Rubriken: Aufnahmeeinstellungen, Motive und Situationen
Kleine Dinge ganz groß
2004-12-27 Die Makrofotografie erschließt Fotografen eine ganz neue Motivwelt. Dinge, die sonst sehr klein sind, werden bis ins Detail groß abgebildet. Ungeahnte Ansichten erschließen sich, seien es nun Blüten, Insekten oder Alltagsgegenstände. Früher brauchte man für Makroaufnahmen meist spezielle Objektive oder zumindest solche, die in bestimmten Brennweiten eine besonders geringe Naheinstellgrenze haben. Heutzutage bietet so gut wie jede Digitalkamera der Kompaktklasse einen so genannten Makromodus, der es erlaubt, sogar Briefmarken Format füllend abzubilden. (Benjamin Kirchheim)
Für die Definition von Makro wird der so genannte Abbildungsmaßstab
herangezogen. Er gibt an, wie groß ein reales Objekt auf Filmebene oder
Chip abgebildet wird. Bei einem Maßstab von 1:2 werden 2 cm des Motivs auf
1 cm Film "gequetscht". In Zeiten von Digitalkameras ist das jedoch nicht
mehr so einfach: Die Sensoren sind unterschiedlich groß und bringen
Millionen von Pixeln auf kleinsten Flächen unter. Die Hersteller der
Kompaktkameras geben selten Abbildungsmaßstäbe an, meistens wird die
Naheinstellgrenze angegeben, die aber noch wenig über die Vergrößerung
aussagt, da eine Naheinstellgrenze von 10 cm bei 28 mm Brennweite einen
viel kleineren Abbildungsmaßstab ergibt als etwa bei 200 mm Brennweite.
Eine sinnvollere Angabe bei Digitalkameras wäre vielmehr, wie viele Pixel
pro Zentimeter Motiv aufgelöst werden.
Üblicherweise müssen Digitalkameras für Makroaufnahmen in einen
speziellen Modus geschaltet werden, wofür oft Linsengruppen im Objektiv
verschoben werden, um eine geringere Naheinstellgrenze zu erhalten, auch die
Fokussierung erfolgt in besonders kleinen und genauen Schrittwerten. Die
geringste Naheinstellgrenze liegt oft im Weitwinkelbereich und sagt nichts
über gute Makrofähigkeiten aus, denn z. B. 1 cm Naheinstellgrenze im
Weitwinkelbereich bedeutet, dass man Schwierigkeiten hat, sein Motiv
vernünftig auszuleuchten – ganz zu schweigen von Insekten, die die Flucht
ergreifen würden. Auch die Verzeichnung ist ein Problem. Besser ist also
eine möglichst geringe Naheinstellgrenze bei mittlerer Brennweite bis zur
Telestellung des Objektivs. Ist dies nicht gegeben, kann man weitere
Vergrößerungen mit speziellem Zubehör wie z. B. Nahlinsen erreichen, die an
das Filtergewinde (sofern vorhanden) des Objektivs geschraubt werden können.
Ein weiteres Problem bei Nahaufnahmen ist die Schärfentiefe. Diese ist
bei den großen Abbildungsmaßstäben sehr gering. Eine größere Brennweite,
eine geringere Motivdistanz (resultierend in einem größeren
Abbildungsmaßstab) und eine offenere Blende reduzieren die Schärfentiefe bei
Makroaufnahmen manchmal bis auf wenige Millimeter. Die Blende ist dabei das
einzige Mittel, die Schärfentiefe zu erhöhen, wenn das Motiv nicht kleiner
abgebildet werden soll. Diese sollte also je nach Motiv möglichst weit
geschlossen werden, um die gewünschte Schärfentiefe zu erreichen; sonst sind
z. B. bei einem Schmetterling vielleicht die Augen scharf, aber Flügel und
Fühler unscharf.
Eine kleinere Blende wirkt sich allerdings nachteilig auf die
Belichtungszeit aus – diese wird länger, das Bild könnte verwackeln oder
Bewegungsunschärfen aufweisen. Gegen das Verwackeln hilft nur ein Stativ,
das auch beim Halten der Fokusdistanz hilfreich ist, damit das Motiv nicht
aus der Schärfenebene gerät. Gegen Bewegungsunschärfe helfen nur kürzere
Belichtungszeiten, also größere Empfindlichkeit, die aber gerade bei
digitalen Kompaktkameras zu unschönem Rauschen führt. Makrofotografie ist
also – je nach Lichtverhältnissen und Motiv – ein Kompromiss, es gilt hier,
die optimalen Einstellungen zu finden – Übung macht den Meister!
Am besten eignen sich Kameras mit manuellen Eingriffsmöglichkeiten für
die Makrofotografie, wie z. B. Blendenvorwahl und manueller Fokus –
besonders, wenn eine Sucherlupe zur Schärfekontrolle existiert.
Automatikkameras bieten meistens entsprechende Motivprogramme, die eine
möglichst geschlossene Blende vorwählen. Unter günstigen Bedingungen lassen
sich mit fast allen Kameras eindrucksvolle Makroaufnahmen machen (siehe
Beispielbilder).