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Der Pilz, ein herbstliches Fotomotiv
2016-10-31 Wer kennt es nicht? Der Herbst naht, die Blätter der Bäume verfärben sich in Braun und Rot, fallen von den Bäumen und zaubern damit ein herrliches Farbenspiel, das jeden Naturfotografen begeistert. Doch auch neben der Farbenpracht bietet der Herbst interessante Motive, und zu diesen gehört der Pilz beziehungsweise vielmehr der Fruchtkörper des Pilzes, der in vielen Formen hervorsprießt. In diesem Fototipp zeigen wir Ihnen, worauf Sie beim fotografieren achten sollten und vor allem, welche Ausrüstung Sie nicht vergessen sollten, wenn Sie die zum Teil sehr kleinen Pilze gelungen ablichten wollen. (Harm-Diercks Gronewold)
Die guten Reflektionseigenschaften der Schaumpappe sind an dem Lichthof auf der rechten Seite gut zu erkennen. [Foto: Medianord]
Zwischen den dünnen Papierschichten ist ein flexibler und dennoch stabiler Schaumstoff. [Foto: Medianord]
Die Schaumpappe ist lose mit einer Alufolie bespannt worden und dient so als leistungsstarker Reflektor.
Wie immer klären wir die wichtigste Frage zuerst: “Welche Ausrüstung wird benötigt”? Zum einen natürlich eine Kamera mit zumindest mit halbautomatischen Einstellungen. Ein Makro-Objektiv oder eine Nahlinse sind auch sehr nützlich. Zudem sind ein Stativ mit der Möglichkeit bodennahe Aufnahmen zu machen oder einen “Bohnensack” vorteilhaft. Ebenfalls sinnvoll ist ein Fernauslöser oder, wenn die Kamera per App auslösbar ist, ein Tablett beziehungsweise Smartphone. Sehr wichtig ist zudem eine wasserdichte Unterlage, falls Sie sich hinknien oder gar hinlegen wollen. Geladene Akkus und genügend Speicherkarten sollten nicht unerwähnt bleiben, gehören bei einer Fototour aber eigentlich zur Standardausstattung. Ein Blitzgerät ist zwar nicht unbedingt notwendig, schadet aber ebensowenig wie ein ministativ.
Ein weiteres wichtiges Ausrüstungsteil fehlt noch, der Reflektor. Auch wenn ein großer Reflektor von Lastolite oder California Sunbounce vorhanden ist, so ist dieser bei der Pilzfotografie nur bedingt einsetzbar, es sei denn es handelt sich um einen besonders kleinen Reflektor. Allerdings lassen sich kleine Reflektoren schnell und mit wenig finanziellem Aufwand selber basteln. Schaumstoffkarton eignet sich für diesen Einsatzzweck hervorragend. Zudem lässt er sich besser als Styropor verarbeiten und bricht nicht so schnell. Die halbmatte Oberfläche besitzt zudem von Haus aus sehr gute diffuse Reflektionseigenschaften. Diese können noch verbessert werden, wenn Sie Alufolie mit der mattierten Seite nach oben auf den Schaumstoffkarton kleben beziehungsweise um die Ränder “biegen”. Soll die Reflektion “wärmer” sein, so kann eine vorher zerknüllte Rettungsdecke ebenfalls aufgeklebt werden. Wer dann noch basteln mag, der klebt abwechselnd silberne und goldene Streifen nebeneinander und erzeugt so einen Gold/Silber-Zebrareflektor. Für diesen Fototipp haben wir 5 mm Schaumstoffkarton in A4 benutzt. Da sich der Schaumstoffkarton allerdings sehr gut schneiden lässt, können Reflektoren in allen Formen und Größen produziert werden, so dass diese in jede Fototasche passen.
Auch winzige Pilze können mit der richtigen Perspektive und einem Makroobjektiv oder einer Nahlinse detailliert abgebildet werden. [Foto: Harm-Diercks Gronewold]
Auch mit partieller Beleuchtung kann ein interessantes Bild entstehen. [Foto: Harm-Diercks Gronewold]
Wenn Sie mit offenen Augen durch die herbstliche Landschaft gehen, dann können Pilze auch an den ungewöhnlichsten Orten gefunden werden. Wie in diesem Fall auf einem Baum, der in einem Gewässer liegt. [Foto: Harm-Diercks Gronewold]
Durch die Verwendung unterschiedlicher Standpunkte und einer tiefen Aufnahmeposition begegnet man dem Pilz auf "Augenhöhe". [Foto: Harm-Diercks Gronewold]
Dicht gedrängte Pilzkolonien besitzen einen besonderen Reiz und offenbaren viele Details. [Foto: Harm-Diercks Gronewold]
Ist die Ausrüstung zusammengestellt, kann es losgehen. Das schöne an Pilzen ist, dass man Sie so gut wie überall im Wald finden kann, wenn man die Augen offen hält. Der Laubwald ist etwas ergiebiger als der Nadelwald, was die Vielfalt angeht, allerdings sind Pilze in Nadelgehölzen leichter zu finden. Pilze bevorzugen feuchte, aber keine nassen Orte, zudem sollte der Boden frei von Büschen sein. Abgebrochene und modernde Bäume und Baumstümpfe sind ein idealer Ort, um Pilze zu finden. Auch direkt unter Bäumen und am Übergang von feuchten zu nassen Gebieten finden sich die Fruchtkörper. Wenn Sie einen Pilz entdeckt haben, dann schauen Sie sich die gegend um den Pilz genauer an, in den meisten Fällen werden Sie dann, auch unter dem Laub, noch mehr Pilze entdecken. Sind die Pilze abseits des Weges zu finden, so sollten Sie versuchen möglichst nichts zu beschädigen, wenn Sie Ihre Aufnahmen machen.
Bei Pilzen, die an einem Hang wachsen, ist es ein leichtes, die feine Struktur der Lamellen abzulichten. [Foto: Harm-Diercks Gronewold]
Makroaufnahme mit einem diffusen Reflektor aufgehellt. HDR aus drei Aufnahmen. [Foto: Harm-Diercks Gronewold]
Pilze in einer Baumaushöhlung. [Foto: Harm-Diercks Gronewold]
Ungewöhnlicher Standort einer Pilzkolonie, die in einer Astgabel in luftiger Höhe zu finden war. [Foto: Harm-Diercks Gronewold]
Da Pilze grundsätzlich sehr geduldige Motive sind, können Sie sich nicht nur beim Aufbau Ihrer Ausrüstung Zeit nehmen, sondern auch das Motiv selber im Kontext zur Umgebung sehen und so andere Perspektiven kennenlernen. Ihre wahre Schönheit offenbaren Pilze meist erst, wenn man ihnen auf “Augenhöhe” begegnet, in den meisten Fällen heißt dass dann, dass die Kamera einen sehr niedrigen Aufnahmestandpunkt bekommen muss. Hier zahlt es sich aus, einen beweglichen Monitor an der Kamera zu haben oder per Smartphone-App die Kamera mit Live View steuern zu können. Hat Ihre Kamera beide Möglichkeiten nicht, dann bleibt keine andere Möglichkeit, als sich selber auf Augenhöhe mit dem Pilz zu begeben und genau hier zahlt sich dann eine wasserdichte Unterlage aus. Wie Sie den Pilz ausleuchten bleibt natürlich Ihnen überlassen, aber versuchen Sie, wenn die Lamellen sichtbar sind, diese mit zu beleuchten. Eine Unterbelichtung in diesem Bereich wirkt sehr störend. Genau jetzt ist der ideale Zeitpunkt, den zuvor gebauten Reflektor oder die Reflektoren einzusetzen. Ein Reflektor sollte, sinnvollerweise, immer Außerhalb des Bildes platziert werden. Schauen Sie einfach aus der Kameraperspektive auf das Motiv und bewegen Sie langsam den Reflektor, um zu sehen, wohin sich das Licht bewegt. Dann "steuern" Sie es mit geziehlter Ausrichtung des Reflektors auf die gewünschte Stelle. Danach müssen Sie nur noch den Reflektor in dieser Position fixieren. Dabei helfen Ministative oder umherligene Äste oder Erde. Ist das Motiv trotz Reflektor vom Dynamikumfang der Kamera nicht zu erfassen, bleibt immer noch die Möglichkeit, eine HDR-Aufnahme anzufertigen oder einen Blitz zum Aufhellen einzusetzen. Hierbei sollten Sie darauf achten, dass das Licht nie zu direkt ist, um Schlagschatten zu vermeiden. Weitere Interessante Ansätze wie beispielsweise das Fokusstacking oder die Lichtmalerei lassen sich ebenso leicht umsetzen.
Beachten Sie, dass viele Pilze ungenießbar oder gar hochgiftig sind. Wir raten somit dringend davon ab, Pilze zu verzehren, wenn Sie sich nicht absolut sicher sind, dass diese auch genießbar sind!