Rubriken: Grundlagenwissen, Zubehör
Optische Filter in der Digitalfotografie
2010-01-04 Optische Filter, die man auf das Objektiv schraubt oder aber davor "klemmt", waren in der analogen Fotografie ein weit verbreitetes Mittel, um bestimmte Fotoeffekte zu erzielen. In der Digitalfotografie hingegen meint man, alles in der Bildbearbeitung nachbilden zu können – doch weit gefehlt. Zwar sind viele Filter überflüssig geworden, minderwertige sind der Bildqualität bei digitalen Sensoren sogar besonders abträglich, aber es gibt doch einige Spezialanwendungen, bei denen optische Filter auch in der Digitalfotografie unverzichtbar sind. (Benjamin Kirchheim)
Ein optischer Filter ist in der Digitalkamera fest verbaut, ohne ihn könnte sie keine Farben abbilden: Der so genannte Bayerfilter sitzt (bis auf wenige Ausnahmen, wo andere Muster zum Einsatz kommen) vor den Fotodioden, so dass nur entweder rotes (R) oder grünes (G) oder blaues (B) Licht durchkommt. Aus diesen drei Grundfarben RGB setzt die Kamera später die Farbinformationen zusammen, wobei sie mittels Weißabgleich so gewichtet werden, dass die Farben hinterher in etwa dem (subjektiv) Gesehenen entsprechen. Folglich sind jegliche Farbfilter in der Digitalfotografie verzichtbar. Sei es, um bestimmte Lichttemperaturen (z. B. warmes bzw. "rotes" Kunstlicht oder kaltes bzw. "blaues" Tageslicht) auszugleichen, oder bei Schwarzweißaufnahmen, wo man mit Farbfiltern Einfluss auf die graustufige Wiedergabe bestimmter Farben genommen hat. Diese Effekte sind in der Bildnachbearbeitung oder sogar mit dem Weißabgleich in der Kamera bzw. in der Kamera eingebauten "Filterfunktionen" sehr einfach nachzubilden, insbesondere wenn man im RAW-Format aufnimmt, das bei den Farben einen großen Nachbearbeitungsspielraum lässt. Aber auch beispielweise Sterneffekfilter oder Weichzeichner lassen sich digital mit einfachen Mitteln nachbilden.
Es gibt aber vier Filter, die auch in der Digitalfotografie eine mehr oder weniger bedeutende Rolle spielen:
Polfilter sorgen dafür, dass in einer bestimmten Richtung polarisiertes Licht herausgefiltert wird. Damit lässt sich beispielweise Dunst bei Landschaftsaufnahmen minimieren, da das von feinsten Wasserdampftröpchen in der Luft reflektierte "Störlicht" herausgefiltert wird. Selbst bei klarer Sicht sorgt ein Polfilter für einen fast unnatürlich blau strahlenden Himmel. Aber auch Reflexionen an nichtmetallischen Oberflächen (etwa Glasscheiben oder einer Wasseroberfläche) lassen sich in einem bestimmten Winkel herausfiltern – statt einer Spiegelung sieht man auf dem Foto dann, was sich hinter der Scheibe bzw. unter dem Wasser befindet (siehe auch Fototipp in den weiterführenden Links).
Graufilter vermindern das Licht, ohne seine Farbe zu verfälschen. Sie helfen z. B., bei hellstem Sonnenschein mit lichtstarken Objektiven arbeiten zu können, um mit Offenblende eine geringe Schärfentiefe zu erzielen. Sie werden aber auch gerne genutzt, um besonders lange Belichtungszeiten auch bei Tageslicht zu erzielen, was für Verwisch- und plastische Fließeffekte sorgt – etwa bei einem rauschenden Bach (siehe Fototipp in den weiterführenden Links). So manche Kompaktkamera nutzt gar einen einschwenkbaren Graufilter statt einer Blende, um der Beugungsunschärfe (bei kleinen oder sehr kleinen Blenden) zu entgehen.
Verlauffilter sind teilweise abgedunkelt oder eingefärbt. Man nutzt sie gerne, um hohe Kontrastunterschiede in Motiven auszugleichen. Besonders in der Digitalfotografie sind hohe Kontraste ein Problem, jeder kennt ausgefressene Lichter oder abgesoffene Schatten. Ein Grauverlauffilter ist da ein gutes Mittel, um den Himmel bei Landschaftsaufnahmen abzudunkeln und die Kontraste zu minimieren (siehe Fototipp in den weiterführenden Links). Digital hingegen schafft die HDR-Fotografie Abhilfe, wobei diese jedoch nur bei statischen Motiven funktioniert.
Infrarotfilter sind digital ebenfalls nicht nachzubilden. Sie filtern nicht etwa das infrarote Licht, sondern alles andere Licht und lassen nur Infrarot durch, das besonders von Pflanzen stark reflektiert wird und so vor allem im Sommer zu surrealistischen Bildern führt. Problematisch ist dabei allerdings, dass Digitalkameras inzwischen kaum noch empfindlich auf Infrarotlicht reagieren (mehr im Fototipp in den weiterführenden Links).
Skylight-/UV-/Schutzfilter hingegen sind weitgehend überflüssig, ja sogar teilweise problematisch. Digitale Bildsensoren reflektieren deutlich mehr Licht in Richtung Objektiv zurück als es bei analogem Filmmaterial der Fall war. Das führt – vor allem bei optisch schlecht vergüteten Objektiven und aufgesetzten Filtern – zu weiteren Reflexionen bis hin zu Geisterbildern. Sind bei Nachtaufnahmen bzw. Langzeitbelichtungen also nicht nur die realen Laternenlichter zu sehen, sondern weitere, real nicht vorhandene "Lichtquellen", sollte man den ersten Verdacht auf das Objektiv oder den optischen Filter lenken. Es ist also für alle Filter wichtig, hochwertig Vergütete zu verwenden, die keine Reflexionen erzeugen – egal ob das Licht von vorne oder "von hinten" kommt.
Digitale Bildsensoren reagieren im Gegensatz zu analogem Film auf UV-Licht nicht empfindlich, es wird wie das Infrarotlicht im Filter direkt vor dem Bildsensor absorbiert. Im Prinzip braucht man also keine UV-Filter mehr, sie sorgen im schlimmsten Fall sogar für eine verminderte Bildqualität. Es gibt aber Situationen, in denen man seine Frontlinse vor gefährlichen Umwelteinflüssen schützen möchte. Das kann etwa eine besonders dreckige bzw. sandige Umgebung sein oder am Meer in der Salzwassergischt. Zwar kann auch ein hochwertig vergüteter UV- oder Klarglasfilter richtig ins Geld gehen, ist aber doch sorgenfreier "abgewischt" und in jedem Fall billiger als eine neue Objektivfrontlinse, sollte die Originale zerkratzt sein. Der beste mechanische Schutz ist hingegen die Streulichtblende oder beim Transport der Objektivdeckel.