Rubrik: Bildbearbeitung
Focus Stacking mit Focus Projects Professional
2014-07-28 Jeder Fotograf kennt den Begriff Schärfentiefe und welche Faktoren diese beeinflussen (Brennweite, Blende und Motivabstand sowie Sensorgröße). Kann man in der Landschaftsfotografie mit der sogenannten Hyperfokaldistanz arbeiten, so steht dem Makrofotografen nur eine hohe Blendenzahl zur Verfügung, und selbst das ist oft nicht möglich, weil nicht genug Licht vorhanden ist oder man Beugungsunschärfen vermeiden möchte. Wir wollen in diesem Fototipp zeigen, wie das sogenannte „Focus Stacking“ mit Focus Projects professional vor sich geht und worauf man bei der Aufnahme achten muss. (Harm-Diercks Gronewold)
Die Arbeitsfläche zeigt auf der linken Seite die Voreinstellungen, in der Mitte die aktuelle Vorschau und rechts die Effekte und Detaileinstellungen. [Foto: MediaNord]
Die Ansicht der Bildsequenz zeigt an, welche Bereiche aus welchem Bild benutzt werden. [Foto: MediaNord]
Eine "Problemzone" zeigt sich durch Unschärfe an einer Kante und muss manuell behoben werden. [Foto: MediaNord]
Um die "Problemzone" anzupassen, muss man zunächst das Bild der Sequenz ermitteln, welches diesen Bereich scharf abbildet. [Foto: MediaNord]
Hat man das Bild lokalisiert, kann man mit der entsprechenden Pinselfarbe diesen markieren. Die Software weiß dann, dass sie diesen Teil übernehmen soll. [Foto: MediaNord]
Das Resultat der Bearbeitung zeigt eine deutliche Verbesserung. [Foto: MediaNord]
Die Post-Processing-Effekte erlauben dem Anwender, das Bild noch weiter zu verändern. Viele der Effekte haben zusätzliche Detaileinstellungen. [Foto: MediaNord]
Ein Bild aus der Aufnahmesequenz ohne Weißabgleichanpassung und Retusche. [Foto: MediaNord]
Das finale zusammengesetzte Bild. [Foto: MediaNord]
Doch was verbirgt sich hinter „Focus Stacking“ eigentlich? Übersetzt man beide Worte so bekommt man „Fokus“ und „stapeln“ und das beschreibt das Vorgehen auch sehr gut, denn in der Tat „stapelt“ man verschiedene Aufnahmen aus einer Perspektive eines Objektes übereinander und extrahiert daraus den jeweils scharfen Bildbereich. Damit wird erreicht, dass ein durchgängig scharfes Bild entsteht. Gerade in Bereichen mit wenigen Millimetern Schärfentiefe ist diese Technik extrem nützlich.
Bei der Aufnahme ist zu beachten, dass die Kamera immer auf einer Position verbleibt, der Weißabgleich manuell gesetzt wird, ebenso wie die Belichtung und die Blende müssen fest sein. Die Schärfe (Fokus) wird entweder am Objektiv eingestellt oder man besorgt sich einen Makroschlitten mit Schneckenverstellung. Um den Schärfenbereich zu ermitteln, kann man einen Schärfenbereichsrechner (DoF) benutzen, welcher als Website oder Smartphone-App verfügbar ist. Damit hat man dann einen Anhaltspunkt, in welchem Bereich die Fokusänderung sich bewegt (siehe weiterführende Links).
Hat man diese Vorbereitungen getroffen, so fängt man mit dem Fotografieren an. Der Vorgang ist relativ simpel, allerdings muss man Geduld aufbringen. Nach dem ersten Foto wird der Fokus für jedes Foto verändert, so dass man praktisch „Scheibchenweise“ das Motiv scharf abbildet. Es ist immer empfehlenswert, kleine Schritte zu machen, um mehr Aufnahmen als notwendig zu erhalten. Hat man zu wenige Aufnahmen erstellt, dann kann unter Umständen die gesamte Aufnahmeserie nicht genutzt werden, da der Schärfenbereich nicht durchgängig ist. Arbeitet man mit einem Makroschlitten, dann muss der Fokusring nur einmalig eingestellt werden. Bei der Arbeit darf aber nicht vergessen werden, dass die Perspektive sich leicht verändern kann, wenn beispielsweise ein Objekt von schräg oben fotografiert wird. Dies kann Focus Projects Professional zwar ausgleichen, dennoch sollte man sicher sein, dass man jederzeit das Motiv komplett auf dem Sensor hat.
Sind die Aufnahmen im Kasten, dann kann man daran gehen, die Fokus-Reihe mit Focus Projects Professional zu verarbeiten. Dazu öffnet man die zuvor installierte Software und klickt auf das zweite Icon „Bildersequenz laden“ und markiert dort seine Bildsequenz. Danach kann man in der Bildvorbereitung den Weißabgleich, Entrauschung und die Ausrichtung anpassen. Letzteres ist besonders dann wichtig, wenn man mit einem Makroschlitten gearbeitet hat. Mit einem Klick auf den Pfeil nach rechts bestätigt man die Auswahl. Falls nun die Software eine Warnung ausgibt, ist es empfehlenswert, entweder die Bilder zu verkleinern oder die Fokusreihe um Aufnahmen zu reduzieren. In unserem Beispiel reduzieren wir die Bildgröße, da das Foto nur für die Webansicht benutzt werden soll. Nun rechnet Focus Projects Professional die Schärfenbereiche zusammen.
Ist die Software mit dem Berechnen des "Stapels" fertig, muss der Anwender schauen, wo in seinem Motiv „Problemzonen“ vorhanden sind. Problemzonen sind Bildbereiche, die unscharf sind, es aber nicht sein dürfen. Diese Bereiche werden dann manuell bearbeitet. Dazu klickt man einfach auf das Pinselwerkzeug vor dem Icon, welches wie eine Malerpalette aussieht. Focus Projects Professional zeigt dem Anwender nun eine furchtbar bunte Aufbereitung des Bildes. Jede Farbe zeigt an, welcher Bildteil aus welchem Bild der Sequenz stammt. Der Anwender muss nun entscheiden, aus welchem Bild er welchen Teil benutzen möchte. Das entsprechende Bild zu lokalisieren ist oft eindeutig, doch in unserem Beispiel muss ermittelt werden, welches Bild nun mehr Gewichtung erfahren soll. Dazu klickt man einfach auf eines der kleinen Vorschaufenster. Dann macht man sich auf die Suche nach dem Bild, in welchem der gesuchte Bildbereich scharf abgebildet ist. Hat man das entsprechende Bild lokalisiert, klickt man erneut auf das kleine Vorschaufenster, und man ist wieder in der Bearbeitungsansicht. Nun wählt man die entsprechende Farbe des lokalisierten Bildes und fängt an, mit dieser Farbe im großen bunten Vorschaufenster den Bereich zu markieren, welcher im Fokus liegen soll. Sollte man sich einmal "vermalt" haben, so kann man einfach das „Radiergummi“-Werkzeug nehmen und Korrekturen vornehmen. Wenn man das Markieren abgeschlossen hat, klickt man einfach auf die „Malerpalette“, und Focus Projects Professional berechnet das Bild mit den neuen Vorgaben.
Ist das Bild soweit in Ordnung, kann man es entweder über die verschiedenen Schieberegler auf der rechten Seite finalisieren, oder man klickt auf den „Experte“-Button auf der rechten Seite und wählt einen oder mehrere Post-Processing-Effekte aus. Um das Bild farblich zu neutralisieren, haben wir uns für den manuellen Weißabgleich entschieden und das Bild farblich neutralisiert. Danach ist das Bild fertig und man könnte es zu anderen „Project“-Programmen exportieren, es als 3D-Animation verarbeiten oder ganz einfach als Bilddatei speichern.
Zwar ist es möglich, Focus Stacking per normaler Bildbearbeitung zu machen, dennoch ist es sehr mühsam, wenn die Schärfenbereiche extrem gering sind und man viele Bilder in einer Sequenz verarbeiten muss. Focus Projects Professional ist in der Lage insgesamt 400 Bilder pro Sequenz zu verarbeiten. Focus Projects Professional ist im Franzis-Verlag erschienen und für knapp 130 Euro im Fachhandel oder direkt auf der Franzis-Website erhältlich.