Rubrik: Bildbearbeitung
Erhöhung der Schärfentiefe bei Makroaufnahmen
2006-01-16 Makrofotos faszinieren, weil sie kleine und kleinste Gegenstände mit ihrer Detailzeichnung und Oberflächenstruktur in einer Größe zeigen, die das bloße Auge selbst nicht wahrnehmen kann. Aber dort, wo die Fotografie das menschliche Sehvermögen übersteigt, werden auch ihre technischen Einschränkungen deutlich. Bei der Makrofotografie ist es die sehr geringe Schärfentiefe, die mit Zunahme des Abbildungsmaßstabes abnimmt. Hier gibt es die Möglichkeit, die Schärfentiefe bei stillstehenden Objekten durch EBV zu erhöhen. (Axel Joerss)
Die
Schärfentiefe – physikalisch eine Einschränkung der Abbildungsleistung des
Objektivs – ist eines der stärksten Gestaltungsmittel der Fotografie. Sie
erlaubt, wichtige Bildinhalte scharf abzubilden und vor einem unscharfen
Hintergrund freizustellen. In der Makrofotografie kann die Schärfentiefe
allerdings zum Problem werden, weil sie mit Zunahme des
Abbildungsmaßstabes immer geringer wird. So lassen sich manche
dreidimensionalen Objekte nicht durchgehend scharf abbilden (Beispiel Bild
1). Auch eine kleine Blende – als das übliche Mittel, die Schärfentiefe zu
erhöhen – reicht da oft nicht mehr aus. Problematisch ist dies
insbesondere bei Produktaufnahmen, bei denen das Objekt komplett scharf
abgebildet werden soll.
Bei stillstehenden Objekten gibt es die (allerdings arbeitsintensive)
Möglichkeit, deckungsgleiche Bilder mit unterschiedlichen Schärfeebenen am
Computer zu einem Bild zu montieren (Beispiel Bild 2). Natürlich ist der
Einsatz eines Stativs bei diesen Aufnahmen Voraussetzung. Anforderungen,
welche die Kamera erfüllen sollte, sind manueller Fokus, guter Sucher bzw.
großes Display sowie die Möglichkeit manueller Belichtung. Im Prinzip
werden die deckungsgleichen Einzelaufnahmen in einem
Bildbearbeitungsprogramm wie Photoshop in Ebenen übereinander angeordnet
und die jeweils unscharfen Partien des Bildes gelöscht. Das kann man auf
unterschiedlichen Wegen erreichen: Entweder lassen sich die unscharfen
Partien mit dem Radiergummi (weicher Pinsel) entfernen oder durch eine
Auswahl mit weicher Auswahlkante.
Ein
Problem gibt es allerdings mit der proportionalen Veränderung der Abbildung
bei unterschiedlicher Fokussierung. D. h. ein stillstehendes Objekt, von
einer stillstehenden Kamera aus fotografiert, ergibt bei veränderter
Fokussierung nie ein wirklich deckungsgleiches Bild. Hier muss man ein wenig
tricksen. Genau wie beim Zusammenfügen mehrerer Bilder zu einer
Panoramaaufnahme muss man hier zur manuellen Feinarbeit greifen. Es
empfiehlt sich dann, die oberste Ebene auf 50% Transparenz zu stellen, um
sie mit der darunter liegenden in Deckung zu bringen (mit den Funktionen
Verzerren und Verschieben). Allerdings eignen sich nicht alle Objekte gleich
gut für diese Methode. Geometrisch kompliziert konstruierte Objekte sind oft
schwieriger als amorphe, bei denen sich einfacher "pfuschen" lässt. Ein
genereller Hinweis für Bildoptimierungen durch EBV gilt auch hier: Die
Methode ist nur sinnvoll, wenn die Bildidee eine durchgehende
Scharfzeichnung verlangt, etwa wenn perfekte Objektfotos, z. B. für eine
wissenschaftliche Dokumentation oder für den Verkauf über eBay, gemacht
werden sollen. Ein dezenter, nicht als Effekt wahrnehmbarer Einsatz der
Methode ist oft wirkungsvoller, als die bloße Zurschaustellung des Effekts.