Rubrik: Bildgestaltung
Lebensfreude
2002-07-01 Lebensfreude erfrischt das Herz! Und die Lebensfreude anderer zu fotografieren, macht riesigen Spaß. Aber, wie bei jedem anderen Motivbereich, kommt es beim Fotografieren auf das "wie" an. Wer fix ist mit der Kamera und sehen kann, der hat schon eine gute Voraussetzung. (Jürgen Rautenberg)
Neugierig; zwei Mädchen am Fenster [Foto: Jürgen Rauteberg]
Lebensfreude lässt sich schlecht spielen. Man begegnet nicht ständig
Leuten, die vor Glück nur so strahlen. Deshalb muss man den richtigen Moment
erwischen. Das allein schon braucht Routine. Aber so ist das nun einmal; ebenso
wie ein ABC-Schütze, Maler oder Kunsteisläufer kommt auch ein Fotograf nicht
an seinen Etüden vorbei. Das gilt in besonderem Maße für Motive, die in
Bewegung sind und bei denen es darauf ankommt, exakt den aussagekräftigen
Höhepunkt eines Geschehens festzuhalten. Nehmen Sie deshalb jede Gelegenheit
wahr, mit der Kamera schnell auf unerwartete Situationen zu reagieren, also
Schnappschüsse zu machen.
Nutzen Sie eine Party zum Üben; da wird ohnehin viel fotografiert und Sie
können "in die Vollen" gehen. Erste Vorraussetzung: Gerätschaft, die
schnell reagiert. Schalten Sie die Kamera nicht erst ein, wenn es ernst wird,
das ist mit Sicherheit zu spät. Üben Sie, das Motiv durch den Sucher zu
erfassen, das geht schneller und spart Strom, denn LCD-Monitore sind nun einmal
Stromfresser. Lassen Sie die Kamera selbst also eingeschaltet und schalten Sie
den LCD-Monitor ab, so können Sie schnell auf interessante Situationen
reagieren. Schalten Sie zusätzlich eventuell die Stromspar-Funktion der Kamera
aus oder stellen Sie eine lange Zeit (fünf Minuten) ein, damit sich die Kamera
nicht dauernd selbst ausschaltet.
Freundinnen; Türkin und Deutsche [Foto: Jürgen Rauteberg]
Ist die Verzögerung zwischen dem Auslösevorgang und der Öffnung des
Verschlusses zu lang, dann ist der entscheidende Moment vorbei. Deshalb erst
fokussieren (Auslöser halb herunterdrücken) und dann im entscheidenden Moment
ganz durchdrücken um das Bild mit kürzest möglicher Verzögerung zu
schießen. Gegenüber der analogen Fotografie haben Sie den Vorteil, den Film
nicht wechseln zu müssen. Schiessen Sie also munter darauf los. Von vielen,
vielen Bildern werden zunächst vielleicht ein oder zwei brauchbar sein, aber
von Fall zu Fall werden es mehr werden. Sie sehen, zwei Dinge sind besonders
wichtig: Man muss sehen können und die Kamera beherrschen. Dann sind Sie
wirklich reif für den Erfolg.
Die auslösenden Ereignisse sind zumeist vom Zufall diktiert und dauern oft
nur einen Augenblick. Wer jedoch darauf aus ist, glückhafte Momente zu
erwischen, dem bieten sich vom Hochzeitskuss bis zum ersten Babylächeln, vom
bestandenen Examen bis zum Marathonsieger viele Anlässe. Und weil man hier und
bei unzähligen anderen Gelegenheiten mit Glücksmomenten rechnen kann, sollte
man sich mit dem Motivziel Lebensfreude auf die Pirsch begeben. Gelungene Fotos
davon sind bei jedermann beliebt, weil sie selten sind, Aufmerksamkeit wecken
und Fröhlichkeit verbreiten: beim Geburtstagskind, Weltrekordler, Mutti,
Presse, Zeitungsleser oder Bildagentur. Wenn Sie bei Ihren Reportagen hier einen
Schwerpunkt legen, werden Sie zweierlei gewinnen: Freunde im privaten Kreis und
Mehreinnahmen beim Verkauf der Bilder.
Pas de deux [Foto: Jürgen Rauteberg]
Bild 1 Kinder können sich noch so herrlich
unbeschwert freuen. Ob sie auf Ihrem Bild auch so strahlen hängt davon ab, ob
Sie Vertrauen schaffen können.
Bild 2 Eine Deutsche und eine Türkin
trafen sich auf einem Fest und wurden Freundinnen – das tut gut.
Fit wie ein Junger [Foto: Jürgen Rauteberg]
Bild 3 Hier erlebt der Fotograf selbst
einen Glücksmoment: Es gelang ihm, während des Karnevals in Valetta
dieses formal wie inhaltlich ansprechende Detail aus dem schnellen
Geschehen heraus zu filtern. Manchmal kommt einem das Glück zu Hilfe – aber verlassen Sie sich nicht darauf!
Bild 4 Auch wenn die Beine nicht mehr so recht
wollen; dem Rhythmus der Musik kann er nicht widerstehen. Sein Lebensgefühl
scheint positiver als das der Jungen in der zweiten Reihe.