Rubriken: Aufnahmeeinstellungen, Motive und Situationen
Das bewegte Bild – gezielte Effekte mit der Bewegungsunschärfe
2007-10-22 Werden Fahrzeuge oder Sportler mit kurzer Belichtungszeit fotografiert, dann frieren die Bewegungen auf dem Bild ein – das Ergebnis wirkt oft statisch. In diesem Fototipp wird darum erklärt, wie man die Bewegung nachträglich in der Bildbearbeitung simuliert und auf welche Probleme dabei zu achten ist. (Heico Neumeyer)
Fotos von Fahrzeugen oder Sportlern wirken oft etwas leblos: Fotografiert mit kurzen Belichtungszeiten wie 1/500 Sekunde, frieren die Bewegungen auf dem Bild völlig ein – das Ergebnis wirkt oft statisch und vermittelt wenig Dramatik und Action. Darum kann man solche Motive gezielt länger belichten und die beweglichen Bereiche verwischen; wir haben das Verfahren bereits in einem früheren Fototipp vorgestellt (siehe weiterführende Links).
In diesem Beitrag geht es um eine andere Variante: Kurz belichten, aber nachträglich das Foto mit der "Bewegungsunschärfe" im Bildprogramm bearbeiten. Praktisch jedes Bildprogramm bietet die "Bewegungsunschärfe" an. Die Funktion eignet sich vor allem für Motive, die sich seitlich durchs Bild bewegen. Bewegt sich ein Auto oder Sportler dagegen frontal auf die Kamera zu, verwendet man den Zoomeffekt, den wir in einem späteren Foto-Tipp genauer besprechen werden. Bei der Bewegungsunschärfe gibt es zwei Optionen: Das Bild kann so wirken, als hätte man die Kamera ruhig gehalten – dann sollte das sich bewegende Hauptmotiv teilweise verwischt erscheinen, während der Hintergrund keinen Bewegungseffekt zeigt (Bild 1). Umgekehrt ist es, wenn man eine mitgezogene Kamera nachempfinden will: Das bewegliche Motiv erscheint überwiegend klar, die Umgebung dagegen verwischt (Bild 2). Bei einer unruhigen Bewegung, etwa bei einem Surfer, kann man den Wischeffekt anschließend noch verzerren oder in Wellenlinien werfen (Bild 1, erste Abbildung) – das ist ein weiterer schneller Filterbefehl.
In allen Fällen gilt freilich: Der Befehl "Bewegungsunschärfe" soll das Bild nicht gleichmäßig breitflächig verfremden. Zumindest Details des Hauptmotivs müssen halbwegs scharf bleiben. Zwar könnte man vorab eine Auswahl anlegen, die wichtige Bildteile schützt und dann die "Bewegungsunschärfe" ablaufen lassen. Praktikabler ist jedoch ein anderes Verfahren: Man verfremdet zunächst eine Duplikat-Ebene, die dann nach Maß mit dem Original gemischt wird. Dafür gibt es viele Verfahren:
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Duplizieren Sie die normale Hintergrundebene auf eine neue Ebene, die Sie komplett mit der "Bewegungsunschärfe" verfremden. Dann entfernen Sie auf der oberen Ebene die Bereiche, die nicht verwischt erscheinen sollen, mit dem Radiergummi. Das geht mit den meisten Programmen. Bild 1 illustriert die Radiergummi-Methode mit dem Programm Photoshop Elements 5.
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Sie müssen die unerwünschten Bereiche der oberen Ebene nicht endgültig löschen, sie lassen sich auch mit einer Ebenenmaske vorübergehend verstecken. Das erlauben fast alle Bildprogramme, bei Photoshop Elements muss man jedoch umständlich eine separate Maskenebene gruppieren.
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Photoshop-Vollversionen erlauben ein weiteres Verfahren: Sie verfremden direkt die Original-Bildebene. Danach malen Sie mit dem Protokollpinsel über Bildteile, die wieder klar erscheinen sollen.
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Und speziell bei Photoshop CS3 Standard und Extended: Verwandeln Sie die Hintergrundebene in ein Smart Objekt, die "Bewegungsunschärfe" wird dann als Smart Filter angewendet. Sie können den Effekt also jederzeit neu steuern und per Filtermaske örtlich so präzise eingrenzen wie bei allen anderen Verfahren (siehe Bild 2).
Wer das Ergebnis genauer austüfteln will, sollte mit einer Duplikatebene plus Ebenenmaske arbeiten oder einen Smartfilter plus Filtermaske in Photoshop CS3 nehmen. Dann lassen sich weitere Gestaltungsmöglichkeiten besonders bequem nutzen: Grautöne in der Filtermaske sorgen für weiche Übergänge, gesenkte Deckkraft schwächt den Filtereffekt ab, und Überblendverfahren wie "Weiches Licht", "Hartes Licht", "Aufhellen" oder "Ineinanderkopieren"/"Überlagern" peppen die Bildwirkung weiter auf.
Speziell bei fahrenden Autos braucht man einen weiteren Filter: Die eingefrorenen Räder sollten sich in einem auf Action getrimmten Foto drehen und nicht einfach mit dem Rest des Bildes horizontal verwischen. Also bekommen die Räder einen Dreheffekt. Der heißt bei Photoshop-Programmen "Radialer Weichzeichner", und man setzt dort die Vorgabe "Kreisförmig" ein. Der "Radiale Weichzeichner" ebenso wie die "Bewegungsunschärfe" sind im Untermenü "Filter, Weichzeichnungsfilter" zu finden. Zweckmäßiger Weise hebt man die Räder vorab auf eigene Ebenen (Bild 2). Der Weichzeichnungsfilter selbst ist schnell und unkompliziert. Es gibt nur zwei Regelmöglichkeiten: Man steuert die Stärke des Effekts und die Richtung, in die verwischt wird; diese muss mit der Bewegung des Hauptmotivs harmonieren.
Noch während der Filter-Dialog geöffnet ist, sollte man den Effekt am Originalbild in zwei verschiedenen Zoomstufen prüfen. Zu prüfen ist, wie das verwischte Foto in der Gesamtansicht wirkt. Dazu wählt man in allen Photoshop-Programmen – auch bei geöffnetem Dialog – den Befehl "Ansicht, Ganzes Bild". Ebenso wichtig ist jedoch die Zoomstufe 100,0 Prozent, mit der man die verwischte Feinstruktur des Fotos beurteilen kann. Auch diese Zoomstufe lässt sich in allen Photoshop-Ausgaben noch bei geöffnetem Dialogfeld einrichten, dazu wählt man den Befehl "Ansicht, Tatsächliche Pixel".