Rubrik: Bildbearbeitung

HDR ohne Spezialsoftware

2012-01-02 Bevor es Programme wie Photomatix, HDR Darkroom oder HDR Efex Pro gab, waren HDR-Fotos echte Handarbeit und sahen sogar anders aus als die heutigen HDR-Bilder. Das liegt daran, dass viele Betrachter das Tonemapping für die definierende Charakteristik eines HDR-Bildes halten. Wie man ein HDR-Bild ohne spezialisierte Software erstellt, soll in diesem Fototipp erklärt werden. Dazu benötigt man lediglich eine Bildbearbeitungs-Software mit Maskenfunktion (Photoshop Elements, Photoshop oder GIMP). Die vorgestellten Techniken werden anhand von Adobe Photoshop CS5 näher erläutert.  (Harm-Diercks Gronewold)

Fototipp HDR zu Fuß: Ausgangsbild hell [Foto: Harm-Diercks Gronewold]
 Fototipp HDR zu Fuß - aktive Auswahl nach Farbbereich wählen [Foto: Harm-Diercks Gronewold]
Am Anfang eines HDR steht die Belichtungsreihe, diese sollte möglichst mit einem Stativ und verwacklungsfrei aufgenommen werden. So ist es empfehlenswert, den Fernauslöser auszupacken und die Spiegelvorauslösung zu aktivieren. Nicht zu vergessen ist der Bildstabilisator, denn dieser gehört deaktiviert, wenn die Kamera auf einem Stativ steht! In dem vorliegenden Beispiel haben wir drei Aufnahmen gemacht. Eine Aufnahme ist korrekt belichtet und die beiden anderen mit jeweils einer Blendenstufe über- beziehungsweise unterbelichtet worden. Somit zeigt eine Aufnahme die korrekt belichtete Fassade und eine den korrekt belichteten Innenraum. Je nachdem wie komplex das Motiv von den Lichtern und den Schatten ist sind gegebenenfalls noch mehr Aufnahmen notwendig. Wichtig ist, dass man die Lichter und die Schatten korrekt belichtet. In unserem Fall musste also drauf geachtet werden, dass auf einer der Aufnahmen der Innenraum des Gebäudes richtig belichtet ist und auf einer anderen der Außenbereich der Fassade.

Nach der Aufnahme des Auditoriums der Lübecker Universität an einem kalten Dezembertag des Jahres 2011 haben wir feststellen müssen, dass zwar die Fassade und der Innenraum gut belichtet wurden, der Himmel über dem Gebäude ist jedoch zu dunkel und ohne viel Details. Hier muss später etwas "getrickst" werden, damit das Ergebnis überzeugt. Somit haben wir zwei Bilder für das Beispiel HDR als Basis.

Fototipp HDR zu Fuß Schritt 1: helle Farbbereiche auswählen [Foto: MediaNord]Welches der beiden Bilder man nun als "Hintergrundebene" benutzt ist recht egal, wir haben uns für die überbelichtete Aufnahme entschieden (korrekt belichtete Fassade). Darüber haben wir die unterbelichtete Aufnahmeebene gelegt (korrekt belichteter Innenraum) und zunächst ausgerichtet. Das Ausrichten kann recht einfach per Automatik erledigt werden. Diese verbirgt sich unter "Bearbeiten" und dann "Ebenen automatisch ausrichten". Dort wird die Projektion auf "Auto" gesetzt und auf "OK" geklickt.

Fototipp HDR zu Fuß Schritt 2: Helle Bereiche vergrößern [Foto: MediaNord]Nun führen viele Wege nach Rom beziehungsweise zu einer guten Auswahl. In diesem Beispiel sind wir nicht über den Helligkeitskanal gegangen, sondern über eine Auswahl über einen Farbbereich. Hierzu gibt es unter "Auswahl" einen Eintrag der "Farbbereich auswählen" lautet. Hier kann nun mit der Pipette der Bereich gewählt werden, der später in die Auswahl übernommen wird. Hier reicht ein Klick und die Schwarzweißvorschau zeigt in etwa die ausgewählten Bereiche an. Mit dem "Toleranz"-Schieber kann die Breite der ausgewählten Farbe verändert werden, um so möglichst genaue Ergebnisse zu liefern. Klickt man auf "OK" wird die Auswahl als "Ameisenlinie" angezeigt. Daraus erstellt man nun eine Maske indem man in der Ebenenpalette auf das graue Rechteck mit dem weißen Kreis klickt. Diese so erstellte Maske ist ein wenig grob um die Kanten und braucht noch ein wenig "finetuning". Das Finetuning besteht aus dem oftmals unbeachteten Filter "Helle Bereiche vergrößern" oder Fototipp HDR zu Fuß Schritt 3: Maske weichzeichnen [Foto: MediaNord]"dunkle Bereiche vergrößern", welche unter  "Sonstige Filter" zu finden sind. Je nachdem wie die Maske auf dem Bild wirkt wird einer der Filter aktiviert. In der Vorschau kann auch gleich kontrolliert werden, ob die Änderung in die korrekte richtige Richtung geht. Bei den beiden Filtern ist Vorsicht geboten und in den meisten Fällen reichen 1-2 Pixel als Erweiterung aus. Nach dem Klick auf "OK" wird der Filter angewandt und man kann zum zweiten Schritt des "Finetunings" der Maske gehen. Dieser besteht aus dem Einsatz des "Gausschen Weichzeichners", welcher unter "Weichzeichungsfilter" zu finden ist. Der Radius des Weichzeichners ist maßgeblich vom gewünschten Aussehen der Maske abhängig. In unserem Fall reicht ein Radius von 2,5 Pixel aus, der die Kanten der Maske angenehm weich macht. Nach Bestätigung des Filters sollten die Übergänge recht sauber sein und ist eine Kombination aus beiden Bildern entstanden. In der nun folgenden Kontrolle muss die Maske auf etwaige "Ausreißer" kontrolliert werden, was je nach Komplexität des Bildes seine Zeit in Anspruch nimmt. Korrigiert wird mit einer weichen Pinselspitze in der Maske.

Fototipp HDR zu Fuß - alle Ebenen [Foto: MediaNord]In unserem Bild hielten sich die Ausreißer in Grenzen und das Ergebnis präsentierte sich als ausgewogene Komposition mit eindeutig "abgesoffenem" Himmel. Hier kommt nun unser "Tricksen" ins Spiel. Anstelle des langweiligen Himmels sollte ein schöner verlaufender Himmel gezeigt werden, der aber auf keinem der aufgenommenen Fotos aus diesem Bildwinkel zu sehen war. Aber es lag uns eine weitere Aufnahme des gleichen Gebäudes aus einem anderen Winkel vor, welches einen angenehm verlaufenden Himmel zeigt. Um diesen Himmel in das vorliegende Bild zu bekommen muss zunächst eine Maske für den Bereich erstellt werden, in dem der Himmel zu sehen sein soll. Das lässt sich entweder mit einem Pinsel und einer Maske erledigen oder man setzt den für dieses Motiv ideale Pfadwerkzeug ein um den Himmel zu markieren (siehe weiterführende Links). Dann öffnet man das Bild mit dem gewünschten Himmel und fügt es als oberste Ebene ein. Dann aktiviert man den Pfad und erstellt daraus eine Maske. Diese Maske wird ebenfalls ein wenig weichgezeichnet um harte Kanten zu vermeiden und den Himmel plausibel einzufügen. Je nach Art des einzubauenden Elementes muss noch die perspektivische Verzerrung berücksichtigt werden. Dieser Vorgang wäre allerdings nicht sonderlich anders gewesen, wenn wir einen korrekt belichteten Himmel in der Belichtungsreihe gehabt hätten. Denn auch dieser hätte vom Rest des Bildes isoliert werden müssen.

Nachdem nun das Gebäude recht ansehnlich von den Lichtverhältnissen aussieht, muss nun eventuell nur noch eine perspektivische Ausrichtung der Linien erfolgen, zumindest in diesem Fall, da mit einem Weitwinkel von schräg unten fotografiert wurde. Dazu legt man sich das kombinierte Bild auf eine extra Ebene. Dazu erzeugt man eine neue Ebene, aktiviert diese mit einem Klick und drückt Strg+Umschalt+Alt+E Fototipp HDR zu Fuß: Finales Bild [Foto: Harm-Diercks Gronewold]dadurch werden alle Ebenen auf die Leere Ebene gelegt. Danach kann man mit Hilfslinien und dem Verkrümmen-Werkzeug die etwaig stürzenden Linien anpassen.

Dieses Verfahren ist ausbaubar und beliebig zu erweitern. So können bestimmte Bereiche verstärkt geschärft oder weichgezeichnet, in der Farbcharakteristik verändert oder mit einem zusätzlichen Effektfilter versehen werden. Hat man ein weniger komplexes Motiv, so kann man die Maskierungen auch nur mit dem Pfad oder den Pinsel durchführen. Das Resultat kann, je nach Geschick und Erfahrung sehr überzeugend wirken, ohne das der typische HDR-Charakter allzu offensichtlich ist. Auch kann das durchaus beliebte "Abwedeln und Nachbelichten" eingesetzt werden um bestimmte Bereiche zu verstärken beziehungsweise abzuschwächen.

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