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Olympus Live-Bulb/Time- und Live-Composite-Funktion erklärt

2016-02-08 Als Olympus 2012 die Live-Bulb/Time-Funktion zusammen mit der OM-D E-M5 vorgestellte, war diese Funktion einzigartig auf dem Kameramarkt. Auch heute ist Olympus der einzige Hersteller, der eine solche Langzeitbelichtungs-Funktion anbietet. Mit der 2014 erfolgten Vorstellung der OM-D E-M10 führte Olympus die Live-Composite-Funktion ein, die es sprichwörtlich in sich hat. In diesem Fototipp stellen wir beide Funktionen ausführlich vor und zeigen, für welche Einsatzzwecke insbesondere die Live-Composite-Funktion geeignet ist.  (Harm-Diercks Gronewold, Benjamin Kirchheim)

Doch bevor wir uns den Olympus-Bulb-Funktionen widmen, eine kurze Erklärung, warum die Langzeitbelichtung denn als „Bulb“ bezeichnet wird. Das Wort „Bulb“ stammt aus dem englischen und bedeutet unter anderem auch Balg. Während die allerersten Kameras noch keinen Verschluss hatten und lediglich das auf- und absetzen der Objektivkappe als Verschluss diente, kamen mit der Zeit Kameras mit Zentralverschluss auf den Markt. Die Auslösung wurde nicht immer mit einem Draht vorgenommen sondern oftmals auch mit einem kleinen Gummiball, der mit einem Schlauch an die Kamera angeschlossen war. Drückte der Fotograf den Ball zusammen, so wurde ein überdruck produziert und der Verschluss öffnete sich. Ließ der Fotograf den Ball los, so normalisierte sich der Druck und der Verschluss wurde geschlossen. Der Verschluss blieb also solange offen, wie der Ball gedrückt wurde. Daher wird die Langzeitbelichtungen auch heute noch als „Bulb“-Funktion bezeichnet. Da heutige Kameras aber wenig mit den Ungetümen aus den Anfängen der Fotografie zu tun haben, hat sich natürlich auch einiges bei der „Bulb“-Funktion getan.

Grundstätzlich gibt es zwei unterschiedliche Betriebsarten einer Bulb-Funktion. Bei der klassischen Art bleibt der Auslöser solange gedrückt, wie das Bild belichtet werden soll. Die zweite Art ist die Bulb-Time-Funktion (T-Modus). Diese ist etwas komfortabler, da der erste Druck auf den Auslöser den Verschluss öffnet und der zweite ihn wieder schließt. Olympus bietet die Bulb-Funktion als klassische Bulbfunktion, als Live-Bulb und als Live-Time an. Alle OM-D-Modelle sowie die Pen E-PL7 und die Pen-F bieten Live-Bulb und Live-Time. Sämtliche zukünftigen Modelle sollen diese Funktion laut Auskunft von Olympus beherrschen.

Alle Langzeitbelichtungen setzen voraus, dass die Kamera einen stabilen Stand hat. Ein Fernauslöser per Kabel oder per App ist ebenfalls eine sehr gute Idee, weil dieser Verwacklungen am Anfang und Ende der Belichtung verringert. Der Bildstabilisator der Kamera sollte ausgeschaltet sein, die Umstellung auf einen manuellen Fokus ist ebenfalls empfehlenswert.

Langzeitbelichtungen waren und sind heute immer noch ein weites Feld für experimentelle Fotografie, da sich der Fotograf nur bedingt auf seinen Belichtungsmesser verlassen kann. Genau hier setzen die Live-Time- und Live-Bulb-Funktion von Olympus an, weil sie dem Fotografen auf dem Display anzeigt, wie sich das Bild während der Belichtung aufbaut. Praktischerweise wird auch gleich ein Histogramm angezeigt. So können Sie die Belichtung beenden, wenn das Foto Ihren Vorstellungen entspricht. Wie oft die Anzeige auf dem Bildschirm erneuert wird, kann in den Optionen zu dieser Funktion über die Menü-Taste geändert werden. Praktischerweise lässt sich das so erstellte Bild auch als Raw-Datei speichern und am PC bei der Entwicklung nochmals optimieren.

Die Live-Composite-Funktion arbeitet nicht nur anders als die Live-Time- beziehungsweise Live-Bulb-Funktion, auch die Vorgehensweise ist eine andere. Die Pen-E-PL7 und die Pen-F sowie alle OM-D-Modelle mit Ausnahme der E-M5 beherrschen Live-Composite (die E-M1 erst ab Firmware 2.0, die im September 2014 veröffentlicht wurde). Auch hier sollen sämtliche zukünftigen Modelle Live-Composite beherrschen. Bei dieser Funktion muss die Kamera ebenfalls stabil stehen. Als erstes sollte eine Belichtungsmessung im A-, S- oder M-Modus durchgeführt werden. Die Belichtungszeit muss dabei zwischen ½ und 60 Sekunden liegen. Das Ergebnis der Belichtungsmessung merken Sie sich. Danach wechseln Sie in den Live-Composite-Modus, drücken die Menü-Taste und stellen die Zeit ein, die Sie sich von der vorherigen Belichtungsmessung gemerkt haben, bestätigen die Auswahl mit der OK-Taste und tippen den Auslöser an, damit die Kamera wieder in den Live-View-Modus wechselt.

Als nächstes kontrollieren Sie den Fokus, und dann lösen Sie die erste Aufnahme aus. In dieser kann die Kamera mehr oder weniger lang beschäftigt sein und erstellt das Basisbild. Dieses Bild sollten Sie sich genau ansehen und beurteilen, ob die Belichtung so aussieht, wie Sie es sich vorstellen. Sieht die Aufnahme gut aus, dann lösen Sie erneut aus. Die Kamera wird nun kontinuierlich Aufnahmen machen und diese dann mit dem Basisbild verrechnen. Im Gegensatz zur Live-Time-Funktion addiert die Live-Composite-Funktion aber nur die jeweilige Lichtdifferenz und nicht wie üblich das gesamte vorhandene Licht. So ist es beispielsweise unerheblich, ob ein Motivdetail dauerhaft beleuchtet wird oder nur in einer der Aufnahmen. Der Vorteil ist, dass Motive mit unterschiedlichen Lichtsituationen schon in der Kamera kombinierbar sind und nicht auf Bildbearbeitungstricks zurückgegriffen werden muss. Mit dieser Funktion werden Lichtmalerei, Architekturbilder sowie Startrails und vieles mehr sehr einfach realisierbar. Und auch die Bilder, die mit Live-Composite erstellt wurden, können als Raw-Aufnahmen gespeichert und problemlos weiterverarbeitet werden.


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