Rubriken: Bildgestaltung, Motive und Situationen
"Das Posing-Buch für Fotografen": Linien und Spannung
2012-03-12 Die richtige Pose ist entscheidend für gelungene Porträt- und Aktaufnahmen. Bestimmte Posen hat jeder Mensch auf Lager – man muss diese nur durch nachvollziehbare Anweisungen "herauskitzeln". Die richtige Linienführung der Pose sorgt maßgeblich dafür, die Bildaussage aufzubauen beziehungsweise zu unterstützen. In diesem Fall soll das Modell selbstsicher und etwas arrogant wirken. Dabei gilt es auch, unvorteilhafte "Problemzonen" zu kaschieren – egal ob diese tatsächlich vorhanden sind, oder durch die Kleidung oder ungünstige Pose erst hervorgerufen werden. (Kathy Henning, Lars Ihring)
Diese Bilder sind das Ergebnis eines freien Shootings. Unser Modell hatte wenig Erfahrung vor der Kamera, machte seine Sache aber sehr gut, so dass nur kleinere Korrekturen notwendig waren. Bestimmte Posen hat jeder Mensch auf Lager – der Fotograf muss diese nur durch nachvollziehbare Anweisungen "herauskitzeln"! Unser Anliegen war, das Modell selbstsicher und etwas arrogant darzustellen. Um die Ausgangspose zu erhalten, reichte hierfür die einfache Anweisung: »Stell dir vor, du schaust arrogant und abschätzend auf jemanden herab.« Da jeder Mensch schon einmal in so einer Situation war, war es für unser Modell ein Leichtes, dies auch im Posing umzusetzen. Um die Bildwirkung zu intensivieren, waren durch uns nur noch kleine Korrekturen notwendig. Das Outfit unseres Modells ließ bei frontaler Pose ein sehr breites Becken vermuten. Daher gaben wir die Anweisung »Bitte dreh dich nach rechts! Füße bleiben an der Stelle, winkel dafür aber das linke Bein an.« Dadurch erreichten wir eine Drehung des Körpers, so dass dieser nicht mehr so breit wirkte. Die Linien der Beine verjüngen sich nach oben und verschmälern so das Becken optisch.
Ein guter Nebeneffekt war, dass uns das Modell nun buchstäblich "die kalte Schulter" zeigte und der Blick noch abschätzender wirkte. Um das noch zu verstärken, folgte diese Anweisung: »Bitte bei Kommando ›Jetzt!‹ die Spannung der Pose vergrößern. Dafür bitte den Körper weiter durchbiegen, so dass die linke Schulter in einer Linie über dem linken Fuß bleibt, der Körper aber stärker gekrümmt ist!«. Sollte eine Anweisung schwierig zu formulieren sein, macht man einfach vor, was man von seinem Modell erwartet – das lockert die Stimmung, und das Modell bekommt zudem einen visuellen Eindruck. Um die Wirkung auch durch Technik und Perspektive zu unterstützen, verwendeten wir für das endgültige Foto eine Brennweite von 70 Millimeter und einen sehr tiefen Kamerastandpunkt. Damit ließen wir das Modell etwas größer und den Blick intensiver erscheinen.
Dieser Fototipp entstammt, mit freundlicher Genehmigung des Galileo-Verlags, dem Buch "Das Posing-Buch für Fotografen". Kathy Hennig und Lars Ihring zeigen und erklären darin, wie man eigene Bildideen entwickelt und das passende Modell auswählt wird, welchen Einfluss man mit Styling und Lichttechnik nehmen kann und natürlich auch, wie das Shooting gestaltet und mit dem Modell kommuniziert wird. Zahlreiche Bildanleitungen zeigen, wie man das Modell zielsicher in verschiedenste Posen führt und wie diese wirken: von einfachen Standardposen über ausgefallenere Ideen für Beauty-Bilder bis hin zu Posen für Paare und Gruppen. Auch erfährt der Leser, wie typische Fehler vermieden und "Problemzonen" kaschiert werden. Das Buch ist für 39,90 EUR im Buchhandel sowie hier bei digitalkamera.de erhältlich.