Die richtige Belichtung erkennen Teil 1

2017-12-19 In dieser Fototipp-Reihe behandelt Autor Sam Jost verschiedene Vorgehensweisen, um sicherzustellen dass die Belichtung des Fotos wirklich korrekt ist. In diesem ersten Teil erklärt der Autor, wieso man sich als Fotograf nicht unbedingt auf die Lichtwaage verlassen sollte. Zudem erklärt er eine von drei Methoden die Belichtung zu kontrollieren und erklärt wieso er für die Belichtungsmessung "Ins Gesicht" zoomt.  (Sam Jost)

Wie erkennt ich, ob das Foto korrekt belichtet ist?

Und schwupps, sind wir wieder beim Ursprungsproblem der richtigen Belichtung. Es ist zwar einfach, die Kamera auf Manuell zu stellen und ein Foto zu machen, doch was dann? Wie kannst Du beurteilen, ob das Foto korrekt belichtet ist? Pardon: ob die Belichtung des Fotos Dir gefällt? Korrekte Belichtungen gibt es ja viele.

Nicht auf die Lichtwaage reinfallen

Auch im manuellen Modus ist die Belichtungsautomatik der Kamera nicht untätig. Sie ändert zwar die Belichtung nicht, zeigt aber auf einer Belichtungsskala (manchmal auch Lichtwaage genannt), was sie vom Umgebungslicht hält. Diese Lichtwaage zeigt beispielsweise, dass sie das Bild für zu hell hält:

Manch einer, noch unsicher in der manuellen Belichtung, hängt sich nun an der Lichtwaage auf: Statt dass er auf das Foto guckt, schaut er, was die Belichtungsskala zu der Situation meint und richtet sich nach dieser. Das Ergebnis? Die Lichtwaage zeigt Dir, was die Automatik in dieser Situation tun würde. Richtest Du Dich nach der Lichtwaage, kannst Du also genauso gut gleich im Automatik-Modus bleiben. Für eine Sache ist die Belichtungsskala allerdings sehr nützlich: um für das erste Foto einen Anhaltspunkt zu haben. Benutze die Regler für Belichtungszeit, Blende und ISO, bis die Belichtungsskala mittig, also ausgeglichen ist, und mach dann ein Foto als Ausgangspunkt für das weitere Vorgehen.

Ganz wichtig: Nach dem ersten Foto solltest Du nicht mehr auf die Lichtwaage achten, sondern stattdessen die folgenden Wege benutzen, um die Belichtung zu beurteilen.

Drei Wege, die Belichtung zu beurteilen

Die Möglichkeiten zur Beurteilung der Belichtung an der Kamera sind schnell aufgezählt: Der subjektive Bildeindruck auf dem Display, die Überbelichtungswarnung und das Histogramm. Ich (und vermutlich die meisten, die sich länger damit beschäftigt haben) benutze alle drei Wege. Ich kann jedem unbedingt empfehlen, sich mit allen drei Wegen zu beschäftigen.

Weg 1: Der subjektive Bildeindruck auf dem Display

Der erste Weg ist der einfachste, aber auch der fehleranfälligste. Oft hört man von Fotografen die Aussage: „Auf dem Kameradisplay sah es gut aus, aber am Rechner …“. Das feine, aber kleine Display der Kamera täuscht unser Auge ganz gewaltig. Was aber auch nicht überraschen sollte: Nicht nur ist das Kameradisplay im Vergleich zum Monitor sehr klein. Vor allem bewegen wir es im Raum, schauen aus ganz unterschiedlichem Abstand auf das Display, halten die Kamera mal im hellen Licht, mal in einem dunklen Raum, schauen also mal ins Helle, mal ins Dunkle, bevor der Blick auf das Display wandert. Und da unser Auge sich an das Umgebungslicht anpasst, kommt ihm das Kameradisplay mal sehr hell, mal sehr dunkel vor. Schauen wir länger auf das Display, passt sich unser Auge auch daran an. Manche Kameradisplays passen ihre Helligkeit an das Umgebungslicht an, was es natürlich noch schwerer macht, die Helligkeit am Display zu beurteilen.

Bei Tageslicht ist eine Displaylupe Gold wert: Das ist einfach ein trichterförmiger Lichtschacht (teilweise mit eingebautem Vergrößerungsglas), den Du auf das Display der Kamera setzen und dadurch das Display betrachten kannst. Ich benutze die HoodLoupe doch auch der LCDVF oder der günstige Digifinder erfüllen ihren Zweck. Es gehört eine Menge Übung dazu, den Bildeindruck auf dem Display korrekt beurteilen zu können. Der Blick aufs Display ist fehleranfällig. Selbst mit viel Erfahrung täuscht man sich oft. Doch die Bildbeurteilung anhand des Displays geht einfach und schnell und sollte daher nicht unterschätzt werden.

Ins Gesicht zoomen

Was beim Bildeindruck sehr hilft, ist das Reinzoomen in ein Detail. Bei einem Bühnenfoto zum Beispiel in das Gesicht eines Musikers. Generell sind Gesichter die wichtigsten Details. Mit Gesichtern das Display zu füllen, hilft sehr bei der Beurteilung, ob das Foto zu hell oder zu dunkel ist.

Bei meiner Nikon D700 kann ich eine Taste mit einem 100%-Zoom belegen (Individualfunktion f2), ein tolles Feature, das ich bei der Nikon D90 schmerzlich vermisst habe. Damit ist es ein Kinderspiel, die Kamera kurz vom Auge zu nehmen, mit einem Tastendruck das Bild groß zu zoomen, gegebenenfalls die Belichtung etwas zu korrigieren und weiter zu fotografieren.

Bei jedem Blick auf das Kameradisplay achte ich kurz darauf, was für einen Eindruck die Belichtung macht. Scheint sie okay? Zu hell? Zu dunkel? Hat sich gegenüber dem letzten Foto etwas verändert, weswegen ich vielleicht genauer hinschauen sollte?

Dieser Fototipp ist ein Auszug aus dem Buch "Manuell Belichten" von Sam Jost.Dieses E-Book von Sam Jost war unser "Versuchsballon" beim Vertrieb von E-Books als PDF auf digitalkamera.de und wurde zur Erfolgsgeschichte, die uns ermuntert unsere E-Book-Rubrik im Sommer 2015 komplett zu renovieren und zu erweitern. Der Erfolg liegt natürlich nicht an uns, sondern vor allem an dem tollen Buch selbst, das ganz offenbar genau die Fragen beantwortet, die sich viele Digitalfotografen stellen: Wie hole ich noch mehr aus meiner Kamera heraus? Wann verlasse ich die Automatik und wie greife ich dann selbst in die Belichtungssteuerung ein? Das Buch ist nicht an ein bestimmtes Kameramodell gebunden, sondern behandelt das Thema grundsätzlich und dabei sehr anschaulich. mehr …

Der zweite Teil dieser Serie erscheint am 25. Dezember 2017.


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