Rubrik: Motive und Situationen
Grundkenntnisse für packende Sportfotos
2008-06-30 Jeder kennt die Bilder aus dem Fernsehen: Zwei Dutzend Fotografen sitzen mit ihren riesigen grauen, schwarzen oder weißen Tüten am Spielfeldrand und verfolgen den Ball oder Sportler. Aber nur wenige dieser Bilder schaffen es in die Magazine, in die Zeitung oder gar auf eine Titelseite. Was macht also ein gelungenes Sportfoto aus, was unterscheidet einen sportlichen Top-Shot von digitalem Bildermüll? Auf was achten professionelle Sportfotografen, worauf zielen sie und welche Kameraeinstellung benutzen sie? In unserem heutigen Fototipp werden wir Grundkenntnisse und Basiswissen erklären, die ein gutes Sportfoto ausmachen. (Marco Knopp)
Emotion und Action! Das sind die beiden wichtigsten Bestandteile eines guten Sportfotos. So kann das Bild eines gelungenen Torschusses mitunter weniger haften bleiben als das Bild einer spektakulären Glanzparade des Torhüters, die den Spielverlauf nicht weiter beeinflusst hat. Jubelnde Spieler, die vor der Fankurve übereinander herfallen, sind eventuell ein attraktiveres Bild als der Torschuss an sich. Bei vielen guten Sportfotos sieht man Emotion vor Information. Ein guter Sportfotograf vereint beide Punkte zu einem perfekten Sportfoto – Information durch Emotion ist dabei die Zauberformel. Denn diese Bilder sind es, die dem Betrachter in Erinnerung bleiben und aus der Masse herausstechen. Drei Probleme sind dabei zu lösen. Erstens: Man kommt eigentlich nie so dicht an den Sportler heran, wie man es gerne möchte. Zweitens: Oft hat man weniger Licht als man gerne hätte. Und drittens: Sport ist sehr oft sehr schnell.
Wenden wir uns Punkt eins zu: Entfernung ist in der Fotografie immer mit dem Wort Brennweite verknüpft. Das ist im Bereich der Sportfotografie natürlich genau so. Verschiedene Sportarten benötigen verschiedene Brennweiten. Bei einigen Sportarten steht man sehr dicht am Geschehen und muss ein Weitwinkel benutzen, um das komplette Motiv ablichten zu können. Wieder andere Gegebenheiten sorgen dafür, dass man bis zu 100 Meter vom Motiv entfernt positioniert ist. Welche Brennweite sinnvoll ist, hängt also von der Sportart ab. So werden Fotografen von Fußballspielen ohne ein starkes Teleobjektiv nicht auskommen (siehe dazu unseren entsprechenden Fototipp unter weiterführende Links), Mountainbikefotografen nutzen gern den Effekt eines Superweitwinkels. Bei Sportarten wie zum Beispiel American Football, Leichtathletik oder Pferderennen sind Brennweiten zwischen 100 und 400 mm Standard. Als Alternative für den schmaleren Geldbeutel seien hier auch die 70 – 200mm-Objektive erwähnt, die bei es bei einem Brennweiten verlängernden Faktor von 1,6 an einer Digitalkamera auch auf immerhin 112-320 mm bringen (verglichen mit Kleinbildformat). Diese Objektiv-Modelle haben sich als ziemliche Allzweckwaffe erwiesen und sind mittlerweile für fast alle gängigen Kameramodelle zu fairen Preisen erhältlich. Für den Fall, dass die Sportler nicht so weit entfernt sind, wie zum Beispiel beim Handball, Radsport oder Basketball, sollte ein 18 – 55mm-Objektiv oder ähnliches griffbereit sein. So kann man auf fast alle Eventualitäten während eines Spiels mit der richtigen Brennweite reagieren.
Bei der Auswahl des Objektivs dreht sich allerdings nicht alles nur um die Brennweite, die Lichtstärke ist ein mindestens genauso wichtiger Aspekt. Wechselndes Wetter sowie spärlich beleuchtete Hallen stellen eine große Herausforderung in der Sportfotografie dar. Deshalb ist ein lichtstarkes Objektiv unabdingbar, eine Offenblende von F4 sollte es zumindest bieten. Dies erfüllt mehrere Zwecke gleichzeitig: Eine größere Blendenöffnung lässt mehr Licht auf den Chip fallen, dadurch sind kürzere Verschlusszeiten möglich. Als zweiter wichtiger Punkt bietet sich die Möglichkeit, den Schärfebereich durch eine größere Blendenöffnung zu verringern. Durch weniger Schärfentiefe wird der Hintergrund unschärfer und das Hauptmotiv besser hervorgehoben und freigestellt.
Als weitere Waffe im Kampf gegen die Dunkelheit dient die Lichtempfindlichkeit der Kamera. Die normalen Digitalkameras bieten eine Empfindlichkeit von bis zu 1.600 ISO. Die ganz neuen oder im höheren Preissegment angesiedelten Modelle können sogar auf 6.400 ISO gezogen werden. Allerdings ist auch hier Vorsicht geboten. Das digitale Rauschen ist bei hohen ISO-Zahlen um ein Vielfaches stärker ausgeprägt, was nicht nur zu Lasten der Detailwiedergabe geht, sondern meist auch eine digitale Nachbearbeitung am Computer erfordert.
Was in der Fototasche eines Sportfotografen nie fehlen sollte, ist ein leistungsstarker Blitz. Bei vielen Sportarten kann man durch ein zusätzliches Blitzlicht nicht nur schlechte Lichtsituationen ausgleichen, sondern auch interessante Effekte erzielen. Ein Mitzieher beispielsweise ist ein sehr beliebtes Gestaltungselement, um Dynamik und Geschwindigkeit zu erzeugen.
Kurze Verschlusszeiten sind in der Sportfotografie ein absolutes Muss, will man das Objekt beziehungsweise den Sportler einfrieren und scharf abbilden. Von Vorteil ist eine Kamera mit manueller Einstellmöglichkeit der Verschlusszeit, so wie es Spiegelreflexkameras anbieten. Eine hohe Geschwindigkeit beim Fotografieren von Bildserien (etwa 5 Bilder pro Sekunde) kann ebenfalls hilfreich sein, besonders wenn man sich am Anfang noch nicht sicher ist, welchen Moment man festhalten sollte. Mindestens genau so wichtig wie die Geschwindigkeit des Verschlusses ist die Geschwindigkeit des Autofokus. Das beste Licht und der schnellste Verschluss nützen einem nichts, wenn der Autofokus nicht hinterherkommt, und der Schärfebereich immer ein Stückchen hinter dem Motiv liegt. Deshalb ist eine qualitativ hochwertige Kamera mit gutem Autofokus zu empfehlen. Der Autofokus sollte auf Objektverfolgung (AI-Servo) gestellt werden. Dies erspart ein ständiges Nachfokussieren. Alternativ kann man auch manuell vorfokussieren, um dann abzudrücken, wenn das Objekt in den Schärfebereich gekommen ist.
Da alle Sportarten unterschiedlich sind, kann man keine pauschalen Einstelltipps bezüglich Blende oder Belichtungszeit geben. Sollte man beim Fußball nicht länger als eine 1/500 Sekunde belichten, ist beim Basketball vielleicht schon eine 1/125 Sekunde ausreichend. Beim Hallenhandball dagegen ist oft nicht genug Licht vorhanden, um die Verschlusszeit so kurz einzustellen. Dort muss man dann mit ISO und Blende die Belichtung pushen, um eine kurze Verschlusszeit zu erreichen. Um die richtige Kameraeinstellung zu finden, sollte man einige Probeschüsse vor dem Spielbeginn machen. Auch hier muss man wieder stark auf die Lichtsituation achten und eingehen. Da in Hallen immer unter Kunstlicht gespielt wird, empfiehlt es sich, einen manuellen Weißabgleich zu machen. Falls man an der Kamera keinen manuellen Weißabgleich vornehmen kann, sollte man verschiedene Einstellungen des Weißabgleichs ausprobieren, um festzustellen, in welcher Stellung eine weiße Fläche (Trikot, Bande etc.) auch in klarem Weiß wiedergegeben wird. So vermeidet man stundelanges Bearbeiten am Computer, um Farbstiche und Grauschleier zu korrigieren. Die Arbeit nach dem Spiel ist genau so wichtig wie die Arbeit vor dem Spiel. Wenn man zwischen 100 bis 500 Bilder auf dem Rechner hat, hilft es, die 10 bis 25 besten Fotos herausfiltern. Dabei gilt wieder: Emotionen vor Information
Ein weiterer guter Tipp ist es, seine Bilder im RAW-Format zu fotografieren. Schärfe und Farbton lassen sich im RAW-Format wesentlich besser bearbeiten als zum Beispiel im JPG-Format. Außerdem besteht die Möglichkeit, nachträglich einen Weißabgleich zu machen. RAW-Tipp: Falls Licht fehlen sollte, kann man bewusst 1 bis 2 Blendenstufen unterbelichten, um später am Computer dann die Belichtung wieder herauf zu setzen. Es gehen kaum Details verloren (im Gegensatz zur Überbelichtung). Die Nachbearbeitung am Computer beinhaltet auch, den Ausschnitt zu verengen und störende Dinge (z. B. unbeteiligte Spieler oder grelle Farben) weg zu schneiden. So legt man den Fokus noch stärker auf das Hauptmotiv und hält das Auge des Betrachters länger gefangen.
Wenn man sich an diesen kleinen Hilfen entlang "hangelt", sollte man am Ende des Spiels ordentlich belichtetes Bildermaterial haben. Natürlich sind Ausrüstung, Kameraeinstellung und Ausschnitt nur ein paar der Faktoren, die zu einem guten Sportfoto führen. Perspektive und eigene Note sind ein anderer, sehr wichtiger Aspekt. Was diese beiden Punkte angeht, muss man einfach viel experimentieren und ausprobieren. Meist sind es die ungewöhnlichen Blickwinkel und Lichtsituationen, die eine Sportfotografie aus der Masse herausstechen lassen. Ob man frontal oder seitlich, mit oder gegen das Licht fotografiert, sollte jeder nach seinem eigenen Geschmack und Stil entscheiden.