Rubriken: Aufnahmeeinstellungen, Bildbearbeitung
Blendenflecken vermeiden oder kreativ einsetzen
2011-10-10 Viele Fotografen fürchten sie wie der Teufel das Weihwasser: Blendenflecken oder Lense Flares. Andere wiederum haben die bunten Kreise, Hexagone oder Strahlen als gestalterisches Mittel für sich entdeckt und sorgen ganz gezielt für Blendenflecken in ihren Aufnahmen, um so den Fotos einen besonderen Touch zu verleihen. Ganz gleich, ob der Fotograf Flares vermeiden will oder bewusst hervorrufen möchte – zunächst sollte er wissen, unter welchen Voraussetzungen dieser besondere Abbildungsfehler entsteht. Dies klärt unser Beitrag und geht zudem auf die Frage ein, wie sich Flares kontrollieren lassen und nachträglich in Photoshop simuliert werden können. (Martin Vieten)
Für Blendenflecken ist zum einen die Objektivkonstruktion verantwortlich, zum größeren Teil aber der Fotograf. Die oft kreisförmigen, manchmal aber auch strahlenförmigen oder hexagonal geformten Farbflächen oder Ringe im Foto entstehen, wenn sich eine punktförmige Lichtquelle innerhalb des Bildausschnitts befindet. Das einfallende Licht wird innerhalb des Linsensystems im Objektiv nicht nur wie gewünscht gebrochen, sondern auch an den einzelnen Linsen zum kleinen Teil reflektiert. Glas ist eben nicht zu hundert Prozent transparent (sonst wäre es ja unsichtbar), es reflektiert vielmehr etwa vier bis zehn Prozent des Lichts. Diese im Objektiv umhervagabundierenden Lichtstrahlen werden in der Aufnahme als Blendenflecken oder Flares sichtbar. Die Objektivhersteller begegnen ihnen, indem sie eine hauchfeine Vergütungsschicht auf die Linsen aufdampfen. Sie reflektiert das Licht gegenphasig zu den einfallenden Lichtstrahlen, so werden die Störungen im Idealfall komplett ausgelöscht. Dieser Idealfall lässt sich allerdings nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand realisieren. In der Praxis reduzieren die Objektivhersteller die Linsenreflektion nur bei Licht bestimmter Wellenlängen – das erklärt, warum bei den Flares unterschiedliche Farben vorherrschen.
Die Anzahl der Blendenflecken hängt von der Komplexität des Linsensystems ab: Aus je mehr Glaselementen ein Objektiv besteht, desto mehr Flares erzeugt es. In der Regel ruft eine einfach konstruierte Festbrennweite also weniger Blendenflecken hervor als ein komplexes Zoomobjektiv. Auch die Form der Blendenflecken hängt größtenteils von der Objektivkonstruktion ab. Flares, die bereits vor der Blende entstehen, nehmen deren Form an, erscheinen also hexagonal geformt. Linsenelemente, die im Objektiv hinter den Blendenlamellen angeordnet sind, erzeugen kreisrunde Flares. Auf die Form und vor allem Intensität der Blendenflecke hat indes der Fotograf unabhängig von der Objektivkonstruktion einigen Einfluss: Die unerwünschten Reflektionen werden mit zunehmender Blendenzahl immer schärfer abgebildet, auch deren Kontrast nimmt umso weiter zu, je weiter das Objektiv abgeblendet wird.
Wer Blendenflecken vermeiden möchte, sollte eine der ältesten fotografischen Grundregeln beherzigen und nicht im Gegenlicht fotografieren. Vor allem gilt es, keine punktförmige Lichtquelle, etwa die tiefstehende Sonne, innerhalb des Bildausschnitts zu platzieren. Auch eine Lichtquelle, die sich gerade nicht mehr im Bildausschnitt befindet, kann noch Blendenflecken hervorrufen. Hier verhilft oft eine geeignete Streulichtblende zu Aufnahmen ohne Störungen. In kritischen Situationen ist wichtig, dass das Sucherbild bei Arbeitsblende kontrolliert wird. Bei Offenblende sind Flares meist weder im Sucher noch auf dem Live-View-Display erkennbar, treten aber in der Aufnahme deutlich zu Tage – insbesondere, wenn das Objektiv weit abgeblendet ist. Daher unbedingt vor der Aufnahme das Sucherbild kurz bei gedrückter Abblendtaste kontrollieren.
Wer gezielt Flares erzeugen möchte, bricht bewusst die üblichen Regeln der Fotografie: Für ausgeprägte Blendenflecken muss die Lichtquelle mit ins Bild, strahlenförmige Flares entstehen, wenn die Lichtquelle angeschnitten wird. Ein ähnlicher Effekt lässt sich erzielen, wenn die Lichtquelle im Motiv weitgehend verdeckt wird, etwa von einem Baum. Je weiter die Lichtquelle zum Bildrand hin rückt, desto größere Bildbereiche werden von Blendenflecken überzogen – bei Weitwinkelobjektiven ist dieser Effekt meist stärker ausgeprägt als bei Telebrennweiten. Auch hier gilt wieder: Form, Kontrast und Position der Flares in der Aufnahme lassen sich nur bei gedrückter Abblendtaste kontrollieren, je weiter abgeblendet wird, desto stärker werden Blendenflecke ausgeprägt. Vorsicht: Befindet sich eine sehr helle Lichtquelle im Bild, etwa die Sonne, sollte nicht durch den optischen Sucher geblickt werden – es besteht die Gefahr einer Netzhautverbrennung!
Zeigt eine Aufnahme unerwünschte Blendenflecken, lassen sich diese mit einem Bildbearbeitungsprogramm kaum wegretuschieren. Anders sieht es aus, wenn ein Foto im Nachhinein mit Flares versehen werden soll. In Photoshop dient dazu der Filter "Blendenflecke", er ist unter "Filter, Renderingfilter" zu finden. Idealerweise wird er auf eine neue Ebene über der Bildebene angewendet, die mit 50 % Grau gefüllt ist und den Modus "Hartes Licht" erhält. Im Filterdialog wird der Mittelpunkt auf die Position verschoben, die der der Lichtquelle im Bild entspricht. Über den Deckkraft-Regler lässt sich die Stärke des Effekts jederzeit verringern.