Rubrik: Sonstige Tipps

Fokussierprobleme bei digitalen Spiegelreflexkameras

2008-05-05 Mit der steigenden Anzahl der Megapixel, auch in digitalen Spiegelreflexkameras, sollen eigentlich die Bildqualität und -schärfe steigen. Es treten aber auch Probleme mit der Schärfe auf, die zu analogen Zeiten noch nicht so ausgeprägt waren. Das kann dadurch verursacht sein, dass der Autofokus der Kamera nicht präzise genug mit dem verwendeten Objektiv zusammenarbeitet. Dabei entstehen ungewollte Unschärfen, die als "Backfokus" und "Frontfokus" bezeichnet werden. Deren Ursache ist darin zu suchen, dass bei den meisten digitalen Spiegelreflexkameras der Sensor für die Fokussierung unten im Spiegelkasten und nicht in der Ebene des Bildsensors angeordnet ist. In diesem digitalkamera.de-Fototipp geht es darum, die eigene Kamera-/Objektiv-Kombination auf dieses Phänomen hin zu überprüfen.  (Ralf Conrads)

Fototipp Fokussierprobleme – Beispiel Frontfokus [Foto: Ralf Conrads] Wenn ein Foto, das man auf dem Bildschirm betrachtet, nicht die knackige Schärfe zeigt, die man eigentlich erwartet, kann das viele Ursachen haben: Das Bild ist verwackelt, es wurde ein falscher Punkt für den Autofokus gewählt, oder der Fotograf hat einen anderen Fehler gemacht. Auch minderwertige Objektive oder falsche Kameraeinstellungen haben Einfluss auf die Bildschärfe.

Es ist aber auch möglich, dass der Autofokus der Kamera nicht präzise genug mit dem verwendeten Objektiv zusammenarbeitet. Dabei entstehen ungewollte Unschärfen, die als "Backfokus" und "Frontfokus" bezeichnet werden. Beim Backfokus liegt die Schärfeebene des Fotos hinter der gewollten Schärfeebene, beim Frontfokus (der übrigens häufiger auftritt als der Backfokus) liegt die Schärfeebene des Fotos vor der eigentlich gewünschten Schärfeebene. Auf den ersten Blick erscheint das Beispielfoto in der Mitte mit der Statue ausreichend scharf, aber beim Betrachten der Ausschnitte rechts und links ist deutlich erkennbar, dass die Schärfe nicht da ist, wo sie hingehört. Das Bild zeigt einen ausgeprägten Frontfokus.

Fokussierprobleme – Statue Pylon [Foto: Ralf Conrads] Die Ursache für Frontfokus und Backfokus ist darin zu suchen, dass bei den meisten digitalen Spiegelreflexkameras der Sensor für die Fokussierung unten im Spiegelkasten und nicht in der Ebene des Bildsensors angeordnet ist. Ein Spiegel in der Kamera lenkt die vom Objektiv gesammelten Lichtstrahlen auf die Autofokus-Sensoren um, die über Phasenvergleichsmessung die Bildschärfe beurteilen und die Scharfeinstellung des Objektivs steuern. Wenn von den Autofokus-Sensoren gemeldet wird, dass die Scharfeinstellung abgeschlossen ist, bedeutet dies, dass das Bild auf den Autofokus-Sensoren scharf abgebildet ist. Das ist aber nicht in jedem Fall mit perfekter Schärfe auf dem Bildsensor gleichzusetzen. Es ist nämlich möglich, dass die gewünschte Schärfeebene nicht genau auf dem Bildsensor, sondern leicht davor oder dahinter liegt. Die Ursachen liegen in einer nicht optimalen Abstimmung zwischen Kamera und Objektiv. Je nach Lichtfarbe – Kunstlicht oder Tageslicht – kann diese Abweichung unterschiedlich stark ausfallen. Auch bei den analogen Spiegelreflexkameras hat es diese Fokusdifferenzen schon gegeben, sie waren jedoch weniger auffällig: Die bildgebende Schicht eines chemischen Films ist dicker als die lichtempfindliche Ebene des Bildsensors in digitalen Spiegelreflexkameras, so dass kleine Abweichungen nicht aufgefallen sind. Auch wurden die meisten Bildergebnisse als Fotos im Papierformat in den Größen 9x13 cm oder 10x15 cm betrachtet. Ein Bild auf einem 19- oder 21-Zoll Monitor dagegen lässt die ungewollten Unschärfen eher zu Tage treten.

Es gibt nun verschiedene Wege zu prüfen, ob ein Fokussierproblem vorliegt. Beim Testen muss zunächst sichergestellt werden, dass alle anderen Effekte, die zu Unschärfe führen können, ausgeschlossen werden. Die Testaufnahmen sollten daher bei gutem Licht, vom Stativ und mit niedriger Empfindlichkeit (ISO 100-200) gemacht werden. Wenn die Kamera mehrere Autofokus-Sensoren hat, sollte nur der Mittlere benutzt werden. Dabei ist zu beachten, dass die tatsächliche Größe des Autofokus-Messfeldes oft größer ist als die Umrahmung im Sucher. Ein erster, einfacher Test besteht darin, ein Objekt mit manueller Korrektur zu fotografieren. Das erste Foto wird ganz normal mit Autofokus gemacht, beim zweiten Foto lässt man erst die Kamera automatisch fokussieren und korrigiert dann die Schärfe mit der manuellen Scharfeinstellung. Wenn die manuell fokussierten Bilder schärfer sind, kann ein Problem mit dem Autofokus vorliegen.

Fototipp Fokussierprobleme – Lineal [Foto: Ralf Conrads] Einige digitale Spiegelreflexkameras, die mit LiveView ausgestattet sind, haben zwei verschiedene Autofokus-Systeme. Das erste im Normalbetrieb verwendete System stellt die Schärfe (wie oben beschrieben) über die Sensoren im Spiegelkasten ein. Wenn der LiveView aktiviert ist, kann bei einigen Kameramodellen die Scharfeinstellung über Kontrastdetektion direkt auf dem Sensor erfolgen, so dass diese Bilder keinen Front- oder Backfokus aufweisen können. Sind die Fotos aus dem Vergleich beider Systeme unterschiedlich scharf, kann ein Problem in der Abstimmung zwischen Kamera und Objektiv vorliegen.

Ein im Winkel von ca. 45° fotografiertes Lineal kann ebenfalls Aufschluss über die Qualität und Präzision des Autofokus geben: Man fotografiert einen bestimmten Abschnitt des Lineals und kann leicht erkennen, ob Abweichungen vorliegen. In unserem Beispiel (siehe Bild) wurde mit einem 85mm-Objektiv bei Blende 5,6 auf die 13 cm fokussiert. Das Ergebnis ist so, wie es sein sollte.  Sollten die Testaufnahmen dagegen tatsächlich eine ausgeprägte Abweichung der Fokussierung zeigen, bleibt oft nur der Weg über den Service des Kameraherstellers. Kamera und Objektiv müssen eingeschickt und aufeinander abgestimmt werden. Einige Kameras, wie zum Beispiel die Nikon D300 und die Nikon D3, können vom Anwender für bis zu 12 Objektive selber feinjustiert werden.


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