Rubrik: Bildgestaltung
Innenaufnahmen
2001-02-12 Handikap bei Aufnahmen in Innenräumen ist das Licht; es ist in der Regel zu schwach. Eine praktische Kunstlichtquelle, stark und vielseitig einsetzbar, ist ohne Frage das Blitzgerät. Doch selbst mit dem geringen Restlicht, das Sie vor Ort vorfinden, können Sie noch eine Menge anfangen. (Jürgen Rautenberg)
Wohnraumfoto mit eingebautem Blitz [Foto: Jürgen Rauteberg]
Das Licht des eingebauten Blitzes ist vielfach zu nüchtern es nimmt der
Situation die Atmosphäre und zu schwach. Ab Entfernungen über 3 m
sollten Sie ein zusätzliches Blitzgerät von mindestens Leitzahl (=
Leuchtstärke) 36 bis 40 verwenden. Lassen Sie sich unbedingt von einem
Fotohändler Ihres Vertrauens oder einem anderen Fachmann beraten, welche
Geräte mit Ihrer Kamera korrespondieren und wie sie funktionieren. Ist
gleichmäßige Ausleuchtung gewünscht, genügt die Platzierung auf oder direkt
neben der Kamera. Für eine weiche Ausleuchtung sinnvoll sind schwenkbare
Blitzreflektoren und Hilfsmittel (z. B. Reflektoren), die die wirksame
Austrittsfläche vergrößern. Sollen im Motiv enthaltene Strukturen oder
dreidimensionale Formen hervorgehoben werden, sorgt Seitenlicht für plastische
Wiedergabe.
In einem größeren Raum (Saal, Kirche) müssen Sie entweder mehrere
Blitzgeräte einsetzen oder (sofern von der Kamera überhaupt ermöglicht) bei
geöffnetem Verschluss mit dem Blitz durch den Raum wandern und dabei an
verschiedenen Stellen nacheinander auslösen. Das ist kompliziert und wird dem
Motiv gestalterisch nur gerecht, wenn Sie Erfahrung besitzen.
Wohnraumfoto mit externem Blitz [Foto: Jürgen Rauteberg]
Anstelle von Blitzlicht können Sie auch künstliches Dauerlicht einsetzen.
Halogenlampen bieten sich ebenso an wie Glühlampen probieren Sie dabei
verschiedene Weißabgleich-Voreinstellungen aus, wenn der automatische
Weißabgleich Ihrer Digitalkamera nicht die gewünschten Resultate liefert. Ist
auch der Einsatz solcher zusätzlichen Kunstlichtquellen nicht möglich, kommt
das vorhandene "Restlicht" ins Spiel; Tageslicht, das durch Fenster
von außen eindringt oder Kunstlicht im Raum, dessen Stärke für
"normales" Fotografieren nicht ausreicht. Der Vorteil des
Fotografierens mit Restlicht Available Light ist der Fachausdruck liegt
darin, dass die natürliche Lichtstimmung des Raumes erhalten bleibt.
Die Belichtungs-Automatik Ihrer Kamera verfügt, wenn es nicht gerade das
billigste Gerät ist, über Belichtungszeiten von ca. 1/500 bis zu mindestens 1
oder 2 Sekunden sowie mehrere Blendenstufen. Damit kann man auch in einer
dämmerigen Kirche noch zu guten Bildern kommen. So gehen Sie vor: Blitz
unbedingt abschalten! Kamera auf ein stabiles Stativ, weil die Aufnahmen sonst
garantiert verwackeln. Alternativen zum Stativ gibt es nicht, jedoch ein paar
Hilfen, mit denen Sie die Bewegungsunschärfe zumindest begrenzen können:
Drücken Sie die Kamera zum Auslösen gegen einen festen Gegenstand; Bank,
Pfeiler, Wand; was immer sich an "Immobilien" anbietet. Lösen Sie
dann ganz, ganz sachte aus, wenn vorhanden nach Betätigung des
Selbstauslösers.
Apotheke in Marakesch [Foto: Jürgen Rauteberg]
Bei ungenügend Licht und bewegten Motiven, z. B. während
Veranstaltungen, bei denen sich Blitzlicht verbietet, hilft nur noch die
Erhöhung der Lichtempfindlichkeit. Höherwertige Kameras bieten dazu entweder
eine als "Signalanhebung" bezeichnete Funktion oder man kann eine von
mehreren ISO-Zahlen wählen und so die Lichtempfindlichkeit auf das Zwei- oder
Vierfache steigern. Dies erkauft man zwar mit einem höheren Bildrauschen, aber
gerade bei Freihandaufnahmen und bewegten Motiven ist eine höhere
Empfindlichkeit oft die einzige Chance zu Bildern ohne Bewegungsunschärfe.
Bild 1 und 2 "Wohnraum":
Das Licht des eingebauten Blitzes leuchtet den Raum nicht aus; die Ränder (besonders im unterer
Bereich) dunkeln ab. Die nach unten geneigte Kamera führt
zu Verzeichnungen, die bei kreativen Intentionen durchaus angebracht sein
können, in einer Sachaufnahme dagegen stören. Urteil: Ungenügend. Das zweite
Bild wurde mit einem starken externen Blitzgerät aufgenommen. Die
Platzierung links seitlich unterstützt den räumlichen Eindruck.
Markuskirche Venedig [Foto: Jürgen Rauteberg]
Bild 3 "Apotheke in Marakesch":
Available light; die Neonlampen oberhalb des Bildes geben ihm einen grünen
Touch. Mischlicht kann ein Bild verderben, in diesem Fall ist der Einfluß der
sichtbaren Glühlampen nur gering und stört nicht.
Bild 4 "Markuskirche Venedig": Auch
hier available light, das gerichtet durch ein Fenster von rechts oben einfällt.
Ein einziger Lichtstrahl hebt Teile des Motiv aus dem herrschenden Dämmerlicht
heraus. Gleichmäßige Ausleuchtung mit zusätzlichem Licht würde dem Charakter
dieses Paradestückes romanischer Architektur nicht gerecht.