdem ist die Einstellung auf
Zeitautomatik sinnvoll (zumeist AV oder A-Modus) und hierbei die Vorwahl der
offenen Blende (kleinste Blendenzahl, z. B. 2,0, 2,8 oder 3,5) und hiermit
einhergehend die kürzest mögliche Verschlusszeit (sie wird automatisch
zugesteuert). Alternativ kann man natürlich auch mit der Blendenautomatik
und der Vorwahl einer unbedingt benötigten Verschlusszeit arbeiten. In
diesem Fall kann man – schlechte oder schlechteste Lichtverhältnisse
vorausgesetzt – die Verschlusszeit verkürzen, soweit die Kamera überhaupt
noch eine vorhandene Blendenöffnung automatisch zusteuern kann.
Diese Ratschläge betreffen vor allem die Fotografie bei wirklich
schlechten Lichtverhältnissen. Wenn man mehr Licht zur Verfügung hat, sollte
man (natürlich je nach Motiv) nicht immer mit offener Blende arbeiten. Denn
die Wahl der geeigneten Blende ist auch sehr stark vom gewünschten Effekt
(geringe Schärfentiefe zur Bildgestaltung bei offener Blende) abhängig. Für
die Wahl des höchstmöglich vertretbaren ISO-Wertes muss man persönliche
Tests machen; es gibt Kameras, die bereits bei ISO 400 ein nicht mehr
vertretbares Ergebnis liefern, andere bringen auch bei ISO 800 noch
brauchbare Ergebnisse. Das gilt insbesondere für "normale" Digitalkameras
(keine DSLRs, die zumeist mit deutlich höheren ISO-Werten gut
zurechtkommen). Allerdings sollte man bedenken, dass ein etwas stärkeres
Rauschen bei manchen Aufnahmen (Konzerte, Partystimmung) auch nicht immer
stören muss, sondern den besonderen Charakter einer Aufnahme ausmachen kann;
bei Porträts oder Aktaufnahmen ist es dagegen fast immer störend.
Bei längeren Belichtungszeiten kann auch ein eingebauter
"Bildstabilisator" hilfreich sein. Allerdings kann dieser (ob nun im
Objektiv oder im Bildsensor untergebracht) natürlich nur eigene
"Wackelbewegungen" kompensieren und hat keinerlei Einfluss auf die Bewegung
der aufzunehmenden Motive. Hier hilft es grundsätzlich nur, die Ruhepunkte
zu nutzen, die es in fast allen Bewegungsabläufen gibt. Deshalb gilt hierbei
eine Regel mehr denn je: Lieber 10 oder mehr Bilder zusätzlich machen und
damit die Chance auf ein gutes Bild erhöhen. Auch dies ist ein klares Plus
für die digitale Fotografie.