Rubrik: Sonstige Tipps

Das Portfolio – Teil 1

2007-02-12 Wer schon länger fotografiert und meint, seine Arbeiten seien inzwischen vorzeigewürdig, sucht in der Regel nach einer idealen Präsentationsmöglichkeit. Gerade wenn es darum geht, potentielle Kunden wie Werbeagenturen, Bilddatenbanken, Redaktionen oder Wirtschaftsunternehmen anzusprechen, ist ein aussagekräftiges Portfolio unerlässlich. Grundsätzlich kann man sagen, dass ein Portfolio nichts anderes ist, als eine Zusammenstellung von Arbeiten, die einen Eindruck vom eigenen Schaffen geben sollen. Ein Portfolio ist Werbung für die eigene Person und die eigenen fotografischen Fähigkeiten. In Teil 1 unseres zweiteiligen Fototipps zur Erstellung eines Portfolios geht es zunächst um Bildauswahl, Zielpublikum und Bildtexte.  (Martin Rohrmann)

Das Portfolio - Teil 1 - Abwechslung [Foto: Martin Rohrmann]Zusammenstellen von Fotos: Fotografen, die zwar schon lange fotografieren, aber keine Erfahrung mit professioneller Bildauswahl (Editing) haben, stehen zumeist vor dem Problem, welche Fotos sie denn nun für ihr Portfolio auswählen sollen. Schnell ist man versucht, die persönlichen Lieblingsbilder zu nehmen, in der Hoffnung "Was mir gefällt, wird dem Anderen auch schon gefallen". Doch ein professionelles Portfolio anzulegen, will sorgfältig durchdacht und geplant sein. Natürlich sind folgende Regeln auch dazu da, um gebrochen zu werden denn es gibt kein allgemein gültiges Rezept. Trotzdem kann man viele Fehler vermeiden.

Ein Beispiel aus der Praxis für Fotografen im Mode- und Porträtbereich: Es wäre uninteressant, in einem Portfolio etwa 20 Fotos von ein und demselben Modell zu zeigen. Das langweilt den Betrachter (selbst wenn die Fotos gut sind), und es entsteht der Eindruck, der Fotograf habe nichts anderes zu zeigen und kann wohl auch nichts anderes.
Deshalb: Abwechslung und Vielschichtigkeit ist gefragt! Man kombiniere Studioporträts mit Outdooraufnahmen, nehme Aktaufnahmen, die an verschiedenen Settings entstanden, achte darauf, dass nicht nur der Modelltyp variiert, sondern auch die Kleidung, der Hintergrund und die Lichtstimmung. Kurzum: Der Betrachter muss unterhalten werden, indem ihm in jedem Bild eine neue Facette der Arbeiten gezeigt wird. Dabei ist aber auch unbedingt zu beachten, dass man in den einzelnen Fotos den eigenen fotografischen Stil zu erkennen gibt, eine Kontinuität in den Arbeiten. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn der Eindruck entsteht, der Fotograf sei beliebig, er fotografiert mal dies und mal das, ohne Konzept oder Planung. Zu beachten ist auch, dass die Abfolge der Bilder in ihrer Farblichkeit stimmig ist. Es ist sehr anstrengend, abwechselnd nacheinander Bilder zu sehen, wo das Eine überwiegend rot ist, das Nächste grün, dann blau, gelb, pink etc.

Wenn man als Fotograf nicht nur auf ein Gebiet der Fotografie beschränkt ist, sondern beispielsweise Mode-, Werbe- wie auch Reportagefotografie betreibt, sollten im Portfolio auch Arbeiten dieser drei Bereiche enthalten sein. Hierbei ist jedoch auch auf eine sensible Zusammenstellung zu achten, damit kein unangenehmer Beigeschmack beim Betrachter entsteht. Beispielsweise wäre es ungeschickt, etwa ästhetische Werbeaufnahmen von einem Luxus-Parfüm mit einer Fotoreportage über hungernde Kinder zu kombinieren. Damit geht die Glaubwürdigkeit beim Kunden und damit auch der potentielle Auftrag verloren. 

Das Portfolio - Teil 1 - Farbharmonie [Foto: Martin Rohrmann]Portfolios für ein Zielpublikum: Wenn man schon weiß, wem das Portfolio gezeigt werden soll, ist es sinnvoll, die Auswahl der Fotos darauf abstimmen. Angenommen, es ginge um einen Auftrag von Produktaufnahmen für einen Juwelier, dann sollte man Fotos wählen, die dem Juwelier zeigen, wie auch seine Produkte auf den Fotos aussehen könnten. Also zeigt man ihm sinnvoller Weise, so vorhanden, Fotos von Parfüm, Uhren oder Schreibwaren, also von Dingen, die seinen Produkten ähnlich sind. Grundsätzlich wichtig ist es ferner, die Person einzuschätzen, von der man einen Auftrag bekommen will. Ist die Person eher konservativ und ein Verfechter von analogem Mittelformat, macht es wahrscheinlich wenig Sinn, digital verfremdete, surrealistische Modefotos zu zeigen. Eine junge, innovative Werbeagentur hingegen will sicherlich eher ungewöhnliche, frische, womöglich ausgeflippte Bildideen sehen, ganz egal wie sie umgesetzt wurden.

Texte für ein Portfolio: Oft ist es ratsam, kurze Texte zu den einzelnen Themen und Fotostrecken zu schreiben. Bei Akt- oder Modeaufnahmen ist dies natürlich nicht notwendig und auch eher unüblich. Reportagen oder in sich geschlossenen Serien zu einem bestimmten Kontext leben aber oft erst durch ihre begleitenden Texte. Es ist meist uninteressant, Reportagefotos zu betrachten, wenn man nicht weiß, worum es geht. Ein paar erklärende Worte sind hilfreich und steigern meist auch die Wirkung der Bilder. Aber  keine halben Romane schreiben, sondern höchstens 1/3 Seite DIN A4 (mehr liest ohnehin niemand). Gefragt sind aber auch hier erstklassige Texte – ein guter Fotograf muss nicht zwingend ein guter Autor sein, er bittet ansonsten jemanden um Hilfe.

Das Portfolio - Teil 1 - Texte schreiben [Foto: Martin Rohrmann]Ein guter Text zeugt auch davon, dass der Fotograf sein Thema kennt und sich mit ihm auseinandergesetzt hat. Er muss daher anschaulich, aber nicht ausufernd sein und vor allem nichts beschreiben, was in den Fotos nicht zu sehen ist. Man hüte sich andererseits vor dem Fehler, genau das zu beschreiben, was in den Fotos zu sehen ist; das wäre eine unnötige, langweilige Wiederholung. Ideal sind Erläuterungen im Text als Hintergründe zu den Fotos, auch die persönliche Intention des Fotografen, gerade Sie dieses Thema zu fotografieren. Es ist auch nicht notwendig, unter jedem Bild eine Bildunterschrift hinzuzufügen, vor allem dann nicht, wenn diese nur den Inhalt des Bildes wiedergibt. Wenn auf dem Foto beispielsweise eine junge Frau zu sehen ist, die tanzt, wäre es also Unsinn, unter das Bild zu schreiben "Junge Frau beim Tanzen". Bildunterschriften machen in einem Portfolio nur dann Sinn, wenn Sie die Wirkung der Bilder erhöhen, bzw. wenn die Bildunterschrift zwingend notwendig ist, um das Bild in seinem Kontext zu verstehen.

Technische Beschreibungen zu einem Bild oder einem Themenkomplex haben in einem seriösen Portfolio nichts zu suchen. Es interessiert den professionellen Betrachter in der Regel wenig, mit welcher Kamera, Blende, Zeit etc. die Bilder entstanden sind. Ausnahme: Es handelt sich um ein "Spezialverfahren", das so außergewöhnlich, selten oder unbekannt ist, dass es dem Betrachter als wesentliche Information dient.

Weniger ist mehr. Dies gilt auch bei der äußeren Gestaltung. Deshalb geht es im folgenden zweiten Teil dieses Fototipps um die beste Form der Präsentation eines Portfolios – ob in einer Mappe, auf einer CD oder DVD zum Verschicken an Kunden oder auf einer Internetseite.

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