Rubrik: Aufnahmeeinstellungen
"Bildschärfe" richtig einstellen
1999-08-09 In den Tiefen der Setup-Menüs vieler Digitalkameras finden sich Einstellmöglichkeiten zur Beeinflussung der Bildschärfe. Dies hat nichts mit korrekter Fokussierung zu tun und viel "Schärfe" ist nicht immer gut. Vielmehr sollte die Einstellung passend zum Verwendungszweck gewählt werden. (Jan-Markus Rupprecht)
Entscheidend ist zunächst das Motiv. Technische
Objekte (Uhren oder Schmuck), aber auch Architektur- und
Landschaftsaufnahmen können meist einen guten Schuss Nachschärfung
vertragen. Erst dann werden feine Details deutlich sichtbar und die
Aufnahme wirkt plastischer. Ganz anders bei Porträts von Personen:
Hier ist ein weiches Gesamtbild meist vorteilhafter, übertriebene
Schärfung führt zu unnatürlicher Wiedergabe, Hautverunreinigungen
werden störend hervorgehoben. Aus diesem Grund wird bei Kameras,
die über motivbezogene Betriebsmodi verfügen, in der Betriebsart
"Porträt" das elektronische Nachschärfen abgeschaltet
oder zumindest reduziert. Dasselbe sollten Sie machen, wenn Ihre
Kamera keinen "Porträt-Modus", aber die Möglichkeit zur
Beeinflussung der elektronischen Schärfung hat: Schalten Sie für
solche Aufnahmen die Kamera beispielsweise von "Normal"
auf "Soft".
Wichtig ist auch die Art der Nachbearbeitung.
Wenn Sie die Bilder anschließend direkt ohne Nachbearbeitung
verwenden wollen, ist eine Schärfung in der Kamera meist sinnvoll
(Ausnahme: Porträt-Aufnahmen). Wenn Sie die Bilder aber ohnehin
anschließend an Ihrem PC optimieren, können Sie überlegen, ob Sie
auch die elektronische Nachschärfung der Bildbearbeitungssoftware
statt der Digitalkamera überlassen. Auf diese Weise behalten
Sie die volle Kontrolle und können den Schärfefilter gefühlvoll
dosieren oder sogar nur auf bestimmte Bildbereiche anwenden. Hinzu
kommt, dass Bildbearbeitungsprogramme diese Aufgabe oft besser
beherrschen. Der Filter "Unscharf Maskieren" in Adobe
Photoshop beispielsweise ist sehr fein dosierbar und liefert
maßvoll angewendet hervorragende Ergebnisse, die von
Schärfefiltern der Digitalkameras nicht erreicht werden.
Nützlich ist auch die richtige Einschätzung der Technik:
Ungeschärfte Bilddaten sind besser für die Nachbearbeitung
geeignet. Eine zu starke Schärfung in der Kamera verursacht
"knackige", bei näherem Hinsehen aber oft auch
"kaputte" Bilddaten, bei denen eine nachträgliche
Reparatur mit vertretbarem Aufwand kaum mehr möglich ist. Die Anwendung
eines Schärfefilters ist ohne Verluste nicht umkehrbar. Die
nachfolgende Anwendung eines elektronischen Weichzeichnungsfilters
lindert vielleicht die Folgen eines zu starken Scharfzeichnens,
technisch gesehen werden die Bilddaten dabei aber mit jedem Vorgang
schlechter.
Stellen Sie die Schärfung in Ihrer Kamera also lieber zu gering
als zu stark ein und bearbeiten Sie die Bilder gegebenenfalls mit
dem Bildbearbeitungsprogramm nach. Bei mehr als zwei einstellbaren
Stufen liefert die stärkste Einstellung "hard" meist
keine akzeptablen Ergebnisse mehr. In Betracht kommen die dezenteren
Stufen "soft" und "normal". Dabei bedeutet
"soft" meist nicht etwa eine Weichzeichnung, sondern
schlicht unmanipulierte Bilddaten und bei "normal" ist die
elektronische Schärfung bereits eingeschaltet. Hier hilft
ausprobieren: Fotografieren Sie ein Motiv mit starken Kontrasten,
beispielsweise einen Kirchturm vor strahlend blauem Himmel oder
schwarzen Text auf weißem Papier. Wenn der Kirchturm oder die
Buchstaben bei der vergrößerten Betrachtung am Bildschirm einen
hellen Schein aufweisen, ist das Bild bereits geschärft.