Rubriken: Bildgestaltung, Grundlagenwissen

Einfluss der Brennweite auf die Bildwirkung

2019-10-07 In diesem Fototipp erklären wir, was es mit der fotografischen Tiefenwirkung auf sich hat und wie der Objektiv-Bildwinkel diese maßgeblich beeinflusst, wenn die Perspektive einer Aufnahme sich bei nahezu gleichem Bildausschnitt ändert. Mit den gewonnen Erkenntnissen erklärt dieser Fototipp, wieso nicht alle Brennweiten für alle Aufnahmearten geeignet sind.  (Harm-Diercks Gronewold)

In der digitalen Fotografie wird der Bildwinkel einer Kamera aus zwei Faktoren bestimmt. Diese sind die Brennweite und die Größe des Aufnahmesensors. Je größer die Brennweite, desto geringer ist der Bildwinkel. Je kleiner der Sensor, desto kleiner ist auch der Bildwinkel. Das wird in unserem Fototipp “Brennweite verstehen” genauer erklärt (siehe weiterführende Links). 

Der Bildwinkel hat zudem einen großen Einfluss darauf, wie wir als Betrachter die Tiefe eines Bildes wahrnehmen. Wenn Sie beispielsweise einen bestimmten Bildauschnitt haben, den Sie fotografieren wollen und nicht genau wissen, ob sie mit einem Objektiv mit großem Bildwinkel ans Objekt rangehen sollen oder mit einem Objektiv arbeiten wollen, das einen geringen Bildwinkel besitzt und Sie weiter weg gehen müssen, dann denken Sie daran, dass Objektive mit geringem Bildwinkel (langer Brennweite) den Tiefeneindruck im Bild "zusammenstauchen" und Objektive mit großem Bildwinkel (geringer Brennweite) den Tiefeneindruck verstärken. Je nachdem, welcher Eindruck entstehen soll, ist die eine oder andere Vorgehensweise besser geeignet. 

Im Fotojargon spricht man auch von einer steilen und flachen Perspektive. Steil ist die Perspektive, wenn der Bildwinkel groß und der Aufnahmeabstand gering ist. Flach ist die Perspektive, wenn der Bildwinkel klein und der Aufnahmeabstand groß ist.

Was ist Perspektive? Oftmals wird die Änderung der Brennweite als Wechsel der Perspektive bezeichnet. Allerdings ist das falsch. Die Perspektive wird erst gewechselt, wenn sich die Positionierung oder Ausrichtung der Kamera ändert.

Mit diesem Wissen im Hinterkopf dürfte Ihnen nun auch klar sein, warum es keine gute Idee ist, Porträts mit Objektiven aufzunehmen, die einen sehr großen beziehungsweise sehr kleinen Bildwinkel haben. Bei sehr großen Bildwinkeln und geringem Aufnahmeabstand wirken die Gesichtsproportionen unnatürlich. Die Nase wird meist zu groß abgebildet und der Kopf wirkt unförmig. Außerdem wirkt sich die Verzeichnung des großen Bildwinkels ebenfalls ungünstig aus. Für Porträts sind deshalb Objektive mit einer Brennweite oberhalb von 50 Millimetern auf Kleinbild empfehlenswert. Als Klassiker gelten dabei Objektive mit Brennweiten von 85 und 100 sowie 135 Millimeter. Oberhalb dieses Bildwinkelbereichs tritt genau das Gegenteil auf und Gesichter wirken oft zu flach, wie ein Pfannkuchen.

Für Motive wie Architektur gilt dann, dass größere Bildwinkel genutzt werden, damit die das Motiv Platz zur Entfaltung bekommen kann und nicht überfrachtet wirkt. Dennoch sind sehr große Bildwinkel ebenfalls eher kontraproduktiv. Das liegt dann allerdings eher an der Verzerrung durch den Bildwinkel und nicht an der perspektivischen Tiefe, die erzeugt werden kann. Wie immer in der Fotografie ist die Bildgestaltung kein dogmatischer Gesetzestext, der befolgt werden muss. Am Ende zählt das gewünschte Ergebnis.

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Autor

Harm-Diercks Gronewold

Harm-Diercks Gronewold, 53, ist gelernter Fotokaufmann und hat etliche Jahre im Fotofachhandel gearbeitet, bevor er 2005 in die digitalkamera.de-Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Produktdatenbanken, Bildbearbeitung, Fototipps sowie die Berichterstattung über Software und Zubehör. Er ist es auch, der meistens vor der Kamera in unseren Videos zu sehen ist und die Produkte vorführt.