Rubrik: Bildgestaltung
Infogeber Schatten
2001-08-28 In der Fotografie darf der Schatten kein Schattendasein führen; "Wo Licht ist, ist auch Schatten" ist gar kein so dummes Sprichwort. In der Fotografie erfüllen Schatten zwei wichtige Funktionen: Sie sind Informations- und vielseitiges Gestaltungsmittel. Mit ersterem beschäftigt sich dieser Tipp. (Jürgen Rautenberg)
Holzstruktur [Foto: Jürgen Rauteberg]
Schatten liefern Informationen zum Sichtbarmachen der dritten Dimension; des
Raumes. Wie in jeder flächigen Darstellung fehlt auch in der Fotografie die
dritte Dimension. Bekannt als "Darstellung des Raumes in der Fläche"
ist die Perspektive. Sehr viel weniger bekannt, aber ebenso unentbehrlich, ist
der Schatten oder besser: das Zusammenwirken von Licht und Schatten.
Sie kennen die wellenförmigen Muster, die der Wind in eine Düne oder das
Wasser in den Seeboden modelliert; beim Baden fühlen wir sie unter den Füßen.
Bei frontaler Beleuchtung wird diese dreidimensionale Struktur an all ihren
Punkten, auf Erhöhungen und in Vertiefungen, gleich stark von der Sonne
angestrahlt. Schatten kann in dieser Situation nicht entstehen, so erscheint
jedes Stück Strand gleich hell – und glatt. Fallen jedoch die Sonnenstrahlen
von der Seite ein oder gar als Gegenlicht, dann wird die dem Licht zugewandte
Seite jeder noch so kleinen Erhebung hell angestrahlt, während die
gegenüberliegende – die "Schattenseite" – kaum oder gar kein Licht
erhält. In diesem Nebeneinander von hell und dunkel wird die
Dreidimensionalität der Muster erkennbar.
Handwerkszeichen [Foto: Jürgen Rauteberg]
Das gleiche Prinzip kann auf jedes räumliche Element angewendet werden. Bei
Frontallicht ist im ungünstigsten Fall nicht zu unterscheiden, ob es sich im
Motiv um flache, polygonale oder gerundete Formen handelt. Bei Seitenlicht
dagegen erkennen Sie am Verlauf der Schatten die Form. Bei einem schräg von
oben fotografierten Kubus erhält die der Sonne zugekehrte Seite mehr Licht – sie wird hell
– die der Sonne abgekehrte Seite weniger Licht – sie wird
dunkler. Die Grenze zwischen Licht und Schatten ist klar und hart. Die
Helligkeit der Oberseite kann differieren, je nach dem Höhenstand der Sonne.
Auch hier entsteht an den Kanten eine klare Hell/Dunkel-Grenze.
Bei einer zylindrischen oder konischen Form entsteht an der
Licht-/Schatten-Grenze keine harte Trennung wie beim Kubus. Vielmehr wird die
Oberfläche auf der Sonnenseite relativ hell sein. Je mehr sich die Rundung des
Zylinders aus der Licht-Einfallsrichtung entfernt, um so schwächer wird – in
allmählichem Übergang – das Licht auf die Oberfläche einwirken. Als Fotograf
weiß man, wie wichtig es ist, Oberflächenstrukturen und auf
Dreidimensionalität schließende Formen im Bild nachvollziehbar gestalten zu
können. Achten Sie bei der Aufnahme auf Seitenlicht, Gegenlicht kann die
Wirkung steigern.
Griechische Architektur [Foto: Jürgen Rauteberg]
Bild 1 Brillante Wiedergabe einer
Holzstruktur durch kräftiges seitliches Licht.
Bild 2 Das mittelalterliche Handwerkszeichen
finden Sie auf Burg Hornberg, eingraviert in eine durch Seitenlicht erkennbar
gemachte runde Säule.
Rundes Element [Foto: Jürgen Rauteberg]
Bild 3 Streiflicht lässt die
unterschiedlichen Formen einer typischen griechischen Architektur greifbar
nachvollziehen
Bild 4 Der Schatten des Metallrahmens
beweist es: Das rote Element ist rund!