Rubrik: Bildgestaltung
Kontraste oder "Was macht das Klavier am Strand?"
2000-12-04 Ja, was tut es da? Gar nichts; es steht da, bis es wieder weggenommen wird. Wichtig ist nur, dass es Aufmerksamkeit erregt und zwar sowohl bei neutralen Betrachtern als auch bei Künstlern und Werbeleuten. So kam es, dass man das "Klavier am Strand" und viele, viele Plagiate lange Zeit sowohl auf Ausstellungen als auch auf Werbeseiten wiederfand. (Jürgen Rautenberg)
Buganstrich - Farb- und Helligkeitskontrast [Foto: Jürgen Rauteberg]
Das ist kein Märchen, das Foto gibt es. Doch was steckt dahinter?
Der Fotograf hatte nur zu dem uralten Gestaltungsmittel
"Kontrast", eine neue Bildidee verwirklicht nach dem
Motto: "Tue etwas, was nicht sein kann, und die Welt wird es
bemerken!" Es gibt eine ganze Reihe unterschiedlicher
Kontraste. Der Helligkeitskontrast kann aus extremem Schwarz und
Weiß oder auch durch sehr leichte Nuancierungen dazwischen
bestehen. Der Farbkontrast zeigt helle gegen dunkle, schreiende
gegen ruhige, warme gegen kalte Farben. Der Inhaltskontrast stellt
Situationen wie schön und hässlich, arm und reich, Ernst und
Heiterkeit, Dummheit und Intelligenz gegeneinander.
Das Wesen jeden Kontrastes ist, dass er außergewöhliche
Situationen im Bild festhält, die beim Betrachter Aufmerksamkeit
erregen, immer vor dem Hintergrund: Was neu ist, fällt auf.
Erstaunlich ist, dass Kontraste sowohl in der exakten,
zielgerichteten Werbefotografie angewandt werden, die eher auf
sachlicher Überlegung basiert, als auch in der künstlerischen
Fotografie, die weitgehend auf Schönheitssinn, Gefühl, Empfindung,
eben Emotion basiert. Doch beide wollen den Menschen ansprechen und
da kommen wir auf den Punkt: Was den Menschen "anmacht",
das interessiert ihn, damit beschäftigt er sich. Wenn Sie sich
Bilder anschauen, die Ihnen ins Auge fallen, dann werden Sie
feststellen, dass viele von ihnen aus dem Gestaltungsmittel Kontrast
leben und je mehr Bilder Sie analysieren, um so mehr Kontraste
werden Sie kennen und erkennen lernen. Die Bilder dieses Tipps
zeigen, dass es in einem Bild sogar mehrere davon geben kann.
Schauen wir Sie uns einmal an:
Zarte Blume - Inhaltskontrast [Foto: Jürgen Rauteberg]
Das erste Foto wird von zwei Kontrasten bestimmt; dem
Farbkontrast und dem Helligkeitskontrast. Es handelt sich um den
Buganstrich eines Fischkutters. Kleine Schiffe sollten aus
Sicherheitsgründen auf großen Abstand sichtbar sein. Rot ist eine
ausgesprochene Signalfarbe, denken Sie an Verkehrsschilder. Weiß
steht neben Rot; Farbkontrast und Helligkeitskontrast sorgen dafür,
dass das Schiff auf weite Entfernung gut erkennbar ist.
Im zweite Bild steht eine zarte, empfindliche Blüte gegen
hartes, rostiges Metall. Das Bild erzählt quasi eine Geschichte
über die Verletzlichkeit der Blüte. Und wer will, kann den Faden
über das Thema Mensch und Natur weiterspinnen. Wobei das Wort
"spinnen" durchaus nicht negativ gemeint ist! Ich möchte
Sie nur auf die Anwendung fotografischer Mittel und die Vielfalt
persönlicher Deutung hinweisen.
Gaslaterne - Beispiel für drei Kontraste [Foto: Jürgen Rauteberg]
Das dritte Bild besteht aus den Elementen moderne Fassade, alte
Gaslaterne, Baum. Hier haben wir sogar drei Kontraste: Alt steht
gegen Neu, Natur gegen Baustoff und Hell gegen Dunkel. Mittels
dieses Hell-Dunkel-Kontrastes, nahezu ohne Farbe, lassen sich Motive
hervorragend dramatisieren.
Karussel - Bewegungskontrast [Foto: Jürgen Rauteberg]
Bild vier zeigt ein Karussell, dessen Bewegung durch Verwischung
sichtbar gemacht wird sowie eine Person, die still daneben sitzt.
Verwischung entsteht dadurch, dass bei langer Belichtungszeit
unbewegte Teile scharf, bewegte Teile aber verwischt wiedergegeben
werden. Deshalb empfinden wir Verwischung als Symbol für Bewegung.
Es handelt sich also um einen Bewegungskontrast.
Das letzte Bild zeigt einen eher komischen Kontrast, zu dem sich
jede Erläuterung erübrigt. Es gibt entzückende Beispiele solcher
Kontraste, die man immer wieder in Veröffentlichungen wiederfindet.
Wenn Sie also Gelegenheit suchen, an die Öffentlichkeit zu kommen;
machen Sie öfter mal eine "Kontrastepirsch".
Beispiel für "komischen" Kontrast [Foto: Jürgen Rauteberg]