Rubrik: Bildgestaltung
Fotos im Zoo
2000-11-20 Wer Tiere fotografieren will, braucht eine gehörige Portion Geduld. Zootiere lassen sich nun einmal nicht lenken, zumindest nicht von Besuchern. Zu Beginn wird außer Zufallstreffern kaum Interessantes auf das Speichermedium kommen. Wenn man sich jedoch intensiv mit dieser Materie befasst und ein paar Dinge beachtet, dann kann die Tierfotografie zur Sucht werden und den Fotografen mit einmaligen Tierbildern belohnen. (Jürgen Rautenberg)
Schildkröte [Foto: Jürgen Rauteberg]
Anfänger streben zunächst zum Löwengehege. Hier lebt schließlich
der König der Tiere und gefährlich ist er obendrein. Nur: So
denken eben die meisten Leute. Mit der Folge, dass man sich vor
Löwen-, Tiger- und Elefantenfotos kaum retten kann, während die
Kenner sich bei unscheinbareren, aber äußerst interessanten und
fotogenen Tieren ihre Lorbeeren holen.
Für den Anfang empfehlen wir ein Tier, das sich möglichst wenig
oder langsam bewegt. Hier hat der Fotograf Zeit, vor der Aufnahme zu
beobachten und sich zu entscheiden, welche Situation, von welchem
Standpunkt, in welcher Pose er in welchem Moment fotografiert. Denn:
draufhalten alleine reicht nicht. Es sollte schon eine für die
Gattung typische Situation und der richtige Augenblick abgewartet
werden. Je öfter der Fotograf auf diese Weise arbeitet, um so
schneller wird er das Verhalten seiner "Models"
kennenlernen und dann öfter den richtigen Moment, die beste
Situation erwischen und das aussagekräftigste Bild vorzeigen
können.
Junger Eisbär [Foto: Jürgen Rauteberg]
Es ist absolut sinnlos, an einem Tag den ganzen Zoo abzulaufen
und von möglichst vielen Tieren je ein Bild zu machen. Viel besser
ist die umgekehrte Vorgehensweise: mindestens eine Stunde lang vor
einem Gehege bleiben, auf Höhepunkte warten und dann im geeigneten
Moment schießen. Intensiv machen Sie es so: Wählen Sie ein Tier
aus, das Ihnen besonders interessant oder sympathisch erscheint und
beschäftigen Sie sich ein paar Besuche lang nur mit ihm. Sind Sie
mit dem Tier vertraut und mit den ersten Ergebnissen zufrieden,
können Sie Ihre Aufmerksamkeit ein oder zwei anderen Tiergruppen
zuwenden. Auf diese Weise erarbeiten Sie sich nach und nach den
ganzen Zoo. Doch wenn Sie wirklich Biss bekommen, werden Sie im
weiteren Verlauf immer wieder auf Ihre Lieblingstiere zurückkommen.
Letztendlich: Nur, wer sich spezialisiert, bringt Spitzenergebnisse.
Zum Wissen um die Tiere und ihr Verhalten muss eine darauf
abgestimmte fotografische Grundausrüstung kommen. Bei größeren
Gehegen halten sich die Tiere oft weit entfernt vom Besucherbereich
auf. Hier hilft nur eine lange Brennweite, die eigentlich gar nicht
lang genug sein kann. In Frage kommt also nur ein Telekonverter, den
Sie vor die Digitalkamera schrauben oder eine Kamera, die von Haus
aus mit wesentlich mehr als 3-fachem optischen Zoom ausgestattet
ist. Ideal für diese Anwendung sind natürlich die (wenigen)
Digitalkameras, deren Zoomobjektiv einen optischen Stabilisator
besitzt. Ohne Stabilisator brauchen Sie in jedem Fall ein Stativ.
Der Einsatz langer Brennweiten erfordert wegen deren geringer
Schärfentiefe kleine Blenden. Verwacklungsfreies Auslösen ist dann
(ohne Stabilisator) aus der Hand kaum noch möglich. Das gilt auch
für Kameras mit Vollautomatik, bei denen Sie nicht erkennen
können, welche Zeit-/Blendenkombination für ein Bild gewählt
wird. Zusätzlich können Sie mit der Kamera auf dem Stativ das
Objektiv auf einen vorgewählten Motivausschnitt einstellen. Kommt
der entscheidende Moment, brauchen Sie nur noch auszulösen, ohne
lange zielen zu müssen. Das Stativ hilft also nicht nur gegen
Verwacklung, sondern ermöglicht die Beibehaltung und Wiederholung
eines erwünschten Bildausschnittes!
Eule [Foto: Jürgen Rauteberg]
Noch ein Hinweis: Vermeiden Sie es, Tiere zu vermenschlichen,
denn solche Clownerien bringen Ihnen bei echten Tierfotografen keine
Freunde. Tierjunge jeder Art jedoch bieten heitere Motive ohne Ende.
Bild 1 "Schildkröte": Ein
einfach zu bewältigendes Motiv. Das Tier bewegt sich sehr langsam,
sodass dem Fotografen Zeit genug bleibt, die Aufnahme vorzubereiten
und den richtigen Moment für die Auslösung zu wählen. Das
Typische des Tieres wurde durchaus erfasst.
Pfauenporträt [Foto: Jürgen Rauteberg]
Bild 2 "Junger Eisbär": Er
war der ausgesprochene Star des Kölner Zoos! Seine unermüdlichen,
zum Schreien komischen Spiele mit dem "Lübecker Hütchen"
lockten Besuchermassen an das Bassin; die Kameras klickten
ununterbrochen. Von einem solchen Motiv schießt man am besten eine
Serie, in diesem Fall waren es ca. 40 Aufnahmen, einige davon zählen zu
den erfolgreichsten.
Bild 3 "Eule": Passt das
Tier sich der Umgebung oder die Umgebung dem Tier an? Die Funktion
der Schutzfärbung wird jedenfalls deutlich. Der Vogel sitzt gut
platziert im Licht, der Hintergrund ist dunkel. Die Eule posiert
bildwirksam, leicht diagonal vor den senkrechten Baumstämmen des
durch Unschärfe zurückgenommenen Hintergrundes.
See-Elefant [Foto: Jürgen Rauteberg]
Bild 4 "Pfauenporträt":
Pfauen sieht man auf Bildern in der Regel radschlagend. Das ist
schließlich ihr Markenzeichen. Dass ein Pfau auch anders wirken
kann, zeigt dieses Bild. Zwar füllen die imposanten Schwanzfedern
den Hintergrund, der Blickpunkt liegt jedoch auf dem Kopf mit seiner
wunderschönen Zeichnung und dem kecken Krönchen. Also: Nicht
nachahmen, sondern eigene Wege gehen und einen eigenen Stil
entwickeln.
Bild 5 "See-Elefant": Auch
einen See-Elefanten juckt einmal die Nase. Um das Aussehen des
Tieres zu dokumentieren, ist natürlich ein Ganzkörperfoto besser.
Der enge Ausschnitt dieses Bildes beschränkt sich bewusst auf die
quasi komische Situation.