Rubrik: Motive und Situationen
Personen fotografieren Teil 1: Persönlichkeitsrecht
2012-04-09 Wann ein Fotograf, egal ob als Hobby oder beruflich, eine Person aufnehmen und das Foto veröffentlichen darf, ist in Deutschland rechtlich mehr oder weniger klar geregelt. So bedarf es bereits bei der Personenaufnahme einer Einwilligung, und sei sie nur stillschweigend durch den bewussten Blick der fotografierten Person in die Kamera. Bei Gruppenaufnahmen bedarf es gar der Einwilligung aller Personen, egal wie groß die Gruppe ist. Für Street-Fotografen, die nicht nur Straßenszenen, sondern vor allem auch Porträts im Visier haben, bedeutet das eine besondere Vorsicht. (Wolfgang Rau, Benjamin Kirchheim)
Dieser Fototipp soll über die grundsätzliche rechtliche Situation aufklären, wobei im Recht immer gilt, dass es im Einzelfall anders aussehen kann und man stets mit Bedacht fotografieren sollte. In diesem ersten Teil soll es rein um die Situation der Aufnahme des Fotos gehen, im zweiten Teil werden wir dann auf die Veröffentlichung eingehen, für die noch strengere Regeln gelten.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann es bereits unzulässig sein, Aufnahmen von Personen herzustellen, die nicht ihre Einwilligung dazu gegeben haben, dass sie fotografiert werden. Denn eine Aufnahme, bei der das Einwilligungserfordernis der betroffenen Person ignoriert wird, kann regelmäßig eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das in Art. 1 und 2 GG verankert ist, darstellen. Dabei ist es völlig gleichgültig, ob das Foto zu Privatzwecken oder mit der Absicht einer späteren Veröffentlichung gemacht wurde. Deshalb sollte man grundsätzlich nur solche Personenfotos anfertigen, mit denen die fotografierte Person einverstanden ist.
Als Ergebnis für die Praxis gilt somit, dass im Zweifel bereits die Herstellung eines Fotos ohne Einwilligung des Betroffenen rechtswidrig ist. Ob tatsächlich eine unzulässige Herstellung vorliegt, ist letztlich zwar eine Einzelfallentscheidung des zuständigen Gerichts, aber nur in Ausnahmefällen werden die befassten Gerichte bei der regelmäßig im Einzelfall durchzuführenden Abwägung zwischen den Interessen des Fotografen und den Persönlichkeitsrechten der Fotografierten dazu kommen, das Interesse des Fotografen über die Persönlichkeitsrechte der Fotografierten zu stellen. Als gewissenhafter Fotograf sollte man sich deshalb vor einer Personenaufnahme der Einwilligung der betroffenen Person versichern.
Diese Einwilligung kann allerdings auch stillschweigend erfolgen, indem die Person den Fotografen bemerkt und die Anfertigung des Fotos duldet. Denn: Nach einem Urteil des BGH vom 20.02.1968 (VI ZR 200/66) liegt konkludentes Verhalten dann vor, wenn die fotografierte Person eine Aufnahme wissentlich und in Kenntnis ihres Zwecks duldet.
Eine Besonderheit stellen Gruppenaufnahmen dar. Denn entgegengesetzt einer weit verbreiteten Meinung gibt es keine Mindestgruppengröße, ab der keine Einwilligung mehr erforderlich ist. Denn: Bei Gruppenaufnahmen ist das Einverständnis aller Personen einzuholen. Widerspricht nur ein Gruppenmitglied, darf die Gruppe, zumindest mit dem widersprechenden Mitglied, nicht fotografiert werden. Sie muss sich dann ohne das widersprechende Mitglied gegebenenfalls neu formieren.
Der Wunsch, fotografiert oder nicht fotografiert zu werden, ist kein rechtsgeschäftlicher Vorgang, sondern ein sogenannter Realakt, der keine Geschäftsfähigkeit voraussetzt und deshalb von einem Minderjährigen selbständig und ohne Einwilligung der Erziehungsberechtigten geäußert werden kann. Dies gilt auch für Aufnahmen in unbekleidetem Zustand.
Auf jeden Fall muss der fotografierten Person mitgeteilt werden, welchem Zweck die Fotos dienen und wo sie, falls überhaupt, veröffentlicht werden. Auch Persönlichkeiten des öffentlichen Interesses wie etwa Politiker oder berühmte Schauspieler haben ein Recht auf Privatsphäre und ein Persönlichkeitsrecht. Es ist nicht erlaubt, ihnen aufzulauern und sie heimlich zu fotografieren.
Fazit In der Regel ist bereits für die Herstellung einer Personenaufnahme die Einwilligung der fotografierten Person erforderlich, bei Akt- und Nacktaufnahmen ist die Einwilligung zwingend. Also gilt: Das Herstellen von Personenaufnahmen ohne Einwilligung stellt im Normalfall eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. Die Einwilligung zur Herstellung von Fotos können sogar Minderjährige allein erteilen. Eine Einwilligung der Erziehungsberechtigten ist nicht erforderlich. Dabei gilt, egal ob minderjährig oder erwachsen: Die Einwilligung kann stillschweigend erteilt werden. In jedem Fall muss der fotografierten Person aber mitgeteilt werden, zu welchem Zweck sie fotografiert wird und wo die Fotos später veröffentlicht werden. Das Auflauern, Belagern und Fotografieren aus dem Hinterhalt ohne Kenntnis der fotografierten Person ist jedoch unzulässig.
Dieser Fototipp besteht hauptsächlich aus Auszügen des Buchs “Recht für Fotografen“ aus dem Galileo-Verlag, mit dessen Einwilligung dieser Fototipp entstand. Wer sich eingehender mit Rechtsfragen auseinander setzen möchte, auch das Thema dieses Fototipps wird im Buch sehr viel ausführlicher und mit Beispielen angereichert behandelt, dem sei das 350-seitige Hardcover ans Herz gelegt. Der Autor Wolfgang Rau ist Rechtsanwalt und gibt deutschlandweit Seminare zu den Themen Bild- und Fotorecht für Fotografen. Er selbst ist seit Jahrzehnten passionierter Fotograf und darüber hinaus Vizepräsident und Justiziar des Deutschen Verbandes für Fotografie (DVF) e. V. Das Buch “Recht für Fotografen“ ist für 34,90 EUR im Buchhandel sowie hier bei digitalkamera.de erhältlich.