Rubrik: Bildbearbeitung
Himmelskosmetik – nicht nur für Landschaftsfotos, Teil 1
2006-10-09 Eine Diva strahlt erst nach einer ausgedehnten Sitzung beim Maskenbildner in bewundernswerter Schönheit. Ähnlich geht es auch dem Himmel auf vielen Landschaftsfotos: Ohne Schminke präsentiert er sich oft grau und flau. Strahlt das Firmament doch einmal im tiefsten Azur, wirkt das Foto schnell allzu glatt und fad. Noch schlimmer, wenn sich das Motiv im Gegenlicht zeigt: Dann gerät das Himmelszelt zur weißen Fläche ohne jegliche Zeichnung. Solche Probleme sind ein klarer Fall für die digitale Kosmetik. Dabei greift man nicht zu Puder und Abdeckstift, sondern nimmt ein Bildbearbeitungsprogramm wie Photoshop. (Martin Vieten)
Photoshop erweist sich als wahrer Meister der Himmels-Kosmetik. Ein flächig graues oder gar weißes Himmelszelt ohne jegliche Zeichnung wertet bereits ein einfacher Farbverlauf von Hell- nach Azurblau deutlich auf. Für eine noch interessantere Himmelsdarstellung hält Photoshop sogar Wolken in seinem Schminkkästchen bereit. Sind besonders authentische Ergebnisse gefordert, ermöglicht Photoshop gar eine komplette Himmels-Transplantation – dabei wird das Firmament einer anderen Aufnahme in das aufzuhübschende Foto gesetzt.
Prinzipiell ermöglichen fast alle Bildbearbeitungsprogramme eine ausgefeilte Himmels-Kosmetik ohne dauerhafte Veränderung des Original-Fotos – so sie Ebenentechnik bieten. Photoshop hat den "kleineren" Programmen wie PhotoImpact, aber auch Photoshop Elements gegenüber jedoch eine Fülle von Mittelchen zur Auswahl des missglückten Himmels voraus. In einfachen Fällen, etwa wenn der Himmel stark überbelichtet ist und daher rein weiß erscheint, ist die Reparaturstelle schnell mit dem Zauberstab ausgewählt. Dabei verhindert eine weiche Auswahlkante von 2 bis 4 Pixeln einen allzu harten Übergang zwischen Original und Schminke (Bild 1).
Soll dagegen ein wolkenverhangener oder dunstig-blauer Himmel übertüncht werden, gerät die korrekte Auswahl der Reparaturstelle schnell zur kniffeligsten Aufgabe der gesamten Operation. Wie der Himmel am einfachsten vom Rest geschieden wird, hängt stark vom Motiv ab. Bei einem blass-blauen Himmel wie im Beispielfoto ist oft dieses Verfahren erfolgreich: Man wechselt zur Kanäle-Palette und lässt sich nur den Blau-Kanal anzeigen. Der Befehl "Farbbereich auswählen" hilft nun, das Hauptmotiv vor der weiteren Bearbeitung zu schützen – es wird maskiert. Sollte sich der Himmel immer noch seiner exakten Auswahl widersetzen, machen ihn verschiedene Tricks gefügig: Einer besteht darin, den Blau-Kanal zu kopieren und dann via Tonwertkorrektur bzw. Gradationskurve den Kontrast der Kanalkopie so anzupassen, dass in ihr der zu ersetzende Himmel möglichste homogene Helligkeitswerte aufweist. Dann haben "Zauberstab" oder "Farbbereich wählen" leichtes Spiel, die gewünschten Partien in die Auswahl aufzunehmen (Bild 2).
Steht die Auswahl wenigstens grob, kann die himmlische Kosmetik beginnen. Im einfachsten Fall wird die Auswahl mit einem Verlauf gefüllt, der in etwa der Farbgebung eines wolkenlosen Himmels entspricht. Wer ein Foto mit seinem Wunschhimmel zur Hand hat, misst zunächst mit der Pipette die hellsten bzw. dunkelsten Farbwerte dieses Firmaments. Damit das Originalfoto erhalten bleibt, erhält der neue Himmel eine separate Ebene ("Neue Füllebene, Verlauf"). Wichtig: Der Himmel des Originalbilds muss beim Anlegen der Verlaufsebene ausgewählt sein – so wird nur diese Auswahl eingefärbt. Im Dialog "Verlaufsfüllung" öffnet ein Klick auf den angezeigten Verlauf das Dialogfeld "Verläufe bearbeiten" – hier werden nun Start- und Endfarbe für den künstlichen Himmel festgelegt (Bild 3).
Falls die Auswahl des Original-Himmels nicht perfekt gelungen war, zeigt sich das jetzt: Entweder blitzt das alte Original an einigen Stellen durch, oder das neue Himmelszelt überdeckt Teile des Motivs. Beides lässt sich per Maskenretusche beheben: Man klickt in der soeben eingefügten Füllebene "Himmel" auf das Symbol der Ebenenmaske. Dann wird mit dem "Pinselwerkzeug" weiße Farbe an den Stellen aufgetragen, an denen noch unerwünschte Pixel des alten Himmels sichtbar sind; und mit schwarzer Farbe kommen wieder die Partien zum Vorschein, die fälschlicherweise vom neuen Kunsthimmel überschminkt wurden. Bei sehr filigranen Motivteilen (wie etwa das feine Geäst im Beispielfoto) helfen eine sehr große Vergrößerung des Bildes (200 % und mehr), eine auf 50 Prozent reduzierte Deckkraft des Pinsels sowie ein sehr weicher Rand für den Pinsel, um die Ebenenmaske präzise zu modellieren.
Der mit Photoshop ins Bild geschminkte Himmel ist derart makellos, dass er schon arg künstlich wirkt. Einige zarte Wolken auf das Himmelsblau getupft, lassen daher das Foto sogleich natürlicher erscheinen. Dazu legt man eine neue, leere Ebene oberhalb der "Himmels"-Ebene an und füllt diese mit künstlichen Wolken (Filter, Rendering Filter, Wolken"). Schwarz und Weiß sollten als Vorder- bzw. Hintergrundfarbe gewählt sein. Zunächst überdecken die Wolken das komplette Bild. Der Befehl "Ebene, Schnittmaske" sorgt dafür, dass nur noch die Himmelspartien mit Wolken gefüllt werden. Diese Wolken wirken in ihrer Flächigkeit und mit dem harten Schwarz-Weiß-Kontrast alles andere als von der Natur an den Himmel gehängt. Räumliche Tiefe bekommen sie, indem man die Wolkenebene perspektivisch verzerrt ("Bearbeiten, Transformieren, Perspektivisch verzerren", Bild 4). Und ihre bedrohliche Gewitterstimmung verlieren die Wolken, indem die dunklen Bereiche der "Wolken"-Ebene durchscheinend werden: Ein Doppelklick auf das Wolken-Symbol in der Ebenenpalette öffnet den Dialog "Ebenenstil". Hier blendet man unter "Farbbereich" die dunklen Partien aus – dazu die [Alt]-Taste gedrückt halten und beide Regler für die Tiefen deutlich nach rechts ziehen (Bild 5).
Der Himmel im Bild sollte nun perfekt geschminkt sein. Kleinere Änderungen sind jederzeit möglich – etwa indem die Deckkraft der "Himmel"- und "Wolken"-Ebene geändert wird. Und sogar eine komplett neue Schminke für den Himmel ist kein Problem – schließlich liegen alle Effekte auf separaten Ebenen, die sich jederzeit völlig neu gestalten lassen. Mit einer letzten (obersten) Einstellungsebene "Tonwertkorrektur" erhält das Bild schließlich die optimale Belichtung. Der folgende zweite Teil dieses kleinen "Schminkkurses" geht der Frage nach, wie ein besonders gelungenes Himmelsfoto in eine andere Aufnahme verpflanzt wird.