Rubrik: Bildbearbeitung
Optimal schärfen durch "Unscharf Maskieren"
2003-10-20 Obwohl viele Digitalkameras "schlüsselfertige" Fotos liefern, die für normale Anwendungen keine Weiterverarbeitung erfordern, ist nachträgliches Schärfen einer der wichtigsten Bildbearbeitungsfunktionen für Digitalfotografen. Im Gegensatz zu einfachen Schärfefiltern ermöglicht die Unscharfmaske eine besonders präzise Justage der Bildschärfe. (Jan-Markus Rupprecht)
Praktisch alle Digitalkameras schärfen die Bilder von Haus aus. Täten
sie dies nicht, würden die Fotos einem Betrachter kontrastarm und unscharf
erscheinen. Obwohl dabei durchaus leistungsfähige Algorithmen zum Einsatz
kommen, ist ein feinfühliges manuelles Schärfen im
Bildbearbeitungsprogramm dem standardmäßigen Schärfen oft überlegen. Auch
lässt sich eine einmal in die Bilddaten hinein gerechnete "künstliche"
Schärfe praktisch nicht wieder entfernen – jedenfalls nicht ohne bleibende
Schäden am Bild. Das ist ärgerlich, wenn Bildbereiche geschärft wurden,
die man lieber von solcher Nachbearbeitung verschont hätte.
Profis und anspruchsvolle Amateure speichern deshalb lieber kaum
geschärfte Fotos, die sich umso besser für ein fein dosiertes nachträgliches
Schärfen eignen. Dies ist auch der Grund, warum professionelle Kameras
standardmäßig die Fotos meist nur wenig schärfen. Consumer-Kameras dagegen
schärfen stärker, denn sie sollen Bilder liefern, die möglichst keine
Nachbearbeitung erfordern. Bei vielen besseren Digitalkameras lässt sich die
Stärke der internen Schärfung einstellen, so dass man das Nachschärfen in
der Kamera reduzieren kann, wenn man die Bilder lieber manuell
nachbearbeiten möchte (siehe Fototipp "Bildschärfe richtig einstellen"). Bei
niedrig eingestellter Schärfung in der Kamera steht dem anschließenden
professionellen Nachschärfen im Bildbearbeitungsprogramm nichts mehr im
Wege.
Dabei kommt der Filter "Unscharf Maskieren" zum Einsatz, den es
mittlerweile auch in Bildbearbeitungsprogrammen der mittleren Preisklasse
gibt. Der etwas merkwürdig klingende Name stammt aus der traditionellen
Reprotechnik, wo man mit Hilfe unscharfer Masken den Kontrast (damit den
Schärfeeindruck) an Kanten erhöht hat. Mit seinen drei Reglern "Stärke",
"Radius" und "Schwellenwert" ermöglicht der Unscharf-Maskieren-Filter eine
fein dosierte Steuerung des Schärfeeffekts. Den gewünschten Effekt durch
verstellen der drei Regler zu erzeugen, ist für Bildbearbeitungs-Einsteiger
nicht immer einfach. Am besten lässt man den Schwellenwert-Regler erst
einmal auf Null. Die Einstellung des Radius-Reglers hängt von der Bildgröße
und der Ausgabeauflösung ab: Bei kleinen Bildern fürs Internet und
Bildschirmpräsentationen sind 0,5 bis 1 Pixel Radius ausreichend, bei
mehreren Megapixel großen Digitalbildern bewähren sich Radien von 1 bis 2
Pixeln. Die Einstellung des Stärke-Reglers hängt individuell davon ab, wie
viel Schärfung das jeweilige Foto verträgt. 50 bis 100 % sind meist
ausreichend; einige Bilder vertragen bis 150 % starken Filtereinsatz. Ist
man mit der Einstellung von Stärke und Radius zufrieden, kann man noch mit
dem Schwellenwert-Regler experimentieren. Dieser legt fest, ab welchem
Helligkeitsunterschied zweier benachbarter Pixel die Filterwirkung einsetzt.
Bei verrauschten Fotos kann man mit dem Schwellenwert-Regler verhindern,
dass das Rauschen durch das Scharfzeichnen verstärkt wird. Bei Porträts
sorgt ein etwas höherer Schwellenwert dafür, dass weiche Hauttöne weich
bleiben. In der Praxis wird dieser Wert entweder auf Null bleiben oder sich
im niedrigen Bereich zwischen 1 und 4 bewegen, weil sonst die Filterwirkung
insgesamt stark nachlässt.
Die Schärfe eines Fotos lässt sich am Bildschirm übrigens ausschließlich
in 100%-Darstellung beurteilen (1 Pixel des Fotos entspricht dann 1 Pixel
der Bildschirmdarstellung). Deshalb verfügt das Dialogfenster des
Unscharf-Maskieren-Filters auch über eine 100%-Lupe, in der ein
verschiebbarer Ausschnitt des Bildes in 1:1-Darstellung angezeigt wird.
Werden Bilder speziell für den Druck optimiert, sollte man den Filter ruhig
großzügig einsetzen (insbesondere für den Offset-Druck), weil Fotos
ausgedruckt oft weniger scharf wirken als auf dem Bildschirm. Bei speziellen
Fotodruckern ist wiederum Vorsicht geboten, da diese oft intern (beim Druck
von der Speicherkarte oder direkt aus der Kamera) oder per Druckertreiber
die Bilder zusätzlich schärfen. Am besten machen Sie einige Probeausdrucke.