Rubrik: Bildgestaltung
Dynamische Gestaltung von Fotos mithilfe von Linien
2018-02-05 Dieser Tipp erklärt, wie Sie Linien im Bild als Gestaltungsmittel einsetzen, um das Foto zu gliedern und weniger chaotisch wirken zu lassen. Zudem erklärt Autor Michael Hennemann, was die in unserem Kultukreis vorliegende Leserichtung mit der Bildgestaltung zu tun hat. Dieser Fototipp ist ein Auszug aus der dritten Auflage des Buchs "Digitale Fotografie – Der Meisterkurs" aus dem Markt+Technik-Verlag. (Michael Hennemannn)
Schräge Linien bedeuten Dynamik. Oft nicht die beste Lösung, die Diagonale genau durch die Bildecken laufen zu lassen. Am Besten sollte schon bei der Aufnahme verschiedene Positionen ausprobiert werden. Daten: Nikon D80, 22 mm, F8, 1/90 s, ISO 100. [Foto: Markt+Technik]
Linien sind ein wirkungsvolles Gestaltungsmittel. Sie tauchen praktisch in jedem Foto auf und sind nicht immer so eindeutig zu erkennen, wie etwa die Eisenbahnschiene im folgenden Foto. Auch der Kontrast zwischen einer dunklen und einer hellen Fläche wird vom Betrachter als Linie wahrgenommen, und eine Reihe farbiger Blumenblüten vor einer grünen Rasenfläche ergänzt das Gehirn automatisch zu einer gedachten Linie. Ob nun konkret oder gedacht: Linien gliedern das Bild, lenken den Blick des Betrachters und geben dem Bild eine bestimmte Stimmung mit auf den Weg.
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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass der unbefugte Aufenthalt in Bahnanlagen eine Ordnungswidrigkeit darstellt und lebensgefährliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Linien tauchen als Senkrechten, Waagerechten oder Diagonalen auf. Horizontale Linien vermitteln Ruhe, Gleichgewicht und Stabilität. Bäume, Pfeiler und Strommasten sind typische Beispiele für senkrechte Linien, die Höhe und Stabilität symbolisieren und dem Bild eine gewisse Spannung verleihen. Nutzen Sie senkrechte Linien, um zu verhindern, dass der Blick des Betrachters zu schnell aus dem Bild wandert. Eine Diagonale, z. B. ein Treppengeländer oder ein Bergkamm, gibt dem Foto Bewegung und Dynamik und zieht die Aufmerksamkeit des Betrachters ins Bild. Aus zahlreichen Diagrammen in Zeitungen, Fernsehen und Internet wissen wir: Eine von links unten nach rechts oben verlaufende Linie zeigt einen steigenden Aktienkurs an. Ebenso verhält es sich mit den Diagonalen im Bild. Schräge Linien von links unten nach rechts oben werden als steigende Diagonalen interpretiert, Linien, die entgegengesetzt von links oben nach rechts unten verlaufen, haben eine fallende Tendenz.
Treppenaufgänge bieten oft ein interessantes Formenspiel. Aufnahmedaten: Canon EOS 7D, 17 mm, F5,6, 1/90 s, ISO 400. [Foto: Michael Hennemann]
Ergänzt werden diese drei Linienformen durch geschwungene, kurvige Linien mit sanft fließendem Charakter. Ein weithin bekanntes Beispiel dafür sind die s-förmig gewundenen Wege in der klassischen Landschaftsmalerei. Der schwerwiegendste Gestaltungsfehler ist ein Foto ohne klare Ordnung mit zu vielen Linien, die kreuz und quer durcheinanderlaufen. Ein solcher Bildaufbau erzeugt Unruhe und verwirrt den Betrachter, der sich nicht entscheiden kann, wohin er zuerst schauen soll und was wichtig ist im Bild. Ihre Aufgabe lautet daher: Sorgen Sie für Ordnung. Je klarer und einfacher der Bildaufbau, desto besser. Vermeiden Sie wirre, sich kreuzende und in alle Richtung durcheinanderlaufende Linien. Beschränken Sie sich auf das Wesentliche, suchen Sie nach wenigen Linien mit einer eindeutigen Richtung und zeigen Sie gegebenenfalls nur einen Teilausschnitt. Ordnen Sie die Linien so, dass Sie dem Foto eine Struktur geben und das Auge des Betrachters auf das Hauptmotiv lenken.
Fußgängertunnel unter dem Nord-Ostsee-Kanal. Alle Linien streben auf einen gemeinsamen Fluchtpunkt zu und ziehen das Auge des Betrachters ins Bild. Aufnahmedaten: Canon EOS 6D, F8, 1/40 s, ISO 1.600. [Foto: Michael Hennemann]
In unserem Kulturkreis sind wir die Schreib- und Leserichtung von links nach rechts gewohnt. Fotos, die nach demselben Schema aufgebaut sind, wirken meist eindringlicher, da sie einfach zu verstehen sind. Setzen Sie Linien, Flächen und Helligkeitskontraste geschickt ein, damit Ihre Bilder von der gewohnten Blickrichtung profitieren und diese unterstützen. Erleichtern Sie dem Betrachter den Einstieg in das Foto durch eine helle Fläche, z. B. in der linken unteren Ecke. Führen Sie das Auge dann mit einer Diagonalen zum Hauptmotiv, das im oberen rechten Drittel positioniert ist, und hindern Sie den Betrachter, z. B. durch eine vertikale Linie oder eine dunkle Fläche, das Bild durch die rechte obere Ecke zu schnell wieder zu verlassen. Sie können Linien nicht nur nutzen, um den Blick zu lenken, sondern auch, um damit den Eindruck von räumlicher Tiefe zu erwecken. Das viel zitierte Beispiel ist der klassische Straßenverlauf, bei dem sich die Fahrbahnränder auf dem Foto scheinbar annähern und auf einen Fluchtpunkt zulaufen.
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Weiterführende Links
- E-Book und Buch "Digitale Fotografie – Der Meisterkurs 3. aktualisierte Auflage"
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