Rubrik: Bildbearbeitung

HDR-Fotografie – Die Software

2011-02-28 Nach der erfolgreichen Aufnahme der Belichtungsreihe ist es nun an der Zeit, die Fotos zu einem 32-Bit-HDR-Bild zusammenzufügen. Dies wird mit Hilfe einer spezialisierten Software gemacht. Doch welche Programme gibt es und was zeichnet sie aus? Jürgen Held stellt in diesem Teil der mehrteiligen Fototipp-Reihe aus dem Buch "HDR-Fotografie – Das umfassende Handbuch" einige Programme näher vor und teilt dem Leser seine Einschätzung mit.  (Jürgen Held)

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Die Aufgabe eines HDR-Programms ist es, die unterschiedlich belichteten Einzelaufnahmen zu einem HDR-Bild mit 32 Bit Farbtiefe zusammenzufügen. Darüber hinaus sollte das Programm oder das Plug-in auch über Tone-Mapping-Funktionen verfügen. Einige Softwarelösungen, wie Photomatix und HDRShop, bieten sogar Korrektur- und Bildbearbeitungsfunktionen an. Je nach Aufgabenstellung und Anspruch an das HDR-Ergebnis sollte man sich mit den unterschiedlichen Programmen und ihren Funktionen auseinandersetzen. Ein wenig Experimentierfreude schadet auch nicht, bis der persönliche Favorit gefunden ist. Gerade in dem noch relativ jungen HDR-Imaging löst jede Software die Aufgaben auf unterschiedliche Art und Weise. Selbst gleiche Einstellungen beim Generieren eines HDRI führen manchmal – in ein und demselben Programm – zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Die meisten 3D-Programme, wie Cinema 4D, Maya, Blender oder LightWave 3D, können schon seit Jahren mit HDR-Formaten umgehen. Und auch das quelloffene CinePaint Film Gimp, eine überarbeitete Version des Grafikprogramms GIMP, kann HDR-Bilder handhaben.

Tipp: Sind die Ergebnisse der HDR-Verrechnung nicht zufriedenstellend, kann man es mit den gleichen Einstellungen ein zweites Mal versuchen. Häufig sieht das Ergebnis etwas anders aus und möglicherweise so, wie man es wünscht.

Photomatix führt den Benutzer Schritt für Schritt durch die Anwendung. Nach der Generierung des HDR-Bildes folgt das Tone Mapping. [Foto: Galileo Design]Im Folgenden eine Aufstellung der wichtigsten HDR-Programme und deren Merkmale:

Photomatix ist ein gut dokumentiertes Programm und sowohl als Stand-alone-Version als auch in Form eines Plug-ins für Windows und den Mac erhältlich. Mit deutlich unter 100 € bietet die Stand-alone-Version neben der HDR-Erstellung eine umfangreiche Tone-Mapping-Bearbeitung mit Vorschaufunktionen. Bildbearbeitungsfunktionen und eine DRI-Bearbeitung gehören ebenso zur Ausstattung wie das Ausrichten der Ausgangsbilder und das Unterdrücken von Geisterbildern. Nicht zuletzt hat Photomatix seine Beliebtheit der Benutzerfreundlichkeit zu verdanken. Selbst HDR-Einsteiger kommen schnell zu anschaulichen Ergebnissen aufgrund der durchdachten Benutzerführung der Software. Mit Photomatix lassen sich interessante Effekte bis hin zu surrealen Lichtstimmungen in den Bildern erstellen. Eine hilfreiche Batch-Verarbeitung (Stapelverarbeitung) rundet das Programm ab.

Zum Kennenlernen des HDR-Workflows reicht die kostenlose Version von easyHDR aus. Sobald die Ansprüche etwas steigen, empfiehlt es sich jedoch, in die Pro-Version zu investieren. [Foto: Galileo Design]easyHDR Die Software hat sich in den letzten zwei Jahren zu einer echten Alternative entwickelt. Konnten anfangs nicht einmal HDR-Bilder gespeichert werden, lassen sich mittlerweile HDR-Formate aus der Batch-Verarbeitung heraus, ohne Tone Mapping, abspeichern. Auch die Performance hat sich erheblich verbessert, und seit Version 1.60 werden sogar Mehrkern-Prozessoren unterstützt, was vor allem der Geschwindigkeit in der Batch-Verarbeitung zugutekommt. Sollen Nachtaufnahmen zu HDR-Bildern verarbeitet werden, lohnt sich auf alle Fälle ein Versuch mit easyHDR. Die Stärken der Software liegen genau in diesem Bereich, und sie generiert vergleichsweise rauscharme Ergebnisse.

 Artizen bietet eine ordentliche Benutzerführung, die HDR-Einsteigern entgegenkommt, sofern sie sich auf eine ausschließlich englischsprachige Software einlassen können. [Foto: Galileo Design]Artizen HDR läuft unter Windows und bietet neben der Erzeugung von HDR-Bildern auch zahlreiche Nachbearbeitungsfunktionen an. Für das Tone Mapping stehen unterschiedliche Verfahren zur Verfügung. Das schafft einen großen Spielraum für natürliche, kontrastreiche oder surreal wirkende Bilder. Mit Artizen HDR hat der Anwender ein Komplettpaket an der Hand, mit dem der komplette HDR-Workflow abgearbeitet werden kann, von der HDR-Verarbeitung bis hin zur Nachbearbeitung im vollwertigen Bildbearbeitungsprogramm. Ob Ebenen, Filter oder Werkzeuge zum Erstellen von Panoramen, der Funktionsumfang von Artizen ist gewaltig. Und das zu einem Preis von nur knapp 30 €. Wer jedoch die Geschwindigkeit und Stabilität von Photoshop gewöhnt ist, vor allem bei der Verarbeitung großer Dateien, muss erhebliche Abstriche machen.

Ein anspruchsvolles Programm mit vielen Möglichkeiten: Als Open-Source-Software ist Qtpfsgui allemal einen Versuch wert. [Foto: Galileo Design]Qtpfsgui Das Open-Source-Programm Qtpfsgui hat viele Funktionen, bedarf aber auch einiger Einarbeitungszeit. Qtpfsgui verfügt inzwischen über eine Installationsroutine, was das Programm für viele Anwender zu einer Alternative zu den Bezahlprogrammen werden lässt. Die Bearbeitung der Ausgangsbilder funktioniert einwandfrei, nur die Geschwindigkeit lässt zu wünschen übrig. Qtpfsgui bietet eine Reihe unterschiedlicher Tone-Mapping-Algorithmen, die alle über verschiedene Regler gesteuert werden können. Mit Qtpfsgui hat man den größtmöglichen Einfluss auf seine Ergebnisse. HDR-Einsteiger werden jedoch mit einer Einarbeitungszeit rechnen müssen. Der unaussprechliche Name setzt sich zusammen aus »Qt« – dem Namen der verwendeten Programmbibliothek zur Darstellung der grafischen Programmeinheiten –, »pfs« – dem Namen der Hauptbibliothek und Quellcode-Basis – und »gui«, was für »grafische Benutzeroberfläche« (graphical user interface) steht. Kurz gesagt, Qtpfsgui ist ein Kürzel mit Hinweisen auf die verwendeten Software-Elemente.

Im Hauptfenster werden die Projekte angelegt, die Belichtungsreihen geladen, angezeigt und bearbeitet. Fährt man mit der Maus über einen Menüpunkt, werden hilfreiche Informationen zur Funktion der Anwendung angezeigt. [Foto: Galileo Design]FDRTools ist ein ausgezeichnetes Programm, das man auf dem Mac und unter Windows einsetzen kann. Es ist in der Basic-Version kostenlos. Wer jedoch Interesse an der HDR-Fotografie gefunden hat, sollte sich für die Advanced-Version entscheiden, die mit 50 € allemal ihr Geld wert ist. Insgesamt ist FDRTools übersichtlich, wenn auch für den Einstieg etwas mehr Einarbeitung als beispielsweise bei Photomatix erforderlich ist. Hat man sich erst einmal mit der Struktur vertraut gemacht, lassen die Generierungs- und Einstellmöglichkeiten kaum Wünsche offen. Die gesamte Verarbeitung ist in der Software  zusammengefasst, und FDRTools ermöglicht so einen Wechsel zwischen HDR-Generierung und Tone Mapping. Damit verfügt der Anwender über optimale Kontroll- und Korrekturmöglichkeiten. Das Programm sowie die Dokumentation sind in deutscher Sprache erhältlich, was weitere Pluspunkte sind.

Nach der HDR-Generierung wird das Bild dem Tone Mapping übergeben. Trotz der Übersichtlichkeit des Programms bieten die zwei Tone-Mapping-Methoden genug Spielraum für die individuelle Verarbeitung zum Tonemapped HDRI. [Foto: Galileo Design]Picturenaut Das Tool Picturenaut läuft nur unter Windows. Es ist kostenlos, arbeitet recht zügig und verfügt über eine Vorschau, die sich nach jeder veränderten Einstellung nahezu zeitgleich aktualisiert. Picturenaut verfügt über zwei Tone-Mapping-Methoden und unterstützt die HDRShop-Plug-ins, was den Funktionsumfang des Tools erheblich erweitert. Picturenaut beschränkt sich auf die wichtigsten Funktionen zur HDR-Verarbeitung, was die Bedienbarkeit des Programms auch für Einsteiger einfach macht. Dabei sind die Ergebnisse erstaunlich gut und in jedem Fall eine Spende an den Entwickler Marc Mehl wert.

Mit Dynamic Photo HDR behält der Anwender die volle Kontrolle über jeden Arbeitsschritt. [Foto: Galileo Design]Dynamic Photo HDR Dieses Programm lässt keine Wünsche offen. Von der Generierung des HDRI bis hin zur Nachbearbeitung bietet Dynamic Photo HDR alles rund um den HDR-Workflow. Wer sich mit der englischsprachigen Oberfläche anfreundet und etwas Einarbeitungszeit investiert, wird begeistert sein. Mit den sechs unterschiedlichen Tone-Mappern, den zahlreichen Einstellmöglichkeiten und der Kombination mit 16 verschiedenen Farbstilen lassen sich ganz individuelle Ergebnisse erzielen. Ergänzt wird das Programm durch einen Batch-Modus, mit dem die gewünschte Verarbeitung auf Bildreihen angewendet werden kann. Diese Software bietet für 55 US$ alles, was zum HDR-Imaging nötig ist, einschließlich der integrierten Hilfe und einer umfassenden Dokumentation. Sollte es in naher Zukunft für Dynamic Photo HDR eine multilinguale Oberfläche geben, hat Photomatix Pro einen mehr als ebenbürtigen Konkurrenten.

Photoshop Seit der Version CS2 kann Photoshop HDR-Bilder erzeugen. Das Grafikprogramm ist für den Mac und für Windows erhältlich. Es bietet verschiedene Tone-Mapping-Methoden und natürlich umfangreiche Bildbearbeitungsmethoden, hat aber auch seinen Preis. Photoshop rein für den HDR-Workflow einzusetzen ist daher übertrieben. In diesem Fall empfiehlt es sich, ein reines HDR-Programm zu verwenden und die Nachbearbeitung mit einem günstigeren Bildbearbeitungsprogramm durchzuführen.

Noch mehr HDR-Programme Nicht jede HDR-Software entspricht allen gewünschten Anforderungen – seien es Probleme bei der Kompatibilität mit dem vorhandenen Betriebssystem, die enthaltenen Funktionen oder die Bedienbarkeit und der Support. Im Folgenden sind einige Programme zu finden, die zwar funktionieren, aber im Vergleich zu den oben genannten Programmen nicht mithalten können.

Tipp: Sämtliche Programme haben ihre Vor- und Nachteile. Eine Pauschalaussage, welche Software die besten Ergebnisse liefert, lässt sich nicht treffen. Testet man die Anwendungen an unterschiedlichen Motiven und Aufgaben, kristallisiert sich im Laufe der Zeit heraus, welche der Programme den eigenen Vorstellungen am nächsten kommen und die Aufgaben rund um die HDR-Erzeugung am besten erledigen.

PhotoSphere Dieser Bildbrowser für den Mac war früher unter dem Namen Photophile bekannt. Neben der HDR-Erstellung lassen sich mit PhotoSphere auch Tone-Mapping-Funktionen anwenden.

AHDRIA Dieses Freeware-Programm für Windows ist vor allem dann interessant, wenn man eine Digitalkamera von Canon verwendet. Mit AHDRIA lassen sich nämlich Canon-Kameras für Belichtungsreihen steuern, um daraus ein HDR-Bild zu generieren. Die Bedienung der Software ist nicht ganz einfach, und die HDR-Bilder müssen für das Tone Mapping in einem anderen Programm weiterbearbeitet werden, da AHDRIA diese Option nicht bietet. Für den Einsteiger, der ohne lange Einarbeitungszeit schnell erste Ergebnisse sehen will, ist das Programm nicht zu empfehlen.

HDRShop v1 ist eine für Windows erhältliche Freeware, mit der man HDR-Bilder erzeugen kann, die aber auch Bildbearbeitungsfunktionen bietet. Über zusätzliche Plug-ins können die HDRI einem Tone Mapping und weiteren Bearbeitungen unterzogen werden. HDRShop v2 ist die Weiterentwicklung der Software seit 2004, die jedoch nicht mehr kostenlos erhältlich ist, sondern mit 400 US$ zu Buche schlägt.

HDRView Wie der Name schon sagt, handelt es sich bei dieser Windows-Freeware um einen HDRI-Betrachter. HDRView erlaubt aber auch, Bilder als LDRI im BMP-Format zu exportieren. HDRView lässt sich seit April 2001 in unveränderter Form kostenlos unter www.debevec.org/FiatLux/hdrview/ herunterladen.

pfstools Dieses Freeware-Tool für Linux und den Mac ist kommandozeilenorientiert und verlangt daher vom Nutzer ein wenig Einarbeitung. Es gestattet sowohl die Erzeugung von HDR-Bildern als auch die Nachbearbeitung. Anwender, die eine grafische Benutzeroberfläche bevorzugen, sollten sich eher mit dem Qtpfsgui auseinandersetzen, das die Funktionen aus pfstools enthält.

Pixel image editor ist ein Bildeditor, der für den Mac, Windows und Linux verfügbar ist. Er unterstützt beim Erstellen und Nachbearbeiten von HDR-Bildern. Der Pixel image editor wird noch weiterentwickelt und ist zurzeit immer noch als Beta-Version für 33 € mit einer Update-Option zu erwerben. Sobald die Software als stabile Version verfügbar ist, soll sie 89 € kosten. Mit Erscheinen dieses Praxisbuches sollte die Beta-Phase endgültig beendet und sollten auch die Performance-Probleme behoben sein. Das war aber auch schon vor zwei Jahren auf der Entwickler-Website zu lesen.

Unter dem Menüpunkt Roll-Your-Own können bis zu neun JPEG-Bilder online zu einem HDRI verarbeitet werden. Insgesamt dürfen die Upload-Dateien nicht größer als 20 MB sein. [Foto: Galileo Design]HDR MAX Die Oberfläche dieser neuen HDR-Software erinnert stark an Photoshop. Anwender, die mit Photoshop arbeiten, werden sich dementsprechend schnell zurechtfinden. Der Workflow ist übersichtlich und die Performance bis zum Tonemapped HDRI einwandfrei. Es fehlen noch einige wichtige Merkmale, wie beispielsweise eine Panoramafunktion, um den hohen Preis von 149 US$ zu rechtfertigen, aber wie gesagt, HDR MAX steht noch ganz am Anfang. Inwieweit der amerikanische Anbieter auch den deutschen Markt erschließen will, ist jedoch fraglich. Trotz zweimaliger Anfrage an den Support erhielt ich keine Rückmeldung auf meine Fragen. Unter der Hersteller-Website www.ariea.com lässt sich eine voll funktionsfähige 30-tägige Testversion herunterladen.

WebHDR Diese Anwendung wird online ausgeführt und ist daher nicht an ein bestimmtes Betriebssystem gebunden. Die HDR-Bilder werden hochgeladen und können dann bearbeitet werden. WebHDR bietet eine gute Dokumentation mit vielen Informationen.

Im nächsten und letzten Teil der Fototipp-Serie zum Thema "HDR-Fotografie" klärt Jürgen Held, was es mit dem Tonemapping auf sich hat.

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