Rubrik: Bildgestaltung
Monochrome Fotos
2002-02-25 Die Farbpalette unserer Digitalkamera bietet uns Millionen von Nuancen in allen Farben des Regenbogens. Je bunter ein Foto, um so auffälliger. Unter Umständen empfinden wir solche Bilder aber auch als grell und unruhig statt ansprechend. Wollen wir die ganze Palette möglicher Stimmungen in unsere Fotografie aufnehmen, dann gehören auch die leisen Töne dazu. Zum Beispiel Bilder aus nur einer Farbe. (Jürgen Rautenberg)
Gehöft in Braun, Niedersachsen [Foto: Jürgen Rauteberg]
Einfarbig; aus dem Griechischen monos=einzeln chromos=Farbe, nennt man solche Bilder. Sie
werden in der Tat von einer Farbe beherrscht. Da wir es aber in der Fotografie
mit einem kreativen Medium zu tun haben, heißt das nicht, dass ein monochromes
Bild nicht auch ein Fleckchen einer anderen Farbe beinhalten darf. Oft bringt
das erst den letzten Pfiff. Vier Beispielfotos sollen in das Thema einführen.
Das erste Bild ist ein Bauernhof. Typisch für Niedersachsen, eingebettet in
eine Gruppe alter Eichen im braunen Herbstkleid. Nichts, was aufregt; keine
Fröhlichkeit, kein Mensch, kein Tier. Allein das Gehöft in seiner Behäbigkeit
und Festigkeit spricht zu uns, unterstützt durch die satten Töne in Rotbraun,
akzentuiert allein von den weißen Fenstern. Das ergibt ein Bild, das die
Ursprünglichkeit, das Werden durch die Jahrhunderte, Aufbau, Kraft und Stolz
auf Leistung dokumentiert. Jedes bisschen einer kontrastierenden Farbe würde
diese Aussage beeinträchtigen. Das klingt zu wehmütig? Durchaus nicht, es
erklärt nur, was man alles mit einem monochromen Foto ausdrücken kann.
Silhouette Venedig [Foto: Jürgen Rauteberg]
Der Sonnenuntergang des zweiten Bildes wird nur von wenigen sparsamen
Elementen durchschnitten. Das einzig typische ist der Bug der Gondel, der
unmissverständlich auf Venedig hinweist. Das Bild trifft eine andere Aussage
als der Bauernhof. Es strömt Ruhe aus; die Ruhe zum Ende eines ereignisreichen
Tages, aber auch hier ein Gefühl von der Unvergänglichkeit einer alten
menschlichen Siedlung.
Von all der Erdverbundenheit und Melancholie und Großwortigkeit ist im
dritten Bild nichts zu spüren. Das fröhliche Frühlingsgrün ist die eine
Komponente, der ebenso fröhlich das Grün überlagernde tanzende
Maschendrahtzaun die andere. Beides ergänzt sich zu der Aussage
"Lebensfreude" und reicht in aller Knappheit seiner Mittel völlig
aus, diese Aussage dem Betrachter positiv zu vermitteln.
Frühlingsgrün vor Maschendraht [Foto: Jürgen Rauteberg]
Kühl dagegen das vierte Bild. Einmal durch die Eismengen, zum anderen durch
das kühl wirkende Blau, vom Schwarz der Vulkanasche faszinierend umspielt. Dazu
bewegte Formen, die man so bei einem Eisberg gar nicht vermutet. Es kontrastiert
absolut zu dem dritten Bild, beide leben jedoch, im Gegensatz zu Bild eins und
zwei, durch die bewegteren Farben und Formen; sie wirken lebendiger.
Und die ganze Vielfalt der Aussage entsteht mit jeweils einer einzigen Farbe.
Wenn Sie sich an solchen Motiven versuchen, werden Sie sicher Spaß daran
finden. Anstatt an technische Dinge denken zu müssen, können Sie sich auf
Formen und Farben, auf exakten Ausschnitt und der Aussage angepasste Belichtung
konzentrieren. Die Motive laufen nicht weg, Sie können sich auf Form, Farbe,
Licht und Belichtung konzentrieren. Feilen Sie später an der Farbgebung am PC,
denn unreine, schmutzig wirkende Farben wecken beim Betrachter keine positiven
Empfindungen. Durchkomponierte Bilder in angenehmen, sprechenden Farben an der
Wand Ihres Wohnzimmers oder Büros oder in einer Ausstellung geben dem Raum
Blick – und zugleich Ruhepunkte.
Gletscherende mit geschwungener Form [Foto: Jürgen Rauteberg]