Rubrik: Bildgestaltung

Fehler in Landschaftsaufnahmen vermeiden

2018-02-12 In diesem Fototipp erklärt Autor Michael Hennemann, wieso manche Landschaftsaufnahmen misslingen und was Sie als Fotograf dagegen tun können. Er erläutert, dass Geduld eine der wichtigsten Tugenden des Landschaftsfotografen ist und dass das Warten auf das "perfekte" Licht seine Zeit erfordert. Dieser Fototipp ist ein Auszug aus der dritten Auflage des Buchs "Digitale Fotografie – Der Meisterkurs" aus dem Markt+Technik-Verlag.  (Michael Hennemannn)

Digitale Fotografie – Der Meisterkurs (für 9,99 € als PDF oder 14,95 € gedruckt)Dieses Buch führt an professionelle Aufnahmetechniken heran, zeigt Wege zur fachgerechten Bildgestaltung und eröffnet neue Ideen und Möglichkeiten zur Bearbeitung von Bildern am PC. Der Autor führt den Leser mit vielen anschaulichen Beispielen durch alle wichtigen fotografischen Genres. So gelingen faszinierende Makroaufnahmen oder charaktervolle Porträts, und man fängt die Weite einer Landschaft in einem anspruchsvollen Panoramabild ein, meistert schwierige Lichtsituationen mit dem notwendigen Know-how und erfährt, wie komplexe Aufnahmebedingungen routiniert kontrolliert werden. Das Buch ist als PDF für 9,99 € oder gedruckt für 14,95 € erhältlich. mehr …

Der Anblick raubt Ihnen schier den Atem: Ein in den letzten Sonnenstrahlen rot glühender Berggipfel spiegelt sich im glatt davorliegenden See. Jetzt nur noch auf den Auslöser drücken und fertig ist das perfekte Landschaftsfoto? In den meisten Fällen ist dieses Vorgehen zum Scheitern verurteilt, und Sie werden von den Fotos enttäuscht sein.

Der Grund ist schnell erklärt. Die Digitalkamera sieht anders als das menschliche Auge. Während unsere Augen rastlos das gesamte Blickfeld abtasten und das Gesehene ununterbrochen an das Gehirn weiterleiten,sodass wir alle Elemente einer komplexen Szene gleichzeitig erfassen können, zeichnet die Kamera immer nur einen begrenzten Ausschnitt der Wirklichkeit auf.

Außerdem fehlt dem Foto eine Reihe von Zusatzinformationen: Sie hören beim Blick auf das fertige Bild weder die Vögel zwitschern noch können Sie den Duft der Almwiese riechen. Der wichtigste Ratschlag für ein gutes Landschaftsfoto lautet daher: Finden Sie Ihren eigenen Ansatz und wählen Sie den abgebildeten Ausschnitt mit Bedacht. Zeigen Sie lieber einen kleineren Ausschnitt, diesen aber verständlich und mit klarer Bildsprache.

Geduld ist eine der wichtigsten Tugenden für Landschaftsfotografen, denn die Natur ist im ständigen Wandel. Während sich die Sonne im Tagesverlauf über den Himmel bewegt, ändert sich die Verteilung von Licht und Schatten ständig. Zusätzlich bringt jede Jahreszeit ihre Motive mit sich. Im Frühling knospen die Bäume, sprießen die Blumen, und die Farbe kehrt zurück in die Natur. Während eine Sumpflandschaft bei strahlendem Sonnenschein langweilig wirkt, erzeugt leichter Nebel in derselben Umgebung eine mysteriös-reizvolle Stimmung. Der Herbst bringt eine zart-melancholische Buntheit, und der Winter macht mit Schnee und Raureif karge Äste zu kleinen Kunstwerken. Die beste Voraussetzung für gute Naturaufnahmen bietet daher nicht eine möglichst kostspielige Kameraausrüstung (sie schadet aber natürlich nicht), sondern die Freude am Spazierengehen und daran, draußen unterwegs zu sein. Nicht umsonst ist praktisch jeder berühmte Landschaftsfotograf auch ein großer Naturliebhaber.

Warten Sie auf das perfekte Licht Das Licht ist das A und O eines guten Landschaftsfotos. Ohne Licht geht es nicht und ein dramatischer Lichteinfall macht selbst aus einer scheinbar langweiligen Landschaft eine spektakuläre Aufnahme. Umgekehrt lässt sich selbst die anmutigste Szene nicht ausdrucksstark im Bild festhalten, wenn die Sonne hoch am Himmel steht und für kurze Schatten und harte Kontraste sorgt. Die wichtigste (und in vielen Fällen einzige) Lichtquelle in der Naturfotografie ist die Sonne. Während Fotografen im Studio ihr Blitzlicht nach Belieben ausrichten, verstärken oder dimmen können, muss der Landschaftsfotograf sich nach den natürlichen Bedingungen richten. Im Laufe eines Tages klettert die Sonne am Himmel empor, und zu jeder Stunde ändert das Sonnenlicht daher Richtung und Farbe. Dieselbe Landschaft „erstrahlt“ daher im wahrsten Sinne des Wortes in ständig neuem Licht.

Das Sonnenlicht bewusst zu sehen, ist einer der wichtigsten Schritte hin zu besseren Landschaftsfotos. Erkennen Sie, aus welcher Richtung das Sonnenlicht kommt und wie es das Aussehen der Landschaft beeinflusst:

  • Frontales Licht: Bei der frontalen Beleuchtung scheint Ihnen die Sonne von hinten über die Schulter, und Sie bekommen ein klares und farbenreiches Bild, allerdings liegen die Schatten direkt hinter dem Motiv, und das Foto wirkt flach und weniger spannend. Die beste Zeit für Aufnahmen mit frontalem Licht ist etwa 2 bis 3 Stunden vor Sonnenuntergang bzw. nach Sonnenaufgang. Wenn die Sonne im Tagesverlauf höher
  • steigt, werden die Fotomöglichkeiten schlechter, und während der Mittagszeit können Sie in den meisten Fällen die Kamera getrost in der Tasche lassen. Einzige Ausnahmen von dieser Regel: Fotos im dichten Wald oder in tiefen Schluchten sind meistens nur beim Höchststand der Sonne möglich, ansonsten kommt dort gar kein Licht an.
  • Streiflicht: Von der Seite einfallendes Licht, besonders bei tief stehender Sonne, schafft dramatische Fotos. Die Landschaft wird durch einen intensiven Kontrast von Licht und Schatten modelliert, Formen, Strukturen und Oberflächen werden herausgearbeitet, und das zweidimensionale Foto erscheint plastisch.
  • Gegenlicht: Gegenlicht erzeugt grafisch wirkende, scherenschnittartige Motive. Menschen oder andere Objekte, die Sie im Gegenlicht fotografieren, erscheinen als schwarze Silhouetten, die von einem Lichtkranz gesäumt werden. Gegenlicht eignet sich besonders für effektvolle, spannende Fotos mit Atmosphäre.
  • Indirektes Licht: Indirektes Licht entsteht bei leicht bedecktem Himmel oder Nebel. Es ist weicher als das direkte Sonnenlicht, und die Fotos erscheinen in reichen, gesättigten Farben und geringeren Kontrasten. Landschaftsaufnahmen bei indirektem Licht wirken oft etwas fad. Es ist aber die ideale Beleuchtung für Detail- und Makroaufnahmen.

Meine Lieblingsbeleuchtung für stimmungsvolle Landschaftsfotos ist die Grenze zwischen Tag und Nacht. Dann, wenn es weder Morgen noch Tag, weder Abend noch Nacht ist, markiert die Dämmerung den Übergang zwischen Tageslicht und Dunkelheit. Die Zeitspanne, in der das Fotografieren möglich ist, ist allerdings nur kurz.

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Seien Sie darauf vorbereitet und halten Sie schon tagsüber Ausschau nach geeigneten Motiven und überlegen Sie sich einen geeigneten Bildaufbau. Ein paar Trockenübungen mit verschiedenen Brennweiten schaden nie. Nachdem die Morgen- oder Abenddämmerung eingesetzt hat, verändert sich das Licht so schnell, dass dann keine Zeit mehr bleibt, um nach dem geeigneten Platz zu suchen, um das Stativ aufzubauen. Nichts ist frustrierender, als bei hervorragendem Licht keine Fotos machen zu können, weil einfach kein Motiv da ist.

Stellen Sie, bevor Sie zur Fototour am frühen Morgen oder späten Abend aufbrechen, sicher, dass die Kameratasche komplett gepackt ist. Haben Sie genügend Speicherkarten dabei, und sind die Akkus frisch geladen? Haben Sie das richtige Objektiv im Gepäck? Meine Erfahrung: Es fühlt sich nicht besonders gut an, sich schlaftrunken aus dem Bett zu quälen und dann vor Ort festzustellen, dass die Speicherkarte voll ist oder der Akku noch im Ladegerät einige Kilometer entfernt im Hotelzimmer steckt.


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